Was haben wir es uns auf der Ny-Sulitjelma Hütte des DNT am Ruhetag gut gehen lassen. So schön einfach das Tourleben auch ist, mal wieder selber was richtig schönes kochen ist doch unschlagbar.

So machen wir uns am 7. September auf in den Padjelanta Nationalpark. Dass wir schon ganze 100 Tage auf Wanderschaft sind, bewahrt den Körper nicht vor dem kleinen Schock, den man mit einem 5 kg schwereren Rucksack mit neuem Essen aus dem Versorgungspaket jedes Mal aufs Neue bekommt.

Wir schnaufen uns 500 Höhenmeter hoch zur Sorjushytta, wo wir uns eine Pause gönnen. Auf Padjelanta freuen wir uns total, denn die Wettervorhersage stimmt und so werden uns ein paar richtig schöne Zeltnächte bevorstehen.

Zudem nehmen wir uns vor, hier richtig Strecke zu machen, weil es dank der einfach zu gehenden Wege und der ausgelegten Bohlenplanken möglich ist. Im Vergleich zu den norwegischen Wegen also richtige Autobahnen. Da die Hütten des Padjelanta Laponia Verbands, der die hiesigen Hütten betreibt, auch schon geschlossen haben, treffen wir nur wenige andere Wanderer an.

So verbringen wir vier wunderbare Tage bis Vaisaluokta, die herrliche Zeltplätze, unsere ersten Nordlichter, viel Sonnenschein und milde Temperaturen bereithalten. Besonders liebe ich immer Begegnungen mit großen Vögeln.

Am Virihaure umkreist eine Eule mehrmals neugierig lautlos unser Zelt, um jedes mal kurz über dem Eingang abzubremsen und einen Blick drauf zu werfen, wer sich da in ihr Revier verirrt hat. In Kutjaure treffen wir dann noch den Hüttenwart von Unna Allakas im letzten Jahr, der seit 4 Wochen hier arbeitet und damit sämtliche Norge på langs Wanderer auf dieser Route durchgeschleust haben dürfte. Wieder wird klar, wie „viele“ Deutsche dieses Jahr NPL gehen, unglaublich.

Etwas erschöpft erreichen wir Vaisaluokta, Handyempfang und ein richtiges Bett sind zur Abwechslung mal nicht verkehrt.

JWD – janz weit draußen im Grenzgebiet

Der Abschnitt ab Vaisaluokta hat für mich eine ganz besondere Bedeutung, denn ich habe mich auf meinen zwei Solo-Nordkalottleden Touren nie an diesen Abschnitt rangetraut, zu viel Schiss hatte ich vor der Länge, dem Anspruch und der Abgeschiedenheit dieser Etappe. Zudem fällt der Proviantnachschub in Ritsem auf der anderen Seeseite des Akkajaure weg, das letzte Boot war sowieso seit 2 Tagen abgefahren, sodass man mit mindestens zwei Wochen Essen schleppen rechnen muss. Da heißt es gut planen und sich was einfallen lassen. Zum Glück konnten wir dank Kontakte ein Paket auf der Sitashytta deponieren, sonst wäre das so nur schwer möglich gewesen.

So brechen wir auf nach Terra Inkognita, 52 km sind es zur abgelegenen Røysvatnhytta des DNT. Der Weg durch den dichten Birkenwald ist überraschend gut zu gehen, obwohl so gut wie keine Markierungen vorhanden sind. An der Ravddajavrre Schutzhütte warten wir einen Regenschauer ab, wir kommen hervorragend voran und steigen schon bald bis knapp über die Baumgrenze. Langsam kommen die höheren, runden Gipfel der ersten Narvikfjell Ausläufer in Sicht und in ganz weiter Ferne ist sogar die Spitze des Stetind, markanter Nationalberg Norwegens, zu sehen! Der Wahnsinn! In mir macht sich großer Enthusiasmus breit, denn die felsige Gegend um Røysvatn hat sich letztes Jahr tief in mein Bewusstsein gebrannt. Da erreichte ich die Hütte über den Gränsleden ebenfalls in zwei Tagen und konnte es kaum fassen, es bis dort hin geschafft zu haben. Nach etwa 25km schlagen wir das Zelt in der Abendsonne auf und genießen einfach die Einsamkeit, bzw. Zweisamkeit.

