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Anni

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Die Tage werden wärmer, die Wassertemperaturen steigen ebenfalls – Zeit, das SUP-Board langsam aus dem Winterschlaf zu holen. Ja, Stand-Up Paddeling bedeutet für die meisten Spaßpaddeln einmal über den See oder vielleicht eine Tagestour ein paar Kilometer flussabwärts. Richtig cool, so entspannt den Tag zu verbringen und sich einfach treiben zu lassen!

 

Mir persönlich war das – als Langtourenfreak – natürlich nicht genug 😀 Mein Paddleboard habe ich vor mehr als 3 Jahren bereits mit der Idee im Hinterkopf gekauft, damit vielleicht auch mal längere Touren zu starten. Schließlich machen das Menschen mit ihren Kajaks doch auch, wieso also nicht mit dem Board?
Doch wie bin ich das alles angegangen, als ahnungslose SUP-Paddlerin? Wo habe ich mir Inspiration gezogen, wo mich informiert? Und was habe ich in den 3 Jahren gelernt und mitgenommen? Habe ich mein perfektes Set-Up gefunden?

In diesem Artikel möchte ich Euch nicht nur dazu inspirieren, rauszugehen und einfach mal zu machen, sondern Euch auch Tipps für die Ausrüstung mitzugeben, die man für eine Mehrtagestour mit dem SUP-Board benötigt. Kleiner Disclaimer: Was „man“ da braucht, ist natürlich ein bisschen individuell und was ich für meine Bedürfnisse brauche und wie meine Herangehensweise ans Thema ist, muss nicht mit eurer übereinstimmen. Das muss jede*r für sich selbst herausfinden. Einfach probieren!

Warum SUP Mehrtagestouren? – meine SUP-Geschichte

Auch wenn ich es sehr mag, mit Simon zusammen unterwegs zu sein, so schätze ich es gleichzeitig, ab und an eine Solotour einzubauen. Jede einzelne lehrt mich neue Dinge, lässt mich wachsen und mutiger werden. Ich lerne, meine Bedürfnisse zu erkennen, einzuordnen und mich adäquat um mich zu kümmern. Meine Komfortzone Stück für Stück etwas zu erweitern und zu erkennen, dass ich bestimmte Situationen meistern kann, ohne dass etwas schlimmes passiert. Beweise mir, DASS ich es kann, DASS ich das Wissen habe und es erweitern kann. Gut fürs Selbstvertrauen, gut für mehr Leichtigkeit allgemein. So denke ich nicht nur über SUP-Touren, sondern über alles, was ich draußen alleine mache.
Ich kann euch also nur dazu ermutigen, wenn ihr bereits ein SUP-Board habt, euer Zeug zu packen und einfach mal loszumachen! Und wenn es nur zum Campingplatz auf der anderen Seeseite ist. Einfach machen 🙂

Wie bin ich dazu gekommen, SUP Mehrtagestouren zu machen?
Wie schon erwähnt habe ich mein Board vor über 3 Jahren gekauft, weil es für mich die perfekte Art und Weise schien, Mehrtagestouren, Solotouren und Wassersport miteinander zu verbinden – alles Dinge, die ich lange schon mag! Lange hatte ich den Herzenswunsch, wieder auf dem Wasser unterwegs zu sein, seit ich nicht mehr Mitglied im Kanuverein bin – als Individualsportlerin sozusagen und maximal flexibel. Doch wie drangehen ohne eigenes Boot? Die erhältlichen Faltkajaks waren mir zu groß und zu schwer, außerdem hatte ich nicht mehrere Tausend Euro auf der Kante. Den Wunsch legte ich erstmal ad acta.

2015 gab es meine Stand-Up Paddling Premiere im Spreewald. Ich stellte fest, so schwer ist das ja gar nicht, nein, es macht fast schon Spaß…und war hooked.
Dann kamen die Discovery Days 2017 mit Simon als Teilnehmer und mir im Publikum. Der Schweizer Thomas Oschwald hielt dort einen Vortrag über seine Polar Light Expedition – mit dem SUP-Board von Tromsö ans Nordkap. Ich war komplett baff! Man kann sein Geraffel aufs Board schnallen und damit mehrere Tage unterwegs sein?? Auch noch im Winter? Geilomat! Der Vortrag mit den tollen Bildern und Drohnenaufnahmen beeindruckte mich nachhaltig. (Jetzt, wo ich etwas Erfahrung habe mit solchen Touren, sogar noch viel mehr!)

März 2020 hob ein mikroskopisch kleines Viech die Welt aus den Fugen, auf einmal waren wir zu Hause und hatten viel Zeit, nachzudenken, Pläne zu schmieden und wiederum andere umzusetzen. Bei Simon landete ein Gravelbike im Warenkorb, bei mir ein SUP-Board. Okay, dann gehen wir das mal an! Noch ein paar Wassersport-Klamotten besorgt und die erste Tour von Bad Schandau nach Dresden auf der Elbe gepaddelt. Zwischendurch unfreiwillig baden gegangen, alles noch sehr wackelig, aber der Anfang war gemacht.

Im Jahr zuvor paddelten Simon und ich in unserem Ally Kanadier die (sehr empfehlenswerte!) Märkische Umfahrt. Die schien mir ein adäquates, schon vertrautes Ziel für eine erste Mehrtagestour, auf das ich hinarbeiten konnte. Ich sammelte Kilometer, wurde sicherer auf meinem Board und machte auch mal einen Overnighter auf der Elbe von Dresden nach Belgern mit Übernachtung in Riesa, um zu testen, ob das mit meiner Ausrüstung so klappt.
Die Tour an sich lief super, das Set-Up funktionierte überraschend gut. Sie hielt aber eine kleine Lernkurve bereit. Vor allem, was die Paddelgeschwindigkeit auf fast stehenden Gewässern angeht, wenn man die Elbe gewöhnt ist. Es war Bootcamp und Zen-Retreat in einem. Und ich bekam eine Ahnung davon, wie körperlich herausfordernd diese Touren auf Dauer sein können – und wie schön! Ich war begeistert davon, wie frei und flexibel ich wirklich war, hatte das Wissen, jederzeit aussteigen und woanders einsetzen zu können, da ich das Board ja einfach einpacken konnte. Und wie ich es wirklich schaffte, alles bei mir zu haben, was ich brauchte und es gleichzeitig allein (körperlich und psychisch) gewuppt (geschleppt :D) zu bekommen.

2021 versuchte ich mich erstmals an Tagestouren im Winter. Ist schön, aber die Bereitschaft, das als Mehrtagestour zu machen, ist bisher kaum vorhanden, es sei denn, ich finde eine Lösung für das Kalte-Füße-Problem. SUP ist und bleibt keine Wintersportart 😀
2022 nahm ich mir die Havel zwischen Werder und Havelberg unters Brett und durfte nicht nur meine persönlichen Grenzen im Kampf mit dem Wind erfahren, sondern auch radikale Akzeptanz beim Umtragen 400 m langer Schleusenanlagen und durfte erleben, wie herrlich einsam und voller Seeadler die Havel an manchen Stellen ist.

Eine weitere Tour 2022 fand auf der Ruhr mit Simon zusammen (er im Packraft, ich auf dem Board) statt. Eine super Sommer-Genusstour, die wir gemütlich angegangen sind und wo wir als illustres Duo bei der ein oder anderen Person für Belustigung gesorgt haben.

2023 war ich wieder allein auf der Saale von Jena nach Schönebeck unterwegs. Die Erinnerungen an den Spaß in der flotten Strömung, die schönen Weinberge und die 25 Umtragestellen in 9 Tagen sind noch ganz frisch 🙂 Stay tuned for many more trips!

Meine Gründe für Mehrtagestouren mit dem SUP-Board zusammengefasst:

  • Einfaches autarkes Unterwegssein
  • Sehr flexibel
  • Relativ kompakte Ausrüstung
  • Naturnah und (oft) menschenleer
  • Position auf dem Board abwechslungsreich (stehen, knien, sitzen, liegen)

Im Folgenden möchte ich euch, die ihr euch vielleicht für solche Touren interessiert, ein paar Tipps geben bzw. Learnings von meinen Touren. Da gibt es nämlich eine Menge. Aber natürlich solltet ihr eure eigenen Erfahrungen machen und mein Geschriebenes eher als Inspiration hernehmen, wie es gehen könnte. Mein Set-Up funktioniert für MICH sehr gut, das muss nicht heißen, dass das für euch auch gilt. Mit den Worten von Christo Förster: Raus und machen 🙂

Welches Board eignet sich für SUP Mehrtagestouren? Welches Paddel nutze ich?

