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September 2018

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Der Ruhetag in Katterjokk hat die Akkus richtig aufgeladen, wir haben ordentlich und gut gegessen, wenn der Supermarkt nur wenige Meter entfernt ist macht es das natuerlich auch bedeutend einfacher. Wir starten auf den naechsten Abschnitt mit einigen Kilometern auf der Strasse, wir wollen es heute wieder auf die norwegische Seite der Grenze schaffen, die Lappjordhytta haben wir dabei als Ziel angepeilt. Bis dorthin fuehrt uns der Weg die ersten gut 21 Kilometer ueber die Strasse in Richtung Abisko. Der Verkehr haelt sich in Grenzen, das Wetter haelt sich mit Regen zurueck und wir kommen gut voran. Gegen 14 Uhr erreichen wir nach einer ausgiebigen Pause den Abzweig zur Huette, noch 11 weitere Kilometer sind es nun. Auf und ab geht es durch lichten Birkenwald, der in den wunderschoensten Herbstfarben schillert. Es ist zwar etwas anstrengend zu gehen, aber das gemuetliche Ziel vor Augen motiviert dann doch immer wieder. Wir passieren die einfache Huette des schwedischen Wanderverbandes und kommen zum Grenzstein. Nun ist es nur noch gut einen Kilometer zur Lappjordhytta, dieser fuehrt aber konsequenter Weise einfach steil den Abhang hoch, auf dem die Huette in der Abendsonne strahlt. Willkommen zurueck in Norwegen!

Der Anstieg ist schnell ueberwunden, wir richten uns in der Huette ein, starten den Ofen und genießen die Ruhe nach einem langen anstrengenden Tag. Und die Aussichten von dieser Huette hinueber zum grossen Torneträsk-See und zu den Lapporten-Bergen, dazu muss man nicht viele Worte verlieren – Praedikat weltklasse!

Herbstdaemmerung

Das Wetter heute laesst uns beim Aufwachen erschaudern, wir blicken aus dem Fenster in eine einzige Waschkueche, na prost Mahlzeit! Der Tag startet mit dramatischen Wolken, viel Wind und waagerechtem Regen – allerdings nur so lange, bis wir quasi ueber den Wolken stehen, die sich hier am Talende aufgestaut haben. Innerhalb von Minuten reisst die Wolkendecke auf und blauer Himmel erstrahlt ueber uns.

Wir kommen gut voran und der Weg heute ist denkbar einfach, bis sich dann am Nachmittag das Schauspiel vom Morgen umkehrt und der blaue Himmel unter einer grauen Wolkendecke wieder verschwindet und uns der Wind regelrecht aus dem Fjell hinunter zum Altevatn-Stausee pustet. Zu Gast bei Freunden

Als wir wieder Handy-Empfang haben, rufen wir kurz bei Bjørn Klauer von der Huskyfarm in Innset an, dort wollen wir heute uebernachten und auch ein Versorgungspaket wartet dort auf uns. Wir haben Glueck und Bjørn ist gerade selbst unterwegs, erklimmt mit einem Rudel Welpen und seinen Helfern gerade einen der umliegenden Berge, macht quasi einen Sonntagsausflug und kann uns gleich an der Staumauer mit dem Auto einsammeln, das erspart uns einge Kilometer zu Fuss ins Tal, die ansonsten eigentlich eher ein Umweg waeren. Mit grossem Hallo begruessen wir uns, es ist die Rueckkehr zu einem ganz besonderen Ort fuer mich, habe ich doch hier 2013 einige Tage auf seiner Farm verbracht. Und auch Anni war schon dort zu Gast, als sie dort vor zwei Jahren ihre Tour auf dem Nordkalottleden beendet hat.

Unser Paket ist da und es ist schoen wieder hier zu sein! Wir duschen, waschen unsere Klamotten das erste Mal nach einigen Wochen wieder und quatschen mit den Helfern – dieser Ort hier ist wirklich ganz besonders, vor allem die herzliche, offene und ehrliche Gastfreundschaft ist wirklich herausragend!

Wir sortieren unsere neuen Lebensmittel und uebergeben den Helfern im Gaestehaus einen grossen Karton mit Schokolade und Riegeln, die wir ueber haben. Leider draengt uns der Wetterbericht am naechsten Morgen zum Weitergehen, nur zu gerne waeren wir laenger geblieben, aber die Pflicht ruft und wir verabschieden uns leider schon wieder.

Zuegig flitzen wir am Altevatn entlang zur Gaskashytta, der Wetterbericht weist fuer den Nachmittag und den naechsten Tag wirklich ungemuetliches Wetter mit ziemlich starkem Wind aus. Wir machen auf der Huette einen langen Tagesbesuch und staerken uns fuer die naechsten 17 Kilometer. Als wir gerade gehen wollen, treffen wir einen Wandersmann aus Berlin, Manuel ist auch schon laenger unterwegs und auf dem Weg in Richtung Abisko. Wir quatschen kurz, tauschen Infos aus und irgendwie komme ich ihm bekannt vor, nur auf den Namen kommt er nicht. Ich helfe ihm auf die Spruenge, wir muessen alle drei laut lachen, er hatte mein Buch gelesen und staunt jetzt nicht schlecht. Wir machen noch ein Photo zusammen und empfehlen uns dann, solche Begegnungen machen doch immer wieder grosse Freude!

Winter? Winter!