Die bevorstehende große Flussfurt des Valldajåhka verschieben wir auf morgen. Am nächsten Tag entschließen wir uns spontan zu einer Abkürzung, denn einige Stellen vor der offiziellen Furtstelle lassen es zu, einfach von Stein zu Stein zu hüpfen. Also lassen wir den Abzweig nach Hellemobotn außen vor und sparen so mal eben 5 km ein! Wer übrigens Norge på tvers gehen möchte, ist hier genau richtig, denn Norwegen ist an dieser Stelle gerade mal 8 km breit 😉

Am Berghang auf der anderen Flussseite finden wir den markierten Weg auf Anhieb wieder, das läuft ja wie ein Länderspiel. Hier sind die Markierungen in Form von Steinmännchen sehr gut zu sehen, doch bei nebligen Bedingungen möchte ich die nicht suchen müssen. Wir nähern uns den grauen, kahlen Bergen und erklimmen schwitzend einen Pass auf 800 m.

Jetzt ist der Bjørntoppen, an dessen Fuß die Røysvatnhytta liegt, schon zum greifen nah, doch wir brauchen noch über 5 Stunden, um die Dutzenden kleinen steilen An- und Abstiege zu bewältigen, die uns am Ende wirklich fast den Stecker ziehen. Man fühlt sich wie im Bootcamp, immer kommt noch ein weiterer Hügel zum Vorschein, den es zu überwinden gilt, aber die Aussichten über die zerklüftete, von kleinen Seen durchzogene Landschaft sind herrlich. Immerhin müssen wir bei den beiden größeren Flüssen, deren Furt unter anderen Bedingungen herausfordernd sein kann, nicht einmal die Schuhe ausziehen. Kurz nach 6 schließen wir endlich die wunderschön gelegene Hütte auf, das Gefühl ist unglaublich, wieder hier zu sein! Verdammt, wie man sich diese Hütte verdienen muss. Kein Wunder, dass sie eine der am wenigsten besuchten DNT Hütten überhaupt ist.

Für die Sauna ist keine Energie mehr da, essen, Hüttenbuch lesen, schlafen sind angesagt – und Nordlichter, bereits zum fünften Mal hintereinander! Was für ein Glück.

Im Herzen des Narvikfjell

Jetzt folgt ein Abschnitt, den ich von meiner Solotour letztes Jahr von Sulitjelma nach Narvik schon sehr gut kenne. Allerdings habe ich für die 28 km von Røysvatn nach Pauro zwei Tage gebraucht, jetzt reißen wir das mal eben an einem langen Tag ab – der Körper ist eben einfach ein Wunderwerk.

Von den Fehlern, die ich letztes Jahr gemacht habe, können wir hier wunderbar profitieren. So suchen wir am Bavrojavri gar nicht erst Wege und Markierungen, die gibt es nämlich eh kaum, sondern suchen uns am Seeufer haltend unseren eigenen Weg. Auch die Sommerbrücke und die Ruderbootstelle, die in der Karte falsch eingezeichnet sind, kosten diesmal nicht Stunden um sie zu finden.

Wir haben Glück, auf jeder Seite liegt ein Boot. Um diesen Zustand für die Nachwelt zu erhalten, muss man drei mal rudern, was wir gern tun. Oft genug haben wir schon von Leuten gelesen, die hier leider schwimmen mussten, weil auf ihrer Seite kein Boot lag. Blöd… In der Pauro Hütte entspannt sich schon Thomas, ein anderer Norge på langser aus Norwegen, der erst Mitte August am Nordkap gestartet ist. Der Regen prasselt gegen die Fenster, als wir den Abend beim Gespräch ausklingen lassen.

Mit der nächsten Etappe steht mit 22 km für uns schon fast ein kurzer Tag an, verglichen mit den langen Tagen seit Sulitjelma. Ja wir konnten tatsächlich richtig Strecke machen, was toll ist, denn unsere Variante durchs Narvikfjell kostet im Vergleich zu der über Abisko etliche Tage mehr. Wir merken dass die „Schufterei“ sich auszahlt. Harte Arbeit, ehrlicher Lohn 😉 Auf der Sitashytta wartet das erwähnte Paket schon auf uns, zudem möchten wir hier einen Ruhetag einlegen, wozu sich die gemütliche Hütte am riesigen Sitasjaure See hervorragend eignet.