Ich habe ein aufblasbares Oxbow Discover 12’6 x 28“ Tourenboard. Es war damals im Angebot, es gefiel mir optisch und ein hochwertiges Board im mittleren Preissegment schien mir für den Einstieg gut geeignet. Als iSUP (inflatable SUP) passt es perfekt zu meinen Vorhaben. Ich bin super zufrieden mit dem Board. Sollte ich mir jemals ein neues zulegen, würde meine Wahl auf ein Starboard Touring S fallen. Manchmal fehlt mir bei geklebten Verbindungen und Rails das Vertrauen, wenn ich wirklich in der Wildnis bin. Bei den Starboards sind alle Verbindungen geschweißt. Hersteller wie Fanatic oder Red Paddle Co. haben ebenfalls schöne, hochwertige Boards. Irgendwann bestimmt…..;)

Tourenboards sind eher länger und schmaler sowie vorn mit einer spitz zulaufenden Nose ausgestattet, damit man weniger Wasserwiderstand hat und so insgesamt kraftsparender und schneller unterwegs sein kann. Mein Board ist sehr schmal und ich habe eine kurze Weile gebraucht, um es sicher zu beherrschen, aber ich liebe es, so schnittig unterwegs zu sein. Wer etwas kippstabileres möchte, kann auch eine Breite von 30“ oder 31“ wählen. Die Tourenboard Shape kann ich wärmstens empfehlen, wenn ihr euch das Board dezidiert für Mehrtagestouren oder lange Tagestouren zulegt und vielleicht etwas ambitionierter unterwegs sein wollt. Falls ihr bereits ein Allroundboard oder ein surflastiges (kurz und dick) SUP-Board besitzt, könnt ihr damit auch Mehrtagestouren machen. Ihr seid damit nur etwas langsamer – ungefähr wie ein Stadtrad im Vergleich zum Gravelbike 😉 Achtet auch darauf, dass das zulässige Gewicht für das Board nicht überschritten wird, wenn ihr mit Ausrüstung paddelt. Ggf. braucht ihr dann ein Board mit einer 14’0 Länge.

Mein Paddel war anfangs ein Starboard Enduro Tufskin (heißt jetzt Lima Tufskin), mittlerweile bin ich auf das Starboard Enduro Tikitech umgestiegen. Es ist einfach viel leichter, komfortabel im Handling und lässt sich als 3-teiliges Paddel super im Packsack transportieren. Wenn ihr es euch leisten könnt, nehmt gern ein leichtes Paddel aus (Hybrid)Carbon mit einem geringen Schaftdurchmesser. Gerade bei Mehrtagestouren machen selbst ein paar Gramm einen riesigen Unterschied, wenn man die Arme mehrere Tausend Male am Tag senkt und hebt. Mit dem Tikitech werden meine Schultern nicht mehr ganz so schnell müde.

Wie komme in zum/vom Startpunkt/Zielpunkt?

Vielleicht seid ihr schon einmal mehrere Tage gewandert oder habt eine Radtour gemacht? Viel anders ist es bei SUP-Mehrtagestouren auch nicht. Da der Fluss vieles vorgibt, finde ich das Planen dieser Touren ziemlich entspannt. Habe ich mich für einen Fluss oder Gebiet entschieden, braucht es natürlich eine gute Einstiegsstelle. Hier wähle ich einen Ort, der mit den Öffis (Zug) gut erreichbar ist. So kann ich auch meinen Zielpunkt je nach Gusto wählen, aber auch der sollte an die Öffis angeschlossen sein. Getrampt bin ich aus der Not heraus ebenfalls schon. Bei Rundtouren wie der Märkischen Umfahrt oder auf der Mecklenburger Seenplatte, wo Start- und Zielpunkt identisch sind, kann man z.B. super mit dem Auto anreisen.

Ich bekomme meine Ausrüstung zwar recht unbequem, aber doch alleine gut weggetragen. Testet vorher, ob das Packmaß und Gewicht eurer Ausrüstung handelbar ist und lasst ggf. noch Dinge weg.

Wie plane ich Übernachtungen mit dem SUP-Board?

Wo Flüsse und Seen sind, findet ihr auch Wassersportvereine und Kanustationen, die günstig Übernachtungen anbieten. Hier immer vorher anrufen. Campingplätze nutze ich oft, genau wie Pensionen direkt am Wasser (vielleicht sogar luxuriöserweise mit eigenem Steg). Denkt daran, dass ihr mit dem iSUP nicht an den Fluss/See und dort gelegene Orte gebunden seid. Zur Not könnt ihr also alles einpacken und zur Unterkunft fahren/trampen/laufen.

Kaum vorher planen müsst ihr, wenn ihr biwakiert, so wie es zum Beispiel Christo Förster mit seiner Hängematte macht. Er wählt einen x-beliebigen Ort am Ufer, hängt die Matte auf und schläft legal darin. Wildzelten ist in Deutschland verboten, aber das Biwakieren ist rechtliche Grauzone. Da das Board nicht als fester Boden (wie beim Zelten) gilt, könntet ihr es auch als Schlafunterlage nutzen. Auch die Isomatten/Tarp-Kombi wäre möglich. Schaut, dass ihr euch nicht im Naturschutzgebiet befindet, denn dort darf man oft nicht einmal das Ufer betreten. Und Pro-Forma-Hinweis: Kein Feuer machen, Müll wieder mitnehmen und Leave no Trace 😉 Mir persönlich ist das alles zu heikel, außerdem schätze ich die warme Dusche am Ende des Tages bzw. das In-meiner-Blase-Gefühl meines Zeltes. Nennt mich Luxusschwein.

Als goldenes Mittelding gibt es an manchen Gewässern Biwakplätze speziell für Wasser- und/oder Radwanderer, an denen man legal für eine Nacht zelten darf. Oft mit Sitzgelegenheit, manchmal mit Toilettenhäuschen oder Feuerstelle. Genial!

Eckpunkt Tagesdistanz: Auf Basis dessen, welche Distanz ich am Tag ungefähr schaffe, kann ich am Tag vorher planen, wo ich am nächsten Tag schlafen werde. Wie ich auf diese Distanzen komme, erfahrt ihr im übernächsten Abschnitt.
In Paddelführern findet man immer eine Flusskilometrierung, sodass ich dann ausrechnen kann, an welchem Flusskilometer ich morgen ca. lande und ob es in dem Umkreis eine ausgewiesene Unterkunft gibt. Eventuell darf ich noch mehr KM drauflegen, plane eine Stunde mehr oder weniger ein oder gehe den Tag gemütlich an.

Welche Tools nutze ich zur Planung?

Meistens nutze ich eine Kombination aus diversen Karten, Apps und Webseiten. Immer mit dabei ist eine Gewässerkarte oder Paddelführer meines Gebietes. Hier schätze ich die gute Übersicht und die Kilometrierung sowie die Infos über Biwakplätze, Sehenswürdigkeiten usw.

Für detaillierte Infos und Orientierung an Schleusen- und Wehranlagen hilft mir die Canua App am meisten. Sie kostet ein paar Euro und ist wirklich nützlich, was auch Erklärungen zu Umtragestellen etc. angeht. Man kann auch Touren planen und aufzeichnen.

Da ich bisher fast nur in Ostdeutschland Paddeltouren gemacht habe, hat mir die Webseite vom Blauen Band beste Dienste erwiesen. Hier findet ihr ausführliche Infos über die größeren Flüsse Ostdeutschlands, die Bedingungen im und am Fluss, Schleusen sowie kilometergenau alle Übernachtungsmöglichkeiten, Vereine, Gasthäuser….einfach alles! Ein echtes Eldorado.

Wieviel schafft man am Tag?

Es hilft der Planung (vorheriger Punkt) ungemein, wenn ihr die Tagesdistanz, die ihr durchschnittlich so schafft, gut einschätzen könnt. Das Einschätzen kommt mit der Erfahrung und durchs Tracking mit meiner GPS-Sportuhr. Informiert euch bei Flüssen vorher, welche Strömung dieser hat (pegelabhängig). Meine persönliche Faustformel ist dann UNTER IDEALEN BEDINUNGEN!: Eigene Geschwindigkeit (4-6 km/h) + Strömung (z.B. 3 km/h) = 7 – 8 km/h. Dazu kommen etwaige Hindernisse wie Wehre oder Schleusen, die ausbremsen, plus Pausen, sodass man der Durchschnittsgeschwindigkeit noch etwas abziehen kann. Bei MIR (!!) haben sich die Tagesdistanzen bei einem Paddeltag von 5-7 h folgendermaßen herauskristallisiert:

  • Großer Fluss (z.B. Elbe, Strömung 5 km/h): ca. 55 km/Tag
  • Mittlerer oder kleinerer Fluss (z.B. Saale, Havel, Ruhr, Strömung 3 km/h): ca. 30-35 km/Tag
  • Seen oder zäh fließender Fluss (z.B. Märkische Umfahrt: ca. 25 km/Tag)

Das ist mein persönlicher Leitfaden! Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie viel andere am Tag machen und muss die auch nicht haben 😀 Ich schätze mich persönlich zumindest nicht als komplett untrainierte Anfängerin ein. Nur war dies (und ist zugegebenermaßen immer noch) ein großes Learning, weil ich keine Erfahrungsberichte hatte und keine Menschen kannte, die solche Touren auch machen, nach denen ich mich orientieren konnte.

Als Anfänger*in kann ich mir vorstellen, dass auch 12 km am Tag vollkommen reichen. Und das ist auch ok. Macht wie ihr euch wohlfühlt und probiert rum. Man soll Spaß haben und dies ist schließlich Urlaub und kein SUP-Race.
Es gibt zig Faktoren, die die Tagesdistanz im Zusammenspiel enorm beeinflussen und heruntersetzen können. Das sind zum Beispiel:

  • Wind!!
  • Persönliche Fitness (Technik)
  • Tagesverfassung
  • Hindernisse > Umtragen
  • Strömung
  • Gesamtgewicht des Gefährts (inkl. dir selber)
  • Shape des Boards

Geht daher am Anfang unbedingt defensiv an die Sache heran und überschätzt euch nicht. Ich persönlich habe anfangs den großen Fehler gemacht, zu erwarten, dass ich so schnell bin wie im Kajak und die Tour auch so geplant habe. Fail! Da musste aber ganz schnell ein anderes Mindset her.
Außerdem: Sehe ich in der Wetterapp Wind von ca. 6 m/s oder mehr und weiß, ich bin in offener Landschaft unterwegs, paddle ich gar nicht erst los. Bitte tut es einfach nicht (Stichwort Sicherheit, mehr dazu unten).

Steht man da den ganzen Tag?

Definitiv nein! Das ist eines der Dinge, die ich am SUP-Paddeln mag: Ich kann stehen, knien, sitzen, liegen – wie es die äußeren Bedingungen und meine eigenen Bedürfnisse gerade erfordern!

Stehen ist bei windstillen Bedingungen oder Rückenwind schön, denn man sieht viel am Ufer, es ist (mit der richtigen Technik) die effizienteste, schonendste und kraftsparendste Art zu paddeln. Das Set-Up ist nun mal darauf ausgelegt. Gleichzeitig kann ich meine Paddelposition anpassen, wenn Gegen- oder Seitenwind aufkommen. Dann gilt es, die Windangriffsfläche zu verkleinern, denn man wirkt wie ein Segel auf dem Board. Bereits bei leichtem Wind ist es leider so, dass man sitzend genau so schnell und dabei noch wesentlich kraftsparender vorankommt als beim Stehen. Ja, ich fühle mich dann auch verarscht 😀 Brauche ich eine Pause von allem, lege ich mich aufs Board, kucke in den Himmel, lasse mich treiben und genieße die Ruhe (ab und zu mal Blick nach vorn nicht vergessen).

Gleichzeitig gab es Tage, an denen habe ich keine Sekunde gestanden, weil es aufgrund von Wind einfach ein sinnloser Kraftakt gewesen wäre und meinen Paddeltag im Sitzen (normal oder Schneidersitz) verbracht. Das geht leider irgendwann aufgrund des ungünstigen Hebels ziemlich auf den Rücken und ich freue mich, mich irgendwann auch wieder hinzustellen. Auch bei Stromschnellen knie oder setze ich mich hin für einen niedrigeren Schwerpunkt und somit mehr Stabilität. Mein Paddel mache ich dafür immer kurz.

Fazit: Die Mischung macht’s!

Was muss ich in puncto Sicherheit mit dem SUP-Board beachten? Was für Zubehör nutze ich für meine eigene Sicherheit?

Bitte macht euch mit den Sicherheitsregeln beim SUP vertraut, nicht nur bei Mehrtagestouren. Ein paar Tipps findet ihr hier. Ich gehe hier nur auf 3 wichtige ein.

1. Leash: Bitte benutzt NIEMALS eine Fuß-Leash auf einem Fluss! Die Fußleash ist nur für offene Gewässer gedacht, damit man nach dem Kentern nicht das Board verliert. Auf Fließgewässern aber können Hindernisse wie Altäste oder Bojen dafür sorgen, dass ihr im schlimmsten Fall daran hängen bleibt, die Strömung euch unter Wasser drückt, ihr die Fußleash aber aufgrund des hohen Wasserdrucks nicht mehr öffnen könnt. Vor wenigen Jahren ist ein Paddler auf der Elbe genau so ums Leben gekommen. Nutzt daher einen Hüftgurt, denn dieser befindet sich zentral am Körper und ist daher im Notfall besser zu öffnen. Ich nutze eine Leash mit Hüftgurt und Not-Öffnung von °hf

Mein Hüftgurt ist kompatibel mit der Restube, einer Art Rettungsboje an der Hüfte, die man im Notfall auslösen kann. Diese hänge ich in die Befestigung ein. Finde ich persönlich bequemer als eine Rettungsweste und kann ich sehr empfehlen.

2. Wassertemperatur vs. Lufttemperatur: Vor allem in der Übergangszeit klafft oft eine riesige Lücke zwischen Wasser- und Lufttemperatur. Frühlingstage können schon richtig heiß sein, während das Wasser noch eisig kalt ist. Beim SUP gilt: Dress for water, not for air! Deswegen trage ich – auch wenn die Versuchung riesig groß ist – auch an warmen Tagen noch einen Trockenanzug! Mir ist klar, dass ich jederzeit kentern kann und dann stelle ich mir die Gewissensfrage, ob ich ohne Trocki baden gehen wollen würde. In den meisten Fällen lautet die Antwort nein. Erst wenn ich auch länger barfuß sein kann, ohne dass die Füße abfrieren, verzichte ich auf ihn. Wenn mein Körper unter dem Trocki langsam den Garprozess einleitet, lasse ich mich doch manchmal dazu hinreißen, den Neoprenkragen und einen Teil des Reißverschlusses zu öffnen. Dann würde im Fall des Falles etwas Wasser eindringen, was sich aber schnell im Anzug erwärmen würde. Wägt es einfach gut ab und habt immer den Kenter-Fall als reales Szenario im Hinterkopf.

3. Schleusen: Auch bei einfachen Tagestouren sollte man sich mit Schleusen befassen, und je länger man unterwegs ist, desto wahrscheinlicher wird es, auf eine zu treffen.

Seit 2018 ist es verboten, auf Binnenwasserstraßen (schon die meisten mittelgroßen Flüsse zählen dazu) SUP-Boards zu schleusen. Ja, es nervt. Man muss alles umtragen. Dennoch verstehe ich den Hintergrund, dass man auf dem Board recht ungeschützt ist, leicht kentern kann und der starken Strömung ausgesetzt ist. Auch im Bereich der Tore kann die Strömung krass sein. Wichtig ist aber vor allem zu wissen, dass die Option zu schleusen nicht besteht und ihr rechtzeitig ein- und aussteigt, oder die Schleuse anderweitig umfahrt. Damit erspart ihr euch den meisten Ärger 😉 Wenn ihr euch nicht sicher seid oder keine Infos zur Schleusenanlage findet, ruft beim zuständigen Wasserstraßenamt an und fragt nach, wo ihr umtragen könnt.

Wie packe ich meine Ausrüstung ein?

Am besten natürlich wasserdicht und gut am Board gesichert. Wasserdichte Packsäcke gibt es von vielen Herstellern (Ortlieb, Sea to Summit, SealLine….) in allen möglichen Größen und Materialstärken. Da ergeben sich tausende Möglichkeiten, euren Krimskrams zu verpacken. Ich nutze den großen Ortlieb Packsack, in dem ich mein Board transportiere, auch als Packsack für Ausrüstung – zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ein Gamechanger war die Ortlieb Duffel mit wasserdichtem Reißverschluss, die es in verschiedenen Größen gibt. Als 40- oder 60-Liter Variante ist sie toll zum Transport UND auf dem Board, und man kommt schnell an relevante Ausrüstung heran. Immer praktisch für Kleinkram sind kleine Packsäcke mit wenigen Litern Volumen (z.B. 8 Liter oder 12 Liter) vorn auf dem Board oder als zusätzliche Sicherheit

Gerne nutze ich auch eine wasserdichte Kartentasche für den Paddelführer oder eine fürs Handy (z.B. von Fidlock oder Loksak).

Wie befestige ich meine Ausrüstung auf dem Board?

Ich nutze die hervorragenden Spannriemen von Arno zum Befestigen der großen Packsäcke vorn und hinten. Hier nehme ich hinten 2 Riemen mit je 2 m Länge und vorn 1 mit 1,5 m Länge. Die Riemen reichen dann ums ganze Board, da mir auf der Oberseite die Befestigungsmöglichkeiten fehlen. Mir ist klar, dass das sicher noch besser geht. Die Riemen können zur Bildung von Verwirbelung unter dem Board führen und mich so ausbremsen, allerdings weiß ich nicht, wie groß dieser Effekt tatsächlich ist. Von „Bist du bekloppt, so trainieren Rennsportler, damit sie mehr Widerstand haben“ bis hin zu „Geht total klar, das macht gar nichts!“ habe ich schon alles gehört 😀 D-Ring-Klebe-Selbstversuche waren ein Misserfolg. Eventuell werde ich hier mittelfristig einen Profi ran lassen für ein paar Befestigungspunkte, denn an sich klappt es gut, aber nervt doch manchmal.
Für Kleinkram wie Trinksystem, Karte oder Crocs nehme ich kleine Materialkarabiner, gegebenenfalls mit Reepschnur kombiniert, die ich mit dem Gepäcknetz meines Boards verbinde. Wichtig ist, dass ihr ALLES sicher befestigt und auch etwaige integrierte Schlaufen und D-Ringe an den Gepäckstücken nutzt, damit im Kenter-Fall alles am Board bleibt.

Was ist wo?

Zunächst ist es wichtig zu erwähnen, dass ihr die Ausrüstung auf dem Board ausgewogen verteilt, mit Tendenz des schwereren Gepäckstücks hinten. Packt auch möglichst flach für wenig Windanfälligkeit.

Hinten: Im großen Transportsack habe ich die Pumpe plus einiges, was ich definitiv nicht am Tage gebrauchen werde (Zelt, Isomatte, Schlafsack, Schuhe, Kulturbeutel).

Vorn: Die schnell zugängliche Ortlieb Duffel vorn enthält alles, was ich potentiell schnell brauchen könnte (Wechselsachen, Technik, Essensbeutel, Handtuch, Erste Hilfe, Regenzeug, Chipsbeutel…). Auf der Duffel befestige ich auch meine Crocs (bei warmem Wetter, wenn ich keine Neopren-Booties trage).

Mitte: Direkt vor mir befindet sich das Gepäcknetz, an dem ich schnell erreichbaren und oft gebrauchten Kleinkram befestige. Dazu gehören Sitzkissen, Gewässerkarte, Trinksystem und ein kleiner Packsack mit Kleinzeug wie Geldbeutel, Sonnenbrille, Sonnencreme, Snacks, Handy, Kamera….

Was möchte ich noch anders machen?

Über kurz oder lang überlege ich, mir einen leichten Bootswagen zum Umtragen zuzulegen, da das Schleppen beim Umtragen schon sehr mühsam ist. Hier muss ich aber gut abwägen, ob der Wagen selbst mir nicht zu sperrig und schwer ist und das Ganze auch im richtigen Verhältnis zur Anzahl der Umtragestellen steht.

Die schon erwähnten Befestigungspunkte würde ich gerne auch noch ergänzen lassen, weil es einfach praktischer ist.

Auch die Wahl des Paddelgebietes möchte ich nächstes Mal etwas anpassen und zur Abwechslung auf Gebiete mit Schiffs- oder großartigem anderem Bootsverkehr verzichten.

Meine Packliste für SUP-Mehrtagestouren

Zu guter Letzt möchte ich euch auch meine Packliste nicht vorenthalten. Natürlich wandele ich sie je nach zu erwartenden Bedingungen auch mal leicht ab. Generell überschneidet sich vieles mit anderen meiner Solotouren, sei es Wandern oder Bikepacking, wo ich stets versuche, Gewicht zu sparen, das Packmaß gering zu halten und dennoch ein möglichst hohes Maß an Komfort zu erreichen. Mittlerweile gelingt mir das für meinen Geschmack ziemlich gut.
Selbstverständlich wählt ihr euer Schlaf-Set-Up entsprechend der zu erwartenden Nachttemperaturen. Da bin ich gern etwas defensiver. Der Schlafsack beispielsweise darf gern etwas dicker sein, weil an Gewässern immer mit viel Kondensbildung und hoher Luftfeuchtigkeit zu rechnen ist, da kann die Wärmeleistung der Daune nachlassen. Auch einen Trocki plus Wollunterwäsche braucht ihr nur bei niedrigen Wasser- und Lufttemperaturen – was bisher bei mir meistens der Fall war. Im Hochsommer kann man sich einiges an den Klamotten sparen, die ich aufliste.
Meine SUP-Pumpe nutze ich übrigens nicht ausschließlich am Startpunkt, sondern auch sporadisch immer mal wieder, denn ich habe irgendwann festgestellt, dass mein Board ca. 0,1 Bar pro Tag verliert. Daher pumpe ich alle paar Tage einmal nach, damit der Luftdruck und damit die Steifigkeit des Boards schön hoch bleibt.

Annis Packliste für SUP Mehrtagestouren

Habt ihr noch Fragen zu meinem Set-Up? Oder habt ihr Tipps für gute und gemütliche Paddelgebiete? Wo paddelt ihr gern? Schreibt es in die Kommentare 😀

Heute von mir mal kein hochemotionales Frauenthema oder spannender Tourbericht – nein, heute möchte ich mal ganz trocken etwas über Ausrüstung – neudeutsch Gear – schreiben. Denn ein bisschen abgeeken über Gear erfrischt den Geist und inspiriert vielleicht die/den ein/e oder andere/n, Neues auszuprobieren oder vielleicht ein bisher unbekanntes Teil mal näher kennenlernen zu wollen. 

Die Fjordruta – mein Testballon für leichtere Ausrüstung

Nicht erst seit unserer Norge pa Langs Tour im letzten Jahr weiß mein Körper, wie es sich anfühlt, monatelang richtig schwer, bis zu 25 kg, wegzuschleppen. Da mich im Alltag mein Job nicht nur mental, sondern auch körperlich fordert, dachte ich mir, dass es dieses Jahr an der Zeit ist, auf der diesjährigen Norwegentour mal nicht komplett an meine Grenzen zu gehen, sondern den Urlaub halt mal Urlaub sein zu lassen. Als wir nach der Tour im Oktober 2018 in Bergen anlandeten, fiel mir im Laden des DNT ein tolles Buch in die Hände – Norges beste Hytte til hytte turer von Marius Nergard Pettersen – von dem ich mich sehr gerne ein bisschen inspirieren ließ.

 

 
 
 
 
 
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Mit einem fetten Grinsen bin ich heute aus der Arbeit gegangen – fast 3 Wochen wohlverdienter Urlaub warten auf mich \o/ Norge is calling (surprise)! Dieses mal ein Abenteuer der ganz neuen Art für mich, denn es wird viel leichter (in jeglicher Hinsicht), südlicher, Meer-nah und nicht ganz so rauh und wild. Ich nehme die #fjordruta unters Profil! Juhuuu! Wer möchte, den darf ich ein bisschen mitnehmen in den nächsten 2 Wochen. Hab sogar meinen eigenen Hashtag erfunden #annigoesfjordruta ?? stay tuned! #wanderlust #utpåturaldrisur #turistforeningen #adventure #norge #trekking #hiking #getoutside #wirsinddraußen #womenwhohike #traillife #utno #fernweh #friluftsliv #liveterbestute

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Die Fjordruta übte sofort einen großen Reiz auf mich aus. Ihre etwas südlichere Lage, die Zivilisationsnähe (und auch weniger Ausgesetztheit) und die Hüttenstruktur lud mich direkt dazu ein, einfach mal Ballast abzuwerfen, und ich war extrem neugierig und gespannt, wie sich das anfühlen wird. Für mich kam es nach NPL als eine Art natürliche Neugier, sich ein Stück vom bisher bewährten Packkonzept wegzubewegen und einfach mal neue Dinge auszuprobieren – und dennoch nichts an Komfort einzubüßen; also mich selber der Challenge zu stellen, zwei Konzepte in meinem Sinn möglichst durchdacht zu verbinden – leicht und komfortabel! Denn ich bin immer noch eine enorm gemütlichkeits- und sicherheitsorientierte Wanderin und das wird sich für mich auch niemals ändern. (Disclaimer am Rande: Dies ist die Ausrüstung, die für MICH und meinen Geschmack am besten funktioniert! Jeder muss selbst herausfinden, wie er am Ende am liebsten unterwegs ist). Also habe ich mich nach leichteren Alternativen vieler Ausrüstungsgegenstände umgeguckt. Die Ausrüstungsgegenstände in ihrer Gesamtheit sind allerdings tatsächlich fast gleich geblieben, nur die Materialien, Größen und Volumina sind z.B. andere. Ich habe mich also größtenteils gegen den Verzicht und für mehr Hightech entschieden 😉

Wind of Change – was habe ich anders gemacht?

Das wichtigste sind ganz klar zunächst einmal die großen Vier – Zelt, Schlafsack, Isomatte, Rucksack – und hier konnte ich tatsächlich viele viele Gramm gut machen. Mein Zelt war das neu überarbeitete Helsport Ringstind Superlight. Mein neuer Rucksack war für mich persönlich die größte “Umstellung”, denn der Bergans Helium W 55 wiegt fast ein Drittel von meinem bisherigen Bergans Trollhetta Lady 75 – nur 1000 g! Ist aber auch 20 l kleiner, was super zu meiner verschlankten Ausrüstung passte! Einzig meine Isomatte blieb die altbewährte. Im Vorfeld habe ich monatelang mit verschiedenen, sicherlich richtig tollen leichten Alternativen, wie z.b. der Therm-a-Rest Prolite Apex, der Frilufts Ry oder einer NeoAir geliebäugelt, mich aber dann doch wieder für meine Therm-a-Rest Prolite Plus entschieden. Ich hatte nämlich keine Lust, im Zweifel meine Nächte auf einem Petziball zu verbringen, zu groß schien mir die Gefahr einer Delamination unterwegs. Beim Schlafsack bin ich vom (mit Packsack) etwa 1400 g schweren Helsport Rago Winter zum nochmal 300 g leichteren Helsport Rago Superlight Winter umgestiegen – das macht zusammengenommen nicht einmal 4 kg!

Genau so wie den großen Vier konnte ich bei der restlichen Ausrüstung und beim Kleinkram ein bisschen Ballast abwerfen und mich auf ein für mich sinnvolles Minimum beschränken.

Meine Bergans Storen Hardshellhose mit integrierten Gamaschen wich der schön leichten, zweieinhalb-lagigen Bergans Sky Pant, die unterwegs sogar ein sagenhaftes Gewicht von 0 g erreichte – ich vergaß sie nämlich am 3. Tourtag im Waschraum einer DNT Hütte. Mittlerweile habe ich die Hose zwar wieder (danke, lieber KNT!), würde sie aber nicht mehr bei schwitzigen Aktivitäten nutzen, weil sie bei weitem nicht so atmungsaktiv ist wie die dreilagige Storen Pant. Dann doch lieber meine alte. Auch eine leichtere, dünnere Daunenjacke kam ins Gepäck, da recht milde Temperaturen zu erwarten waren (am besten Yr.no checken, dort kann man auch Temperaturdiagramme der letzten Jahre nachsehen). Nach wie vor liebe ich die Daunenjacke auf Tour, zu herrlich ist es einfach, sich am Abend erschöpft hineinzumuckeln, bis sich Ofenwärme in der Hütte breitmacht oder das Zelt steht. Als Kocher reichte Simons kleiner Primus Express Stove plus 1-Liter-Topf, bisher nutzte ich den schwereren, aber wesentlich stabileren Spider Express Stove.

Bei anderem Kleinkram konnte ich ebenfalls einsparen z.B. mit einem kleineren, leichteren Tagebuch. Außerdem legte ich mir endlich einen eReader zu, damit der dicke Schinken zu Hause bleiben konnte. Wichtig war für mich auch, meinen leichten Rucksack beim Flug zu schützen, daher wollte ich definitiv eine Transportschutzhülle mitnehmen. Die klassischen Hüllen waren mir aber zu sperrig und zu schwer, sodass ich mich nach einer Alternative umgucken musste. Ziemlich genial ist das Check And Fly Pack Cover von Eagle Creek, das sozusagen Transportschutz- und Regenhülle kombiniert. Das Material ist etwas dicker als bei einer herkömmlichen Regenhülle, der Packsack funktioniert bis zu 65 Liter Rucksackgröße und lässt sich für den Flug mit einem Reißverschluss schließen. Was soll ich sagen, das Teil hat sich richtig gut geschlagen! Kommt definitiv wieder mit.

Harte Fakten – ist mein Konzept aufgegangen?

Planen kann man bekanntlich viel. Wie es einem letztendlich auf Tour ergeht, ist eben immer wieder ein großes Überraschungsei und absolut nicht vorhersehbar. Letztendlich ist es mir ziemlich gut gelungen, für meine Verhältnisse richtig leicht unterwegs zu sein – ich kam insgesamt und mit einer Woche Essen auf etwa 18 kg (ohne Wasser). Und das mit richtig stabiler, nordnorwegentauglicher Ausrüstung! Hätte ich jedoch vorher gewusst, dass ich kein einziges Mal zelten würde – ich hätte noch so viel mehr Gewicht einsparen und wirklich nur Hüttentourgepäck mitnehmen können. Klar, ärgerlich, aber im Nachhinein für mich ok. Warum nur Hütten? Meiner Meinung nach ist die Fjordruta nicht gerade voll von verlockenden Zeltplätzen, es war oft sumpfig, supernass, es gab langes Gras oder war waldig. Ich war es bisher gewohnt, auf etwa 700-900 oder mehr HM unterwegs zu sein, wo in Skandinavien wirklich baumloses Fjell oder bestenfalls lichter Birkenwald vorherrscht – was ich zum Zelten persönlich zum Zelten super finde. Die Fjordruta führt vor allem in der zweiten Hälfte ebenfalls durch solches Gelände, ist auf dieser Höhe jedoch sehr ausgesetzt, und ich wollte ungern auf einem Bergkamm zelten, auch wenn ich den Untergrund dort sehr einladend und vertraut fand, und mich da auch zum ersten mal bei Gedanken erwischte wie „Mensch, hier zelten…“. Zudem sah ich dank des vielen Sumpfs und Regens am Ende jedes Wandertages aus wie eine Pottsau und hatte großes Verlangen danach, meine Sachen zu trocknen und mich an den warmen Ofen zu muckeln. Klar wäre Zelten schon problemlos möglich gewesen, hätte auf der Route für mich aber eher Zwang als Gemütlichkeit und Belohnungseffekt bedeutet – und das ist auch total okay für mich. Wer mir auf Instagram folgt weiß auch, dass die Tour absolut nicht so easy ist wie die Hüttenabstände vermuten lassen. Nein, da sollte man unbedingt Norwegen-Logik anwenden und daraus schließen, dass die kurzen Abstände genau so auch SINN haben 😉 Fast jede Hütte mitzunehmen war also mein Versuch, auf der Fjordruta Urlaub zu machen, und so konnte ich mich von den durchaus sehr fordernden, wenn auch kurzen, Wandertagen ausreichend erholen.

Selbst wenn ich davon überzeugt bin, dass in Norwegen das Mitnehmen eines Zeltes auch ein Sicherheitsaspekt ist, finde ich, dass man es als halbwegs erfahrener Wanderer auf der Fjordruta (außer vielleicht im Winter) getrost weglassen kann. Wenn man sich nicht gerade direkt auf oder neben einer Straße befindet, ist die nächste im schlimmsten Fall ein paar KM entfernt, und bis auf ein paar wenige Löcher hatte ich auch immer Handyempfang. Auf Tour in abgelegeneren, wilderen Gebieten kommt es dennoch immer in meinen Rucksack, selbst wenn man sich entlang einer Hüttenstruktur hangelt.

Besonders begeistert war ich von meinem Rucksack. Obwohl ich ihn anfangs mit ca. 18 kg eigentlich deutlich überladen habe, kam ich mit dem Bergans Helium 55 W enorm gut klar! Die für einen Leichtrucksack recht festen Hüftflossen übertrugen das Gewicht immer noch super auf meine Hüften, und das spricht für das einmalige Tragesystem, das einfach auch mit so viel Gewicht noch bequem ist. Die Rückenplatte ist natürlich nicht so fest wie bei klassischen Trekkingrucksäcken, sodass ich jeden Morgen extra sorgfältig packen musste, um nicht von einer unbequemen Beule am Rücken gepiesackt zu werden. Auch viele Außentaschen findet man nicht, was für mich aber überhaupt kein Problem war. Die seitlichen Netztaschen sind ja umso geräumiger. Ich bin immer noch restlos überzeugt von diesem Rucksack und kann ihn mehr als empfehlen, wenn man unterhalb der 20 kg Grenze unterwegs ist. Da gibt es meines Wissens nach auch kaum leichte Alternativen, wo man nicht beim Tragesystem einen Kompromiss eingehen müsste oder die genau so robust wären.

Ansonsten habe ich mich mit der neuen Ausrüstung extrem wohl gefühlt und hatte nie das Gefühl, irgendwo Abstriche machen zu müssen. Ich denke, ich habe meine Ausrüstung für kürzere Solotouren in Norwegen nun beisammen 🙂

Hier geht es zur Online-Version der Packliste!

Die Packliste findet ihr auch als PDF hier

Als am Samstag Morgen um 5 der Wecker klingelt, schälen wir uns mit kleinen Augen aus dem Bett, packen unsere sieben Sachen – Routine haben wir darin – und machen uns auf zum Hurtigrutenkai im überschaubaren, hübschen Hafen von Honningsvåg.

Es ist merklich milder als die letzten Tage und eine frische Brise möchte die Mütze vom Kopf pusten. Na wenn das mal nicht ordentlich Seegang verspricht. Die MS Spitsbergen läuft ein, die Vorfreude steigt.

Wie die meisten NPL-Wanderer sind wir in den vergangenen Monaten fast gar nicht in den Genuss von Norwegens Küstenregionen gekommen – klar, das hätte den zeitlichen Rahmen ohne Frage gesprengt. Umso glücklicher sind wir, auf so entspannte Art und Weise jetzt noch ganz viel davon bewundern zu können! Außerdem sehen wir die Schiffsreise als eine Art Belohnung für unsere Tour an, eine bessere können wir uns wohl kaum vorstellen!

Tag 1 – die Leichtmatrosen gehen an Bord

Als zwei von drei neuen Gästen gehen wir also an Bord und beziehen unsere hyggelig Kabine mit Blick nach draußen auf’s Deck zu den Rettungsbooten, machen uns erstmal mit dem Schiff vertraut und genießen wie Gott in Frankreich das reichhaltige Frühstücksbuffet. Bei der Auswahl ist es unmöglich, alles zu probieren, es gibt hier einfach alles, was man sich vorstellen kann! Hurtigruten bezieht viele Zutaten von kleineren Lieferanten längs Norwegens Küste, so kommt man in den Genuss von Speisen, für die man sonst wohl eher größeren Aufwand betreiben müsste.

Bereits vor ein paar Tagen erkundigten wir uns, ob Interesse an einem ersten kleinen Vortrag an Bord über unsere Tour besteht. Genauso hatte es Simon vor fünf Jahren gemacht, einfach improvisiert vor kleinem Publikum, mit Bildern direkt aus dem Blog. Tatsächlich findet sich gleich heute Nachmittag ein Zeitfenster. Mir fällt es nicht schwer, hier Simon das „Rampenlicht“ zu überlassen, denn von uns beiden ist er ganz klar der Profi und schüttelt den Vortrag einfach mal zweisprachig aus dem Ärmel.

Was wir machen, scheint bei unseren Mitreisenden auf großes Interesse zu stoßen, auch in den folgenden Tagen werden wir immer wieder darauf angesprochen und ausgequetscht. Es ist surreal, aber auch toll, so eine positive Resonanz auf die Reise zu erleben!

Die Route unseres Schiffs führt uns zunächst weg von Magerøya über den Nordkapptunnel, den wir erst vor wenigen Tagen durchlaufen haben, in Richtung Hammerfest. Ein seltsames Gefühl, wieder nach Süden zu fahren, zu tief stecken wir noch im Modus des Unterwegsseins, des ewigen Strebens nach Norden. Immer wieder überlegen wir, wann denn wohl der Abschied von unserer Tour beginnt, wann sie in unseren Köpfen wohl endgültig vorbei sein wird. Mit dem ersten Schritt herunter vom Sockel des Nordkapp-Globus‘? Mit dem Ablegen unseres Schiffs? Mit dem Überqueren der deutschen Grenze? Mit der ersten Umarmung unserer Eltern? Ich habe jedenfalls das Gefühl, wahrscheinlich noch sehr lange von all den Erlebnissen der vergangenen Monate zu zehren und dass – wie Simon mal gesagt hat – eine solche Tour niemals zu Ende ist. Was das genau heißt, kann ich zu diesem Zeitpunkt als NPL-Debutantin nur erahnen.

In Hammerfest gehen wir von Bord für einen kurzen Streifzug durch die Gegend, wobei uns der Wind fast von der Straße fegt!

Wir haben sowas selten erlebt, doch die Locals scheinen wenig beeindruckt davon zu sein. Vor dem Rathaus machen wir schnell ein Foto für unsere Lieblings-Hammerfesterin Åste, besuchen das Museum des Eisbärenclubs und weiter geht’s.

Bald schon sind wir in Troms und das Wetter verschlechtert sich zusehends. Dicke Regenwolken hängen an den schroffen, steilen Bergen der Küste und der Wind tut sein übriges. Mein Magen meldet leichten Protest an, doch noch geht es. In Skjervøy haben wir uns mit Marcus verabredet, einem deutschen Auswanderer, der seit einigen Jahren auf der Nachbarinsel lebt. Als er uns einen liebevoll befüllten Präsentkorb überreicht, können wir unser Glück kaum fassen.

Leider hat unser Schiff durch den starken Wind Verspätung und es bleibt lediglich Zeit für einen ganz kurzen Schwatz auf der Gangway. Tusen takk Marcus! Das werden wir dir so schnell nicht vergessen!

Tag 2 – Home of Ussel

Über Tromsø, Harstad und die Vesterålen geht es am zweiten Tag Richtung Lofoten. Von der atemberaubenden Küstenlandschaft ist in dieser Waschküche leider einfach mal gar nichts zu sehen, und als wir Svolvær anlaufen, ist es bereits dunkel.

Auch von der beeindruckenden Engstelle Risøysundet sehen wir nicht so viel, wie wir eigentlich wollen. Und auch der Trollfjord kann wegen des starken Windes der Stärke 9 nicht besucht werden. Schade, aber irgendwann werde auch ich mir eine ordentliche Lofoten-Experience gönnen, das ist sicher.

Tag 3 – Wiedersehen mit dem Polarkreis

An unserem dritten Tag an Bord steht die Überquerung des nördlichen Polarkreises an. Der Gedanke, dass wir für das bisher gefahrene Stück allein fast zwei Monate zu Fuß gebraucht haben, ist reichlich abgefahren.

Während der kleine Globus passiert wird, gibt es eine Zeremonie an Bord. Feierlich wird jedem, der will, ein Löffel Fischtran kredenzt. Mein persönliches Fazit: braucht man definitiv nicht jeden Tag, ja, vielleicht sogar nie mehr, aber soll ja gesund sein 😉 Zum Vergessen nutzen wir endlich den Whirlpool am Heck des Schiffs, just als wir in Sandnessjøen ablegen.

Es ist einfach herrlich, untätig im Pool zu fläzen und auch den immer noch verspannten Muskeln tut die Wärme gut. Als Sahnehäubchen kommt nun auch die spektakuläre Bergkette „Die Sieben Schwestern“ in Sicht – einfach zum genießen!

In Brønnøysund, einem der scheinbar zahlreichen Mittelpunkte Norwegens, vertreten wir uns kurz die Beine, bevor wir uns das herrliche Fünf-Gänge-Abendmenü munden lassen.

Tag 4 – Großstadtluft schnuppern

Am vierten Tag klingelt der Wecker früh, denn wir sind in Trondheim mit Alex verabredet, der Bärenforscher ist und bis vor kurzem noch in Pasvik gelebt hat, bisher kannten wir uns nur virtuell. Wir beginnen unseren Streifzug durch die gerade erwachende Stadt mit einem Spaziergang zum Nidarosdom.

Auf der Gamle Bybro genießen wir den Blick auf die alten Häuschen am Wasser und den Morgenimmel, der alles rosa einfärbt.

Mittlerweile ist Rushhour, die Menschen strahlen eiligen Schrittes zur Arbeit oder in die Uni, man muss aufpassen, nicht von einem der vielen Fahrräder umgenietet zu werden. Alles wieder reichlich ungewohnt für uns, dieses „Großstadtleben“. Das Kaffeekränzchen mit Alex fällt leider viel zu kurz aus, aber wir werden bestimmt wiederkommen, versprochen!

Endlich ist uns das Wetter hold, sodass wir die liebliche Küste Mittelnorwegens so richtig genießen können. Hier wechselt sich viel Nadelwald mit Fels, Wiesen und Bauerngehöften ab – genau wie wir Trøndelag in Erinnerung haben. Wir merken, dass man zwischendurch schon relativ viel im Kopf vergraben hat, zu viele neue Eindrücke prasseln auf so einer langen Tour ständig auf einen ein und überlagern sich gegenseitig.

Auf dieser Rückreise haben wir also die Gelegenheit, im mentalen Fotoalbum ein bisschen zurückzublättern und dann zu merken wie unglaublich viel man erlebt hat. Wie reich man sich fühlt!

Besonders angetan sind wir vom Küstenstädtchen Kristiansund. Die süßen Häuschen, verteilt auf kleinen Inseln, sind einfach richtig schön anzuschauen. In der Nacht wird es nochmal schön wackelig, als wir südlich von Ålesund ums Westkapp fahren, das für seine Wetterkapriolen berüchtigt ist. Daher soll hier in der Nähe der erste Schiffstunnel der Welt gebaut werden, um das Westkapp notfalls meiden zu können.

Tag 5 – Tschüss Spitsbergen, hallo Bergen!

Auch unser letzter halber Tag begrüßt uns mit Regen, im großen und ganzen war uns Thor leider nicht wirklich hold, aber das ist eben Norwegen und tut dem Genuss für uns eigentlich keinen Abbruch. Uns kommt es auf eine entspannte, langsame Rückreise mit ganz viel Norwegen-Liebe an, und die haben wir definitiv!

Aber auch, wenn man vorher keine Tour wie unsere bewältigt hat, ist eine Reise mit dem Postschiff sehr zu empfehlen! Man kann wunderbar entspannen und dennoch sieht man enorm viel Norwegen. Das Essen ist fantastisch und die Crew freundlich und zuvorkommend. Wir kommen wieder 🙂 !

Einen Tag werden wir uns noch Bergen ansehen, dann geht es mit dem Zug weiter in Richtung Oslo, wo wir unser Auto wieder einsammeln werden.

In Kooperation mit Hurtigruten

Was haben wir es uns auf der Ny-Sulitjelma Hütte des DNT am Ruhetag gut gehen lassen. So schön einfach das Tourleben auch ist, mal wieder selber was richtig schönes kochen ist doch unschlagbar.

So machen wir uns am 7. September auf in den Padjelanta Nationalpark. Dass wir schon ganze 100 Tage auf Wanderschaft sind, bewahrt den Körper nicht vor dem kleinen Schock, den man mit einem 5 kg schwereren Rucksack mit neuem Essen aus dem Versorgungspaket jedes Mal aufs Neue bekommt.

Wir schnaufen uns 500 Höhenmeter hoch zur Sorjushytta, wo wir uns eine Pause gönnen. Auf Padjelanta freuen wir uns total, denn die Wettervorhersage stimmt und so werden uns ein paar richtig schöne Zeltnächte bevorstehen.

Zudem nehmen wir uns vor, hier richtig Strecke zu machen, weil es dank der einfach zu gehenden Wege und der ausgelegten Bohlenplanken möglich ist. Im Vergleich zu den norwegischen Wegen also richtige Autobahnen. Da die Hütten des Padjelanta Laponia Verbands, der die hiesigen Hütten betreibt, auch schon geschlossen haben, treffen wir nur wenige andere Wanderer an.

So verbringen wir vier wunderbare Tage bis Vaisaluokta, die herrliche Zeltplätze, unsere ersten Nordlichter, viel Sonnenschein und milde Temperaturen bereithalten. Besonders liebe ich immer Begegnungen mit großen Vögeln.

Am Virihaure umkreist eine Eule mehrmals neugierig lautlos unser Zelt, um jedes mal kurz über dem Eingang abzubremsen und einen Blick drauf zu werfen, wer sich da in ihr Revier verirrt hat. In Kutjaure treffen wir dann noch den Hüttenwart von Unna Allakas im letzten Jahr, der seit 4 Wochen hier arbeitet und damit sämtliche Norge på langs Wanderer auf dieser Route durchgeschleust haben dürfte. Wieder wird klar, wie „viele“ Deutsche dieses Jahr NPL gehen, unglaublich.

Etwas erschöpft erreichen wir Vaisaluokta, Handyempfang und ein richtiges Bett sind zur Abwechslung mal nicht verkehrt.

JWD – janz weit draußen im Grenzgebiet

Der Abschnitt ab Vaisaluokta hat für mich eine ganz besondere Bedeutung, denn ich habe mich auf meinen zwei Solo-Nordkalottleden Touren nie an diesen Abschnitt rangetraut, zu viel Schiss hatte ich vor der Länge, dem Anspruch und der Abgeschiedenheit dieser Etappe. Zudem fällt der Proviantnachschub in Ritsem auf der anderen Seeseite des Akkajaure weg, das letzte Boot war sowieso seit 2 Tagen abgefahren, sodass man mit mindestens zwei Wochen Essen schleppen rechnen muss. Da heißt es gut planen und sich was einfallen lassen. Zum Glück konnten wir dank Kontakte ein Paket auf der Sitashytta deponieren, sonst wäre das so nur schwer möglich gewesen.

So brechen wir auf nach Terra Inkognita, 52 km sind es zur abgelegenen Røysvatnhytta des DNT. Der Weg durch den dichten Birkenwald ist überraschend gut zu gehen, obwohl so gut wie keine Markierungen vorhanden sind. An der Ravddajavrre Schutzhütte warten wir einen Regenschauer ab, wir kommen hervorragend voran und steigen schon bald bis knapp über die Baumgrenze. Langsam kommen die höheren, runden Gipfel der ersten Narvikfjell Ausläufer in Sicht und in ganz weiter Ferne ist sogar die Spitze des Stetind, markanter Nationalberg Norwegens, zu sehen! Der Wahnsinn! In mir macht sich großer Enthusiasmus breit, denn die felsige Gegend um Røysvatn hat sich letztes Jahr tief in mein Bewusstsein gebrannt. Da erreichte ich die Hütte über den Gränsleden ebenfalls in zwei Tagen und konnte es kaum fassen, es bis dort hin geschafft zu haben. Nach etwa 25km schlagen wir das Zelt in der Abendsonne auf und genießen einfach die Einsamkeit, bzw. Zweisamkeit.

Die bevorstehende große Flussfurt des Valldajåhka verschieben wir auf morgen. Am nächsten Tag entschließen wir uns spontan zu einer Abkürzung, denn einige Stellen vor der offiziellen Furtstelle lassen es zu, einfach von Stein zu Stein zu hüpfen. Also lassen wir den Abzweig nach Hellemobotn außen vor und sparen so mal eben 5 km ein! Wer übrigens Norge på tvers gehen möchte, ist hier genau richtig, denn Norwegen ist an dieser Stelle gerade mal 8 km breit 😉

Am Berghang auf der anderen Flussseite finden wir den markierten Weg auf Anhieb wieder, das läuft ja wie ein Länderspiel. Hier sind die Markierungen in Form von Steinmännchen sehr gut zu sehen, doch bei nebligen Bedingungen möchte ich die nicht suchen müssen. Wir nähern uns den grauen, kahlen Bergen und erklimmen schwitzend einen Pass auf 800 m.

Jetzt ist der Bjørntoppen, an dessen Fuß die Røysvatnhytta liegt, schon zum greifen nah, doch wir brauchen noch über 5 Stunden, um die Dutzenden kleinen steilen An- und Abstiege zu bewältigen, die uns am Ende wirklich fast den Stecker ziehen. Man fühlt sich wie im Bootcamp, immer kommt noch ein weiterer Hügel zum Vorschein, den es zu überwinden gilt, aber die Aussichten über die zerklüftete, von kleinen Seen durchzogene Landschaft sind herrlich. Immerhin müssen wir bei den beiden größeren Flüssen, deren Furt unter anderen Bedingungen herausfordernd sein kann, nicht einmal die Schuhe ausziehen. Kurz nach 6 schließen wir endlich die wunderschön gelegene Hütte auf, das Gefühl ist unglaublich, wieder hier zu sein! Verdammt, wie man sich diese Hütte verdienen muss. Kein Wunder, dass sie eine der am wenigsten besuchten DNT Hütten überhaupt ist.

Für die Sauna ist keine Energie mehr da, essen, Hüttenbuch lesen, schlafen sind angesagt – und Nordlichter, bereits zum fünften Mal hintereinander! Was für ein Glück.

Im Herzen des Narvikfjell

Jetzt folgt ein Abschnitt, den ich von meiner Solotour letztes Jahr von Sulitjelma nach Narvik schon sehr gut kenne. Allerdings habe ich für die 28 km von Røysvatn nach Pauro zwei Tage gebraucht, jetzt reißen wir das mal eben an einem langen Tag ab – der Körper ist eben einfach ein Wunderwerk.

Von den Fehlern, die ich letztes Jahr gemacht habe, können wir hier wunderbar profitieren. So suchen wir am Bavrojavri gar nicht erst Wege und Markierungen, die gibt es nämlich eh kaum, sondern suchen uns am Seeufer haltend unseren eigenen Weg. Auch die Sommerbrücke und die Ruderbootstelle, die in der Karte falsch eingezeichnet sind, kosten diesmal nicht Stunden um sie zu finden.

Wir haben Glück, auf jeder Seite liegt ein Boot. Um diesen Zustand für die Nachwelt zu erhalten, muss man drei mal rudern, was wir gern tun. Oft genug haben wir schon von Leuten gelesen, die hier leider schwimmen mussten, weil auf ihrer Seite kein Boot lag. Blöd… In der Pauro Hütte entspannt sich schon Thomas, ein anderer Norge på langser aus Norwegen, der erst Mitte August am Nordkap gestartet ist. Der Regen prasselt gegen die Fenster, als wir den Abend beim Gespräch ausklingen lassen.

Mit der nächsten Etappe steht mit 22 km für uns schon fast ein kurzer Tag an, verglichen mit den langen Tagen seit Sulitjelma. Ja wir konnten tatsächlich richtig Strecke machen, was toll ist, denn unsere Variante durchs Narvikfjell kostet im Vergleich zu der über Abisko etliche Tage mehr. Wir merken dass die „Schufterei“ sich auszahlt. Harte Arbeit, ehrlicher Lohn 😉 Auf der Sitashytta wartet das erwähnte Paket schon auf uns, zudem möchten wir hier einen Ruhetag einlegen, wozu sich die gemütliche Hütte am riesigen Sitasjaure See hervorragend eignet.

Am Nachmittag kommt Marco aus der Schweiz an, bei interessanten Gesprächen in guter Gesellschaft lässt es sich doch super entspannen. Am nächsten Morgen sind die umliegenden Gipfel das erste mal mit frischem Schnee gepudert.

Wer abkürzt, darf mehr essen

Um einen Tag einzusparen, beschließen wir, statt über die Narvikfjell Hütten Skoaddejavri und Caihnavaggi über die Straße nach Fjellbu hinab zu gehen, um anschließend das große Norddalen Tal nach Cunojavri hoch zu laufen. Der Plan geht hervorragend auf, ohne dass wir uns auf den 30 km abwärts und 25 km aufwärts zu sehr schinden.

Und doch ist es erstaunlich, dass man von einem langen Serpentinen Abstieg ins Tal selbst nach dreieinhalb Monaten auf Tour immer noch Muskelkater bekommt.

Vor fast genau einem Jahr waren wir schon gemeinsam in Cunojavri, eine unserer absoluten Lieblingshütten überhaupt. Wir verzeichnen eine gewisse Geruchsentwicklung unsererseits, haben unsere zarten Körper doch seit Umbukta keine Dusche mehr gesehen.

Daher sind wir extra motiviert, die verbleibenden Kilometer nach Katterjokk über den uns bekannten Weg auf der schwedischen Seite des Narvikfjells hinter uns zu lassen.

Einen langen Tag, eine schon etwas frischere Zeltnacht und einen kurzen Tag später fallen wir auch schon hungrig wie die Bären in den Supermarkt und später ins Restaurant in Katterjokk ein, um Cola und Burger zu genießen. Einfach ein unbezahlbares Gefühl!

Während die Schneegrenze immer weiter sinkt, brechen wir morgen mit viel Vorfreude in den Øvre Dividal Nationalpark auf, der bei uns beiden wieder viele Erinnerungen wecken wird. Daher, bleibt uns hold und drückt uns die Daumen, dass das Wetter weiter so gut mitspielt!

Nachdem wir also einen entspannten Ruhetag in Teveltunet verbrachten, geht es am 1. August Richtung Angeltjønnhytta, den wir zusammen mit Åste bei bestem Wetter und mit guter Laune bestreiten.

Wieder kommt uns das extrem trockene Wetter der vergangenen Wochen zu Gute, denn die eigentlich ziemlich sumpfigen Wege sind allesamt staubtrocken. Nach 22 km lassen wir es uns in der urgemütlichen Hytte gutgehen.

Der nächste Tag Richtung Ferslia beginnt mit einem saftigen Anstieg, bald schon sind wir komplett nassgeschwitzt.

Startet der Tag noch mit den sommerlichen Temperaturen, die wir seit Lindesnes gewohnt sind, so leitet ein Regenschauer am Mittag das Ende der Trocken- und Hitzeperiode ein, von nun an sollen frische Temperaturen, wechselhaftes Wetter und Regenbekleidung unsere stetigen Begleiter sein. Bald schon kommt der grosse Feren See in Sicht, an dem sich die Ferslia Hytte befindet.

Wir steigen ab und machen nach ca. 16 km eine lange, vierstündige Mittagspause in der Hytte, lassen uns Pfannkuchen und Heissgetränke schmecken, während es draussen wie aus Eimern schüttet. Wir beschliessen, heute noch zu einer kleinen Schutzhuette zu gelangen, um die morgige Etappe zur Bellingstua, ca. 30 km, etwas zu entschaerfen. Staendig muss ich an Martin Kettler denken, der ja vor ein paar Jahren auf seiner NPL-Tour hier im Sumpf schier versunken ist.

Wir stimmen uns aufs Blåfjell ein

Trotz des starken Regens ist bei uns aber die Aufnahmefaehigkeit des Untergrunds noch lange nicht ausgereizt, alles ist noch super zu gehen. Nur das nasse, kniehohe Gras sorgt dafuer, dass bei Simon und mir das Wasser regelrecht in den Schuhen steht. Selber Schuld, wenn man zu lang mit neuen Schuhen wartet… jetzt freuen wir uns so richtig auf das bevorstehende Blåfjell, das quasi aus Sumpf besteht.

Unser Plan mit der Schutzhuette geht perfekt auf, denn der Tag zur Bellingstua ist fuer uns alle anstrengend und lang, gepraegt von unzaehligen kleinen An- und Abstiegen und einem Stueck Asphalt am Ende.

Die Bellingstua ist ein vom DNT aufgekauftes privates Sommerhaus, die Einrichtung ist dementsprechend supergemuetlich, aber ziemlich untypisch. Es gibt sogar einen CD-Player und eine grosse geschlossene Veranda. Zudem gehoeren von nun an Trockenraeume zum Standardinventar der Huetten – wer hier geht, weiss warum.

Am Abend erreicht noch ein anderer NPLer die Huette, der am Nordkapp gestartet ist. Wir machen grosse Augen, denn der ist wirklich Hardcore unterwegs, hat noch keinen einzigen Ruhetag gemacht und geht ausschliesslich auf der norwegischen Seite. Wer schon mal in der Gegend um Hellemobottn und dem Narvikfjell war, weiss was das bedeutet… energisch betont er, dass jeder, der die norwegische Grenze uebertritt, kein richtiges NPL laeuft. Immer wieder diskutieren Simon und ich nun untereinander oder mit anderen ueber die Definition von NPL. Was ist ueberhaupt das „richtige“ NPL und gibt es das ueberhaupt? Wann greift der Begriff NPL nicht mehr und ab wann doch? Wieso steht diese Diskussion denn eigentlich im Raum, wenn es uns allen (meistens, oft?) doch darum geht, Spass in der Natur zu haben? Diese Fragen muss wohl jeder Wanderer fuer sich beantworten…Zum Glück gibt es für Norge på langs keine Regeln, die macht sich jeder selbst, so individuell wie jeder diese Herausforderung für sich annimmt und den Anspruch, den jeder Wanderer an sich und diese Tour stellt.

Das Fruehstueck in der Bellingstua ist vorerst das letzte mit Åste, sie folgt von nun an den DNT-Wegen Richtung Skjækerdalshytta, wæhrend wir das Blåfjell etwas oestlicher weglos ueber Gaundalen, Holden und Gjefsjøen durchqueren wollen.

Ein entspannter, recht kurzer Wandertag zur Veresstua hebt die Stimmung und maskiert erstmal den Schiss, den ich vorm Weiterweg in der Hose habe. Die Huette ist der Wahnsinn! Erst diesen Winter eingeweiht, ist sie brandneu, modern und einfach herrlich. Da bietet sich ein Ruhetag am naechsten Tag geradezu an. Als wir es uns gemuetlich machen, schlaegt eine 8-koepfige Wandertruppe des DNT auf und bringt Schwung in die Bude.

Der Ruhetag entspannt zwar den Koerper, doch das Blåfjell haengt wie ein Damoklesschwert ueber uns. Ein ums andere mal bin ich extrem dankbar, dass ich jemanden an meiner Seite habe, der in genau dieser Situation schon war und mich zu 100% versteht. Aber laufen muss jeder selber, die Herausforderung annehmen ebenso. Das kann einem einfach niemand abnehmen, und genau deshalb ist es fuer mich nicht viel einfacher als fuer andere NPLer, nur weil Simon und ich Lebens- und Wanderpartner sind.

Im Blåfjell muss man sich seinen Weg selbst suchen, es gibt keine markierten Wege, nur Wildnis, Sumpf und ein paar Einoed-Bauernhoefe ohne direkte Strassenanbindung – wohl einer der mental und koerperlich anspruchsvollsten Abschnitte unserer ganzen Tour. Mir geht richtig die Muffe, als wir Richtung Gaundalen aufbrechen.

Wir können hier nicht anhalten – das ist Bärenland

Nur ein kleines Stueck auf dem markierten Weg legen wir zurueck, bis wir diesen in oestliche Richtung verlassen, um auf die beiden Bergruecken des Hitre und Nordre Seterfjellet zu gelangen. Wir schlagen uns durch dichten Wald, natuerlich steht wieder das Wasser in den Schuhen. Es fuehlt sich an, als steckten die Fuesse in zwei Wasserbomben, die oben zugeschnuert sind, in den wenigen regenfreien Pausen wringen wir die Socken und Innensohlen aus. Bald schon erreichen wir die Baumgrenze, kommen erstaunlich gut voran!

Ueber nasse Wiesen umrunden wir den Lakavassklumpen auf seiner westlichen Seite und steuern das Stigådalen an, ein breites, langes Flusstal, welches es komplett zu durchlaufen gilt. Wir wollen es so weit wie moeglich Richtung Gaundalen schaffen, die 30 km von der Veresstua dorthin an einem Tag zu gehen, ist fuer uns nicht drin.

Wir kommen weit und freuen uns, als wir am Ende des Tals, wo mehrere Gebirgsbaeche mäandernd zusammenfliessen und eine malerische Wasser- und Wiesenlandschaft zaubern, unser Zelt aufschlagen.

Immer wieder entladen sich die Regenwolken, die Nacht verspricht mit 6 Grad relativ frisch zu werden. Der abgelegene Hof Gaundalen ist am naechsten Tag innerhalb 3 Stunden erreicht, nur leider treffen wir Steinar Gaundalen nicht persoenlich an. Vielleicht ist er mit seinem kleinen Flugzeug auf Spritztour, man weiss es nicht. Beim Blick ins Gaestebuch staunen wir, dass im Sommer fast taeglich Leute hier zum Angeln, Jagen etc aufschlagen! Ueber Langweile kann sich der Herr Gaundalen sicher nicht beklagen.

Nach einer ausgiebigen Pause gilt es nun, bis Gjefsjøen der alten Telegrafenleitung zu folgen, die fuer die Wanderer eine ziemlich idiotensichere Markierung darstellt. Wir kriegen hier nichts geschenkt, das Gelaende ist nicht einfach zu gehen und durch viele Aufs und Abs gepraegt, ich pumpe wie ein Maikaefer.

Simon ergreift die Chance, krallt sich einen der alten Keramik-Isolatoren als kleines Blåfjell-Souvenir („cooler Briefbeschwerer“), beschwert damit aber statt Briefen erstmal seinen Rucksack um gut 1 kg. Wir erreichen Holden gut fertig und fangen als erstes an, Wasser abzukochen, denn den fast ausgetrockneten Bach teilen wir uns mit Kuehen und Schafen, ausserdem wissen wir, dass sich unsere NPL-Kollegen Martin und Thomas hier vor 2 Wochen gruendlich das Verdauungssystem zerschossen haben – sicher ist sicher. Die huebsche DNT-Huette liegt an einem riesigen See, die Aussicht geniessen wir am Abend.

Wer will fleissige Tough Mudder sehen? Der muss zu uns ins Blåfjell gehen

Der 8. August ist von Bauchschmerzen nicht nur aufgrund der langen, weglosen Etappe nach Berglia gepraegt, nein, ich darf mich heute auch ueber meine Periode freuen. Perfektes Timing