Mitten auf dem hochesten Punkt der Etappe erwischt uns dann das ueble Wetter. Binnen Minuten verdunkelt sich der Himmel und Frau Holle schlaegt richtig zu. Nasse Schneeflocken verwandeln die Umgebung in eine ungemuetliche Landschaft, die man so im September eigentlich nicht haben moechte, aber hei, so ein Wetter kann man in Norwegen immer und zu jeder Zeit haben. Also Handschuhe an und die Kapuze tiefer ins Gesicht gezogen, weiter geht es. Das usselige Wetter verleiht uns Fluegel und nach knapp vier Stunden machen wir einen Haken an die 17 Kilometer, wir beziehen die neue grosse Vuomahytta mit den Panoramafenstern. Es dauert etwas, bis es in der grossen Huette warm wird, dann aber umso mehr. Draussen heult der Wind, nasser Schnee klatscht an die Fenster und wir sitzen im Trockenen und Warmen – so einfach kann Glueck sein!

Da wir es heute nicht weit zur Dividalshytta haben, verschieben wir den Start auf spaeter, das Wetter soll dann etwas besser werden. Der Wind heult weiterhin unentwegt sein Klagelied, wir starten erst um 11 Uhr, lassen uns am Morgen viel Zeit. In der kleineren Huette hatte sich gestern Alice aus der Schweiz einquartiert und heute berichten wir ihr vom Wetterbericht. Sie wird wohl hier bleiben und den Pass in Richtung Gaskashytta erst einen Tag spaeter gehen, zu mies ist das Wetter. Wir ziehen los, fuer uns geht es durch tiefere Lagen, dort liegt noch kaum Schnee, aber gemuetlich ist es auch hier nicht. Als dann auch noch hier weiter unten Schneetreiben einsetzt, sinkt die Laune weiter und die Motivation, die Huette zuegig zu erreichen steigt im gleichen Masse. Da morgen die Elchjagdsaison startet, treffen wir noch ein paar Jaeger, die der fruehe Winter auch total ueberraschend getroffen hat und die darueber auch nicht wirklich gluecklich zu sein scheinen. Ihr Wetterbericht ruft bei uns auch keine Begeisterungsstuerme hervor, das werden wohl unerwartet harte Tage hier in der Gegend fuer uns, nur die Elche wird es wohl freuen, macht das Wetter ihren Haeschern doch die Jagd um einiges schwerer.

Wir folgen dem Dividalen hoch zur gleichnamigen Huette, die wir gegen Nachmittag erreichen. Hier liegt noch nicht so arg viel Schnee, aber auch das aendert sich gegen Abend zunehmend. Uns schwant langsam Ungutes, wir werden sehen und von Tag zu Tag schauen, wie und ob es weiter geht. Die dunkle Nacht bricht herein und ploetzlich ist es draussen beinahe taghell, der Vollmond ist ueber den Bergen aufgegangen, was fuer ein Schausspiel.

Ein ganz besonderes Geschenk

„Gratulerer med dagen!“ hoere ich es aus dem Schlafsack murmeln, der mir gegenueber im anderen Bett liegt. Heute ist ein besonderer Tag, nicht nur, dass draussen weiter der Winter Einzug gehalten hat, nein, hier drinnen ist auch jemand wieder ein Jahr aelter geworden. Ich freue mich total, dass ich heute Anni bei mir habe und mit ihr zusammen diesen Tag begehen kann.

Das Geschenk wartet draussen in einer Landschaft, die einem beim Start den Atem stocken laesst! Die Sonne taucht alles in eine weiche, wunderschoene Winterlandschaft, wir freuen uns wie kleine Kinder und kommen aus dem Photografieren gar nicht mehr heraus. Naja bis, bis wir den Pass hinueber zur Dæertahytta erreichen und den Schlamassel sehen. Die Wege und Markierungen sind noch ganz gut auszumachen, aber was sich unter der Schneedecke befindet, ob Bach, Schlammloch oder Blockwerk, das laesst sich nur erahnen. Wir stolpern voran, blicken ehrfurchtsvoll auf die bis zum Horizont weiss bedeckten Berge vor uns und jeder von uns macht sich dabei so seine Gedanken, viel geredet wird nicht.

Die grosse Furt passieren wir noch bei recht gutem Wetter, aber dann wird es dunkler, man kann teilweise nur noch Schemen erahnen, die Landschaft um uns herum verschwindet, wir hangeln uns von Wegmarkierung zu Wegmarkierung. Ich hatte schon Touren im Winter, auf denen ich weniger Schnee unter den Skiern hatte, als wir nun haben. Der Weg zieht sich, Spass und Freude sind schon lange verschwunden, wir wollen nur noch die Huette erreichen. Das letzte Stueck zeigt sich dabei als besonders tueckisch, es geht muehevoll durch verschneites Blockwerk. Zwischendurch muss ich kurz lachen, die Steine um uns herum sehen aus wie eine gewaltige Pinguinkolonie in der Antarktis, aber als ich dann wieder tief im Schnee einbreche und wieder einmal umknicke, befinde ich mich ganz schnell wieder in der harten Realitaet.

Die Dærtahuette erreichen wir bald darauf, noch einmal lege ich mich mit Blick auf das Tagesziel so richtig auf die Fresse, anders kann man es einfach nicht beschreiben. Ein verdecktes Loch im Boden hebelt mich aus und ich lande mit dem Kopf voran im Schnee. Unschoen! Happy Birthday und alles Gute!

Auch diese Huette haben wir ganz fuer uns alleine. Anni startet den Ofen und ich hole Wasser und Feuerholz. Als ich zurueck komme, faellt mir auf, das scheinbar jemand ein Bier und eine Dose Ananas hier auf dem Kuechentisch hat liegen lassen! Wie geil denke ich noch, als mir auch noch die Norwegenfahne dabei auffaellt! Anni lacht sich kaputt und nimmt mich in den Arm, herzlichen Glueckwunsch zum Geburtstag noch mal! Erst jetzt faellt es mir wie Schuppen von den Augen, das Bier und die Ananas-Dose sind von Anni und ihr Geburtstagsgeschenk fuer mich, sie hat sie fast 120 Kilometer heimlich von Katterjokk bis hierher im Rucksack geschleppt! Wie cool ist das denn!

Die Stimmung am Abend ist dennoch nicht ganz so gut, aber nur wegen dem Wetter, wir diskutieren alle moeglichen Szenarien und Moeglichkeiten bis uns der Kopf raucht – wir vertagen die Entscheidung wie es weiter gehen soll auf den naechsten Tag.

Eine Entscheidung muss her

Beim Fruehstueck besprechen wir nochmal alles, aber es ist schnell klar fuer uns, dass wir heute versuchen wollen, ins Dividalen ins 22 km entfernte Frihetsli abzusteigen. Wir befinden uns auf knapp 700 Metern und muessten in den naechsten Tagen einige Paesse ueberwinden, die mehr als 1000 Meter hoch sind. Das erscheint uns zwar irgendwie machbar, aber die Konsequenz waere dann, dass wir es eventuell bis nach Kilpisjärvi schaffen wuerden, dort aber in der Sackgasse waeren, falls auch auf der finnischen Seite so viel Schnee gefallen ist wie hier, was wir fuer gegeben annehmen. Zudem wollen wir weder uns noch andere in Gefahr bringen, wenn es nicht unbedingt noetig ist. Zudem befindet sich hier auf der Huette ein Barometer, das seit gestern kraeftig gefallen ist. Also gibt es nur eine Entscheidung zu treffen: Wir laufen ins Dividalen!

Zu Beginn ist das Wetter noch ganz gut, aber dann zieht es wieder zu, es wird ungemuetlich, wieder faellt Schnee, wieder ist der Wind schneidend – wir haben jetzt hier einfach nichts mehr verloren. Wir passieren das Geisterdorf weiter unten im Tal, das den Sami von Zeit zu Zeit als Unterkunft waehrend der Rentiermarkierung dient und nun an verlassener Trostlosigkeit kaum zu uebertreffen ist. Ein Zwischenanstieg auf ueber 800 Meter Hoehe raubt uns auch die letzten Illusionen, der Winter ist da, mehrfach versinken wir bis ueber die Knie in Schneewehen und kommen zu Baechen, die dabei sind gerade zuzufrieren, die Ufer sind kaum noch auszumachen, die Ueberquerung ist mehrfach aeusserst ungemuetlich. Wir wollen nur noch raus und ins Tal, geben richtig Gas, obwohl das Wetter um uns herum nun richtig fordernd wird, was fuer eine Scheisse murmele ich in einer Tour, das ist jetzt nicht nur wirklich spassbefreit, sondern auch langsam echt gefaehrlich. Es dauert eine ganze Weile, bis wir endlich in den Bereich gelangen, wo es steil hinab ins Tal geht. Der Abstieg hat es nochmal richtig in sich, die letzten Meter sind wirklich steil und mittlerweile haben sich die Schneeflocken auch bis unter die Baumgrenze hinunter durchgeschlagen. Nach fast 6 Stunden fuer die 22 Kilometer stehen wir bei Frihetsli im Dividalen endlich auf der Strasse, endlich macht sich ein erleichtertes Gefuehl von Sicherheit breit. Wir pusten erstmal durch, muessen uns kurz sammeln und machen uns dann auf in die eigentlich falsche Richtung, denn die offenen und fuer jedermann kostenlos nutzbaren Huetten vom Statskog liegen entgegengesetzt zur Laufrichting von Morgen. Und da die erste Huette auch schon besetzt ist, gesellen sich bald 5 Kilometer extra, die wir natuerlich morgen wieder zurueck gehen muessen, zu unserem eigentlichen Tagespensum. Wir machen drei Kreuze, als wir dann endlich in der einfachen Fossbua-Huette sitzen, der Ofen bollert und wir mit leerem Blick etwas zu essen in uns herein schaufeln.

Frueh geht es zu Bett, heute gibt es nichts mehr zu tun, das Erlebte nagt und muss erst einmal verarbeitet werden. Wie wird es weiter gehen? Das wird sich morgen zeigen.

Um 6 Uhr klingelt der Wecker, um 8 Uhr brechen wir auf, wir wollen es bis zum naechsten Ort nach Øverbygd heute schaffen, dort gibt es einen kleinen Laden. Und dort wollen wir dann entscheiden, wie es weiter geht, allerdings sind es bis dorthin knapp 35 Kilometer auf der Strasse.

Die Zeichen stehen auf Planaenderung

Mit jedem Kilometer auf der Strasse werden die Gespraeche weniger, die Fussschmerzen mehr. Wir kommen ganz gut voran, doch beide haben wir ganz schoen zu kaempfen, schoen ist es gerade nicht. Klar, das gehoert dazu und wir ziehen das heute auch eisern durch, ganz egal wie viel Autos an uns vorbei fahren, den Daumen werden wir nicht herausrecken. Jeder fuer sich macht sich so seine Gedanken, bis wir ungefaehr 5 Kilometer vor dem Tagesziel auf der Strasse stehen bleiben und uns beide ansehen. Wir denken und fuehlen beide das Gleiche, das ist schnell klar. Der Blick auf die Schneekarte von Senorge.no weist Schnee in den hoeheren Lagen aus bis Alta und als wir auf Google Maps checken, wie weit es von hier bis Alta auf der Strasse, der beruechtigten E6 ist, sind wir uns einig, von Alta aus laufen wir zum Nordkap, aber nicht die kompletten 600 Kilometer von hier aus. Nicht aus falschem Ehrgeiz und nicht nur um sagen zu koennen, wir sind konsequent jeden Meter gelaufen, sei er auch noch so „oede“. Nicht falsch verstehen, bis hierhin sind wir wirklich jeden Meter, bis auf die kurze Bootspassage ueber den Namsvatnet, gelaufen. Wir haben die Seilbahn auf die Hardangervidda ausgelassen und haben auch immer unseren Rucksack komplett selbst getragen. Zu trampen oder uns mitnehmen zu lassen kam nie in Frage, niemals. Aber nun so weit auf der Hauptstrasse zu laufen erscheint uns beiden sinnlos, das entspricht nicht dem, was wir wollen oder uns erwarten. Klar, wir sind schon einige hundert Kilometer Strasse gelaufen auf dieser Tour, immer in Abschnitten, aber 600 Kilometer am Stueck? Nein, wir sind uns einig, nicht aus einem Impuls heraus, nein, aus rationaler Ueberlegung. Dass der Winter irgendwann kommt, war uns voellig klar. Und wir wollten dies auch bewusst so erleben, den einsetzenden Winter sehen, alle Jahreszeiten mitnehemen. Und der Oktober ist eigentlich auch noch ein guter Monat fuer Touren im Fjell, eine meiner schoensten Touren ueberhaupt habe ich Mitte Oktober in der Hardangervidda unternommen. Auch die Wetteraufzeichnungen bei Senorge stuetzen unseren Plan, seit 15 Jahren war der Winter noch nie so frueh und vehement am Start – wir haben einfach Pech und in diesem Jahr die Arschkarte gezogen. Aber sollen wir deshalb gross Truebsal blasen und uns Vorwuerfe machen? Klares NEIN! Unser Plan schien bis zuletzt optimal aufzugehen, wir lagen voll in der Zeitplanung. Aber das Wetter ist nun mal nicht planbar, niemals. Und den Blick auf die Fjellvettreglene (Regel-Richtlinien für Touren, erstellt vom DNT) und die entsprechenden Konsequenzen daraus sollte jeder immer im Kopf praesent haben, der im Norden auf Tour geht. Punkt.

Wir treffen also voellig fertig gegen 16 Uhr im Laden ein, sind etwas kopflos ob der wenigen Optionen, die wir nun haben. Ein junges Maedel an der Kasse meint noch, dass um 17 Uhr ein Bus in Richtung Tromsø fahren wuerde. Der Laden schliesst auch um 17 Uhr und hier im kleinen Ort gibt es auch keine Uebernachtungsmoeglichkeit, in der man einmal zur Ruhe kommen und weiter planen koennte. Es ist die Zeit fuer Entscheidungen und nicht fuer Zoegereien. Wir quatschen ein paar Leute an, die bereit sind, uns die 5 Kilometer zur Bushaltestelle zu fahren. Um 16:45 Uhr sitzen wir im Auto zum Bus und um 17 Uhr auch schon im Bus nach Tromsø. Ein Hotel ist auch schnell online gebucht und am naechsten Tag gibt es die Moeglichkeit weiter nach Alta zu fahren. Gesagt getan, manchmal muessen Entscheidungen getroffen werden, da bleibt keine Zeit zum Hadern oder gross ueberlegen, da stehen wir beide voll dahinter.

Und so sitzen wir am Abend in einem Hotel in Tromsø, kommen jetzt erst langsam runter und zur Ruhe. Der Rest ist schnell erzaehlt, der Plan steht. Wir nehmen den Bus nach Alta am naechsten Tag, legen dort bis Montag eine Pause ein und laufen dann den Rest zum Nordkap. In Tromsø machen wir noch einige Besorgungen, kaufen neue Schuhe für Anni, regeln all das, was umgeplant werden muss und spaet am Abend treffen wir dann nach 6 Stunden Busfahrt in Alta ein.

Der Samstag beginnt mit einer Ueberraschung, wir treffen uns mit Thomas und seiner Frau sowie Tobi zum Fruehstueck im Hotel. Thomas und Tobi haben vor kurzem jeweils ihre Norge på langs Wanderung am Nordkap beendet und sind beide zufaellig noch in Alta. So quatschen wir lange bei reichlich Kaffee und viel Essen ueber unsere Erlebnisse. Alleine dafuer hat sich unsere Entscheidung eigentlich schon gelohnt.

Nun aber heisst es, nach vorne zu gucken und ab morgen wieder loszulegen. Wir laufen weiter, keine Frage, ist doch klar!

Was haben wir es uns auf der Ny-Sulitjelma Hütte des DNT am Ruhetag gut gehen lassen. So schön einfach das Tourleben auch ist, mal wieder selber was richtig schönes kochen ist doch unschlagbar.

So machen wir uns am 7. September auf in den Padjelanta Nationalpark. Dass wir schon ganze 100 Tage auf Wanderschaft sind, bewahrt den Körper nicht vor dem kleinen Schock, den man mit einem 5 kg schwereren Rucksack mit neuem Essen aus dem Versorgungspaket jedes Mal aufs Neue bekommt.

Wir schnaufen uns 500 Höhenmeter hoch zur Sorjushytta, wo wir uns eine Pause gönnen. Auf Padjelanta freuen wir uns total, denn die Wettervorhersage stimmt und so werden uns ein paar richtig schöne Zeltnächte bevorstehen.

Zudem nehmen wir uns vor, hier richtig Strecke zu machen, weil es dank der einfach zu gehenden Wege und der ausgelegten Bohlenplanken möglich ist. Im Vergleich zu den norwegischen Wegen also richtige Autobahnen. Da die Hütten des Padjelanta Laponia Verbands, der die hiesigen Hütten betreibt, auch schon geschlossen haben, treffen wir nur wenige andere Wanderer an.

So verbringen wir vier wunderbare Tage bis Vaisaluokta, die herrliche Zeltplätze, unsere ersten Nordlichter, viel Sonnenschein und milde Temperaturen bereithalten. Besonders liebe ich immer Begegnungen mit großen Vögeln.

Am Virihaure umkreist eine Eule mehrmals neugierig lautlos unser Zelt, um jedes mal kurz über dem Eingang abzubremsen und einen Blick drauf zu werfen, wer sich da in ihr Revier verirrt hat. In Kutjaure treffen wir dann noch den Hüttenwart von Unna Allakas im letzten Jahr, der seit 4 Wochen hier arbeitet und damit sämtliche Norge på langs Wanderer auf dieser Route durchgeschleust haben dürfte. Wieder wird klar, wie „viele“ Deutsche dieses Jahr NPL gehen, unglaublich.

Etwas erschöpft erreichen wir Vaisaluokta, Handyempfang und ein richtiges Bett sind zur Abwechslung mal nicht verkehrt.

JWD – janz weit draußen im Grenzgebiet

Der Abschnitt ab Vaisaluokta hat für mich eine ganz besondere Bedeutung, denn ich habe mich auf meinen zwei Solo-Nordkalottleden Touren nie an diesen Abschnitt rangetraut, zu viel Schiss hatte ich vor der Länge, dem Anspruch und der Abgeschiedenheit dieser Etappe. Zudem fällt der Proviantnachschub in Ritsem auf der anderen Seeseite des Akkajaure weg, das letzte Boot war sowieso seit 2 Tagen abgefahren, sodass man mit mindestens zwei Wochen Essen schleppen rechnen muss. Da heißt es gut planen und sich was einfallen lassen. Zum Glück konnten wir dank Kontakte ein Paket auf der Sitashytta deponieren, sonst wäre das so nur schwer möglich gewesen.

So brechen wir auf nach Terra Inkognita, 52 km sind es zur abgelegenen Røysvatnhytta des DNT. Der Weg durch den dichten Birkenwald ist überraschend gut zu gehen, obwohl so gut wie keine Markierungen vorhanden sind. An der Ravddajavrre Schutzhütte warten wir einen Regenschauer ab, wir kommen hervorragend voran und steigen schon bald bis knapp über die Baumgrenze. Langsam kommen die höheren, runden Gipfel der ersten Narvikfjell Ausläufer in Sicht und in ganz weiter Ferne ist sogar die Spitze des Stetind, markanter Nationalberg Norwegens, zu sehen! Der Wahnsinn! In mir macht sich großer Enthusiasmus breit, denn die felsige Gegend um Røysvatn hat sich letztes Jahr tief in mein Bewusstsein gebrannt. Da erreichte ich die Hütte über den Gränsleden ebenfalls in zwei Tagen und konnte es kaum fassen, es bis dort hin geschafft zu haben. Nach etwa 25km schlagen wir das Zelt in der Abendsonne auf und genießen einfach die Einsamkeit, bzw. Zweisamkeit.

Die bevorstehende große Flussfurt des Valldajåhka verschieben wir auf morgen. Am nächsten Tag entschließen wir uns spontan zu einer Abkürzung, denn einige Stellen vor der offiziellen Furtstelle lassen es zu, einfach von Stein zu Stein zu hüpfen. Also lassen wir den Abzweig nach Hellemobotn außen vor und sparen so mal eben 5 km ein! Wer übrigens Norge på tvers gehen möchte, ist hier genau richtig, denn Norwegen ist an dieser Stelle gerade mal 8 km breit 😉

Am Berghang auf der anderen Flussseite finden wir den markierten Weg auf Anhieb wieder, das läuft ja wie ein Länderspiel. Hier sind die Markierungen in Form von Steinmännchen sehr gut zu sehen, doch bei nebligen Bedingungen möchte ich die nicht suchen müssen. Wir nähern uns den grauen, kahlen Bergen und erklimmen schwitzend einen Pass auf 800 m.

Jetzt ist der Bjørntoppen, an dessen Fuß die Røysvatnhytta liegt, schon zum greifen nah, doch wir brauchen noch über 5 Stunden, um die Dutzenden kleinen steilen An- und Abstiege zu bewältigen, die uns am Ende wirklich fast den Stecker ziehen. Man fühlt sich wie im Bootcamp, immer kommt noch ein weiterer Hügel zum Vorschein, den es zu überwinden gilt, aber die Aussichten über die zerklüftete, von kleinen Seen durchzogene Landschaft sind herrlich. Immerhin müssen wir bei den beiden größeren Flüssen, deren Furt unter anderen Bedingungen herausfordernd sein kann, nicht einmal die Schuhe ausziehen. Kurz nach 6 schließen wir endlich die wunderschön gelegene Hütte auf, das Gefühl ist unglaublich, wieder hier zu sein! Verdammt, wie man sich diese Hütte verdienen muss. Kein Wunder, dass sie eine der am wenigsten besuchten DNT Hütten überhaupt ist.

Für die Sauna ist keine Energie mehr da, essen, Hüttenbuch lesen, schlafen sind angesagt – und Nordlichter, bereits zum fünften Mal hintereinander! Was für ein Glück.

Im Herzen des Narvikfjell

Jetzt folgt ein Abschnitt, den ich von meiner Solotour letztes Jahr von Sulitjelma nach Narvik schon sehr gut kenne. Allerdings habe ich für die 28 km von Røysvatn nach Pauro zwei Tage gebraucht, jetzt reißen wir das mal eben an einem langen Tag ab – der Körper ist eben einfach ein Wunderwerk.

Von den Fehlern, die ich letztes Jahr gemacht habe, können wir hier wunderbar profitieren. So suchen wir am Bavrojavri gar nicht erst Wege und Markierungen, die gibt es nämlich eh kaum, sondern suchen uns am Seeufer haltend unseren eigenen Weg. Auch die Sommerbrücke und die Ruderbootstelle, die in der Karte falsch eingezeichnet sind, kosten diesmal nicht Stunden um sie zu finden.

Wir haben Glück, auf jeder Seite liegt ein Boot. Um diesen Zustand für die Nachwelt zu erhalten, muss man drei mal rudern, was wir gern tun. Oft genug haben wir schon von Leuten gelesen, die hier leider schwimmen mussten, weil auf ihrer Seite kein Boot lag. Blöd… In der Pauro Hütte entspannt sich schon Thomas, ein anderer Norge på langser aus Norwegen, der erst Mitte August am Nordkap gestartet ist. Der Regen prasselt gegen die Fenster, als wir den Abend beim Gespräch ausklingen lassen.

Mit der nächsten Etappe steht mit 22 km für uns schon fast ein kurzer Tag an, verglichen mit den langen Tagen seit Sulitjelma. Ja wir konnten tatsächlich richtig Strecke machen, was toll ist, denn unsere Variante durchs Narvikfjell kostet im Vergleich zu der über Abisko etliche Tage mehr. Wir merken dass die „Schufterei“ sich auszahlt. Harte Arbeit, ehrlicher Lohn 😉 Auf der Sitashytta wartet das erwähnte Paket schon auf uns, zudem möchten wir hier einen Ruhetag einlegen, wozu sich die gemütliche Hütte am riesigen Sitasjaure See hervorragend eignet.

Am Nachmittag kommt Marco aus der Schweiz an, bei interessanten Gesprächen in guter Gesellschaft lässt es sich doch super entspannen. Am nächsten Morgen sind die umliegenden Gipfel das erste mal mit frischem Schnee gepudert.

Wer abkürzt, darf mehr essen

Um einen Tag einzusparen, beschließen wir, statt über die Narvikfjell Hütten Skoaddejavri und Caihnavaggi über die Straße nach Fjellbu hinab zu gehen, um anschließend das große Norddalen Tal nach Cunojavri hoch zu laufen. Der Plan geht hervorragend auf, ohne dass wir uns auf den 30 km abwärts und 25 km aufwärts zu sehr schinden.

Und doch ist es erstaunlich, dass man von einem langen Serpentinen Abstieg ins Tal selbst nach dreieinhalb Monaten auf Tour immer noch Muskelkater bekommt.

Vor fast genau einem Jahr waren wir schon gemeinsam in Cunojavri, eine unserer absoluten Lieblingshütten überhaupt. Wir verzeichnen eine gewisse Geruchsentwicklung unsererseits, haben unsere zarten Körper doch seit Umbukta keine Dusche mehr gesehen.

Daher sind wir extra motiviert, die verbleibenden Kilometer nach Katterjokk über den uns bekannten Weg auf der schwedischen Seite des Narvikfjells hinter uns zu lassen.

Einen langen Tag, eine schon etwas frischere Zeltnacht und einen kurzen Tag später fallen wir auch schon hungrig wie die Bären in den Supermarkt und später ins Restaurant in Katterjokk ein, um Cola und Burger zu genießen. Einfach ein unbezahlbares Gefühl!

Während die Schneegrenze immer weiter sinkt, brechen wir morgen mit viel Vorfreude in den Øvre Dividal Nationalpark auf, der bei uns beiden wieder viele Erinnerungen wecken wird. Daher, bleibt uns hold und drückt uns die Daumen, dass das Wetter weiter so gut mitspielt!

Der Abschied von Umbukta fällt schwer, zu hyggelig war der Ruhetag hier! Beim Frühstück treffen wir noch einen anderen deutschen Wanderer, und wie der Zufall es so will, stammt er aus dem gleichen kleinen schwäbischen Örtchen, in dem wir die letzte Zeit vor der Tour gewohnt haben. Wir kommen aus dem Lachen fast nicht mehr heraus, als wir uns über lieb gewonnene Supermärkte und Orte in der alten Wahlheimat unterhalten. Und auch der Abschied von Åste und Bison fällt schwer, sie werden hier heute einen Ruhetag einlegen, während wir zur nahen Sauvasshytta aufbrechen.

Das Wetter ist klasse und die ersten Vorboten des herannahenden Herbstes zaubern uns ein Lächeln ins Gesicht, denn nun bricht hier oben die schönste Jahreszeit im Jahr an: Der Herbst kommt mit seiner kristallklaren Morgenluft, mit bunten Fjellfarben und hoffentlich schon bald auch tanzenden Nordlichtern am Abend!

Die Hütte erreichen wir zügig, obwohl wir uns unterwegs echt Zeit gelassen haben, die Umgebung lädt einfach ein zum gucken und innehalten.

Hygge & Hyttekos

Die Hütte liegt einfach perfekt und ist wunderbar gemütlich. Bald schon prasselt ein Feuer im Ofen und wir genießen den Blick aus dem Fenster über den See hinüber zum Okstindan.

Als die Sonne langsam untergeht, bietet sie uns auf den umliegenden Bergen ein grandioses Farbspektakel, besser geht es kaum!

Der Weg zur Kvitsteindalstunet-Hütte zeigt dann mal wieder, dass auch kürzere Etappen durchaus ihre Schwierigkeiten bereit halten können, denn es gibt reichlich Sumpf und Matsch unter den Wanderstiefeln.

Aber die Etappe bietet auch wieder wunderbare Ausblicke und am Ende eine Hütte, nun ja, Hütte ist vielleicht das falsche Wort. Erst im letzten Jahr neu errichtet, beziehen wir ein kleines Häuschen, bei dem es an nichts fehlt! Die Panorama-Fenster im Wohnzimmer bieten einen herrlichen Ausblick auf den nahen Fluss und die herbstlichen Birken. Es gibt eine gemütliche Couch und eine Küche, wie man sie sich zu Hause wünschen würde. Ein Haus in der Wildnis also, in das wir direkt einziehen würden! Dementsprechend entspannt lassen wir den Tag hier ausklingen, es ist fast wie im Urlaub!

Zur Virvasshytta ist der Tag dann schon länger, sogar eine Rasthütte für den Notfall oder eine längere Pause gibt es hier.

Das Kvepsendal erweist sich dabei als herrliche, dramatische Wanderumgebung und die rötliche Färbung der Blaubeerblätter bietet dabei einen guten Kontrast zum Grau der umliegenden Berggipfel.

Die anschließende Querung des weiten Stabburbekkens mit seinen zwei Furten ist dann überhaupt kein Problem, im Gegenteil, die Weite und die Ausblicke lassen uns immer wieder kurz innehalten und verweilen.

Nach einer längeren Pause beginnt dann der Endspurt zur Hütte, es geht noch einmal gut bergan bevor wir die große Virvasshytta erreichen.

Niemand ist da und so machen wir uns daran, die Hütte mit etwas Kaminwärme zu füllen. Leider hat Anni sich eine fette Erkältung eingefangen und muckelt sich erstmal in ihrer dicken Daunenjacke und den Schlafsack aufs riesige Sofa, als noch zwei Arbeiter vorbei kommen, die hier in der Nähe für einen Energiekonzern einige Messinstrumente erneuert haben und sich kurz aufwärmen wollen. Wir unterhalten uns länger auf Norwegisch, was erstaunlicherweise schon ziemlich gut klappt, wir machen also Fortschritte!

Kurz darauf ist es dann richtig warm im der Hütte und wir essen und essen erstmal richtig, bevor wir dann zeitig zu Bett gehen.

Den Polarkreis vor Augen

Heute stehen dann fast 25 lange Kilometer zur Bolna-Hütte an – und Annis Erkältung entwickelt sich eher mittelprächtig, es geht ihr nicht besonders. Das sind die Momente einer Fernwanderung, bei denen man lieber einfach im Bett bleiben möchte …

Nach dem Frühstück brechen wir dann auf in den Nieselregen und Anni beißt auf die Zähne, insbesondere die ersten Anstiege sind zäh und mit Erkältung umso zäher. Dazu das usselige Wetter, da machen selbst die Pausen keine Freude.

Wir passieren den markanten Auronasa-Berg, dem Symbol des Rana-Wandervereins, und blicken dann voraus auf das Saltfjellet und den Polarkreis, beides ist nur noch einen Wandertag von uns entfernt. Wir nutzen ein Wetterfenster ohne Regen für eine längere Pause und blicken gebannt hinüber zum Saltfjell, der Polarkreis liegt vor uns – unglaublich!

Wir steigen weiter hinab in Richtung des Tagesziels, das weiter im Tal direkt an der E6-Straße liegt. Zuerst aber müssen wir noch auf den Fahrweg gelangen, der von einer Dammanlage hinab ins Tal führt. Hier wird ein ganzer Fluss quasi abgezapft und verschwindet in einem großen Loch im Boden, um ihn für die Energiegewinnung zu nutzen. Wir passieren den Fluss direkt am Damm, für den eher unwahrscheinlichen Fall von zu viel Wasser und einer Überspülung des Damms, gibt es etwas weiter flussabwärts auch noch eine richtige Fußgängerbrücke, die aber eher einen kleinen Umweg bedeuten würde.

Dann folgen wir der Straße und gehen dann noch etwa 5 Kilometer übers Fjell zur Hütte. Dabei quält sich Anni ziemlich, die Erkältung mehr ihr echt zu schaffen, daran können auch die herrlichen Lichtstimmungen und Ausblicke ins Tal nichts ändern. Es bleibt dann nur noch, sich am Abend möglichst gut zu erholen, wir tun unser Bestes dafür.

Der Polarkreis! Schon direkt beim Aufstehen ist diese ganz besondere Vorfreude bei mir da, Anni hingegen würde wohl lieber im Bett bleiben um sich richtig auszukurieren.

Gemeinsam beschließen wir dann beim Frühstück heute die lange Etappe nach Krukki wenigstens zu probieren und mal zu gucken wie weit wir kommen. Gesagt, getan, kurz darauf geht es los ins Fjell. Die Sonne kommt durch, das Wetter ist auf unserer Seite.

Gegen Mittag erreichen wir dann den Polarkreis und freuen uns wie kleine Kinder über diesen Meilenstein!

Wir legen eine lange Pause ein, kochen Tee und finden zu unserer Freude zwei Packungen mit Keksen in der kleinen Rasthütte, die Janaa aus Kiel extra dort für uns deponiert hat. Vor der Tour hatten wir uns in Kiel getroffen und lange miteinander gequatscht. Dieser Ort hier ist für sie ein ganz besonderer, denn hier in der Nähe steckt zum Gedenken an ihren Mann ein Schwert im Boden, die ganze Geschichte dazu findet sich im Hüttenbuch der Rasthütte am Polarkreis. Auch am Schwert machen wir länger Pause und hängen unseren Gedanken nach, wie froh und dankbar wir sind, gemeinsam eine solche Tour machen zu können. Es ist so ein großes Geschenk, so eine Wanderung gemeinsam zu erleben, das wird uns gerade jetzt wieder sehr eindrücklich klar.

Der anschließende Abstieg ins Bjøllådalen ist fies steil, aber gut zu bewältigen. Die Ausblicke kurz vorher hinab ins Tal sind der Hammer, dieser Abschnitt ist vermutlich mit der schönste auf unserem bisherigen Weg.

Nun gilt es noch dem Tal für fast drei Stunden zu folgen. Es ist wunderschön hier, das warme Licht der Abendsonne und der lichte herbstliche Birkenwald sorgen für eine wunderbare Stimmung, der sumpfige Boden mitunter für lautes Fluchen.

Gegen 19 Uhr erreichen wir nach 25 Kilometern doch ziemlich fertig die kleine Krukki-Hütte, wieder einmal zeigt sich, das Kilometerangaben in Norwegen nur sehr bedingt etwas zur Schwere der Etappe aussagen. Aber hei, wir haben den Polarkreis überquert!

Der neue Tag begrüßt uns mit leichtem Frost, der die niedrigen Gräser im Schatten rund um die Hütte mit einer dünnen Eisschicht verziert hat. Nach dem langen Tag gestern kommen wir etwas schwer in die Gänge, Annis Erkältung klingt leider auch noch nicht ab. Umso bemerkenswerter ist dann, dass wir kurz darauf wieder losziehen, diesmal ist die Distanz bis zur Lønsstua sogar noch länger. Ich bin wahnsinnig stolz auf Anni!

Der Herbst kommt mit großen Schritten

Zuerst folgen wir bei herrlichem Herbstwetter weiter dem Tal zur Saltfjellstua und gehen dann weiter in Richtung Steindalen.

Das Wetter ist wirklich klasse und wir kommen gut voran, legen hoch über dem Søre Bjøllåvatnet eine längere Pause in der Sonne ein und genießen den Ausblick.

Dann geht es weiter ins Steindalen, und wer Steine mag, ist hier genau richtig, denn es gibt sie hier in allen möglichen Größen und Formen. Zum Glück ist das Wetter gut, ansonsten bleibt der Spaß hier ganz sicher ganz schnell auf der Strecke!

Als sich das Tal wieder öffnet und wir die schlimmsten Steinpassagen hinter uns haben, legen wir erneut eine Pause ein, stärken und für den Endspurt, der dann noch einmal fast drei Stunden dauert. Es zieht sich wie Gummi, ein stetes Auf und Ab bis hin zum Bahnhof Lønsdal kurz vor der Hütte gibt uns dann den Rest.

Neben der DNT-Hütte gibt es dann noch ein Hotel, in dem wir es uns bei einer kalten Cola auf dem Sofa gemütlich machen, alter Schwede, sind wir kaputt! Das Hotel bietet sogar Duschen an, auch wenn man nicht hier wohnt. Dieses Angebot nimmt Anni nur allzu gerne an. Ich gehe schon mal voraus zur Hütte, und atme quasi die Tüte Chips ein, die ich mir gerade auch noch in Hotel gekauft habe. Als Anni von der Dusche kommt, essen wir nur noch und fallen bald darauf todmüde ins Bett.

Auf in den Junkerdalen-Nationalpark

Die zwei eindrucksvollsten und schönsten Etappen bisher liegen hinter uns, als wir am nächsten Morgen im Hotel entspannt und ausgiebig frühstücken. Die nächsten Etappen werden etwas gemütlicher und kürzer, darauf freuen wir uns jetzt schon sehr. Zuerst geht es heute in Richtung des Junkerdalen-Nationalparks, das wir gegen Mittag erreichen.

Der Campingplatz dort befindet sich schon im Winterschlaf, wie lange schon, das vermögen wir nicht heraus zu finden. Wir wollen durch das enge Skaitidalen über einen alten Fahrweg weiter gehen. Der Weg wurde schon vor geraumer Zeit aufgegeben und ist nicht ganz ungefährlich zu begehen, Teile des Weges sind in den Fluss gestürzt, über weite Strecken ist der Weg ordentlich zugewuchert und eigentlich die ganze Zeit besteht große Steinschlagsgefahr.

Wir kommen aber gut durch und finden auch noch Zeit, uns an den reichlich vorhandenen Himbeeren gütlich zu tun. Als wir auf der Hütte Trygvebu ankommen, haben wir fast eine ganze Trinkflasche voll mit Him- und Blaubeeren fürs Frühstück gepflückt.

Frühstück mit Beeren

Auf der Hütte begrüßen wir auch wieder Åste und Bison, die kurz nach uns eintreffen und einen etwas anderen Weg über die Graddis Fjellstue gewählt haben.

Am nächsten Tag laufen wir dann weiter durchs Skaitidalen über die Hütte Argalad zur Balvasshytta, die erst in diesem August neu eröffnet worden ist. Das obere Skaitidalen ist dabei eine echte Perle, eine herbstliche Augenweide vom Allerfeinsten!

Um den Balvatnet laufen wir dann entspannt zur Coarvihytta, wo uns eine Schulklasse auf der Hütte erwartet, aber alles halb so wild, auch wenn die Jungs alle ein Messer am Gürtel tragen, können sich alle benehmen und wir werden sogar mit leckeren Tacos versorgt! Perfekt!

Über die Straße erreichen wir dann den alten Bergbauort Sulitjelma, wo ein Paket mit Essen und eines mit neuen wärmeren Schlafsäcken und einem stabileren Zelt für den Herbst von Helsport auf uns im Supermarkt warten. Und noch jemand wartet dort auf uns, nämlich Werner und seine Frau Uta, die hier gerade mit dem Wohnmobil unterwegs sind. Wir kennen uns von meiner ersten Tour 2013, als die beiden mich im Dovrefjell mitgenommen haben, weil ich mit meinem BVB-Aufnäher auf dem Rucksack an der Straße stand ? Wir sind seitdem immer wieder in Kontakt geblieben und heute hat es endlich mit einem Wiedersehen geklappt. Und Werner hat uns echt einen großartigen Gefallen getan, und unsere Einkäufe die 400 Höhenmeter hoch zur Ny-Sulitjelma gefahren, während wir mit unseren Rucksäcken hochgelaufen sind. Tusen takk für alles lieber Werner, auch für die kühlen Getränke im Kühlschrank und für die Ersatz-Mütze! Mega cool und einfach großartig, wir sehen uns demnächst zu Hause wieder!

Nun sitzen wir zusammen mit Jonas aus Dortmund hier auf der Hütte, schlagen uns die Bäuche voll und es macht Spaß, sich mal wieder auf die Ruhrpott-Art zu unterhalten, da sitzt jeder Spruch!

Und morgen verschwinden wir dann wieder im Fjell, erst Padjelanta und dann das Narvikfjell stehen auf dem Programm!