Am Nachmittag kommt Marco aus der Schweiz an, bei interessanten Gesprächen in guter Gesellschaft lässt es sich doch super entspannen. Am nächsten Morgen sind die umliegenden Gipfel das erste mal mit frischem Schnee gepudert.

Wer abkürzt, darf mehr essen

Um einen Tag einzusparen, beschließen wir, statt über die Narvikfjell Hütten Skoaddejavri und Caihnavaggi über die Straße nach Fjellbu hinab zu gehen, um anschließend das große Norddalen Tal nach Cunojavri hoch zu laufen. Der Plan geht hervorragend auf, ohne dass wir uns auf den 30 km abwärts und 25 km aufwärts zu sehr schinden.

Und doch ist es erstaunlich, dass man von einem langen Serpentinen Abstieg ins Tal selbst nach dreieinhalb Monaten auf Tour immer noch Muskelkater bekommt.

Vor fast genau einem Jahr waren wir schon gemeinsam in Cunojavri, eine unserer absoluten Lieblingshütten überhaupt. Wir verzeichnen eine gewisse Geruchsentwicklung unsererseits, haben unsere zarten Körper doch seit Umbukta keine Dusche mehr gesehen.

Daher sind wir extra motiviert, die verbleibenden Kilometer nach Katterjokk über den uns bekannten Weg auf der schwedischen Seite des Narvikfjells hinter uns zu lassen.

Einen langen Tag, eine schon etwas frischere Zeltnacht und einen kurzen Tag später fallen wir auch schon hungrig wie die Bären in den Supermarkt und später ins Restaurant in Katterjokk ein, um Cola und Burger zu genießen. Einfach ein unbezahlbares Gefühl!

Während die Schneegrenze immer weiter sinkt, brechen wir morgen mit viel Vorfreude in den Øvre Dividal Nationalpark auf, der bei uns beiden wieder viele Erinnerungen wecken wird. Daher, bleibt uns hold und drückt uns die Daumen, dass das Wetter weiter so gut mitspielt!

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9 Kommentare

  1. Thüringentroll Buschi Antwort

    Es ist einfach schön mit euch gemeinsam auf die Tour zu gehen, auch wenn ich hier zu Hause sitze.
    Es ist wie im vorigen Jahr, als ich im Krankenhaus lag und meine Frau mir aus deinem Buch vorlas.
    Glücklicherweise kann ich diesmal selber lesen.
    Gern wäre ich jetzt wieder im Norden.
    Viel Spaß und Glück für euch.
    Wir sehen uns.

  2. Ruth Baumann Antwort

    Danke für eure wunderbaren Bilder und den Bericht aus der nördlichen Herbstlandschaft.

  3. Ja, machen wir, wir drücken ganz fest die Daumen! Was für eine tolle Tour. Wir haben gerade gerechnet, dass wir den ersten Neuschnee fast einen Monat früher hatten – grins.

    Liebe Grüße,
    Ole und Andrea

  4. Immer wieder toll, Euren Tourenbeschreibungen mit dem Finger auf der Landkarte bzw. dem Cursor auf UT.no zu folgen!
    Wer steht denn dort mit Euch zusammen vor der Ny-Sulitjelma Hütte? Ist das eventuell auch ein NPL-Wanderer mit eigenem Blog? Ich freue mich immer, neue Berichte zu finden und zu erfahren, wie sehr die Wahrnehmung der gleichen Landschaften von unterschiedlichen Wetterverhältnissen, unterschiedlichen Begegnungen oder auch einfach unterschiedlichen Charakteren geprägt wird.
    Leider habe ich erst heute (26.09.) durch Zufall den Blog von Rüdiger und Tobias gefunden, die nur wenige Stunden vor meiner Entdeckung heute das Nordkapp erreicht haben. Ich wäre auch Ihnen gerne in Echtzeit gefolgt.

    • Hei Ansgar, das war Jonas aus Dortmund, der gerade den Nordkalottleden fertig gelaufen hatte. Blog hat er nicht, aber @jgryps auf Instagram. Wir lesen auch immer gerne gespannt Berichte von anderen…Viel Spaß noch beim Verfolgen unserer letzten Tage!

  5. Euer Foto mit dem beleuchteten Zelt und dem Polarlicht darüber ist der absolute Hammer! Ich schaue es mir immer und immer wieder an… Liebe Grüße Helge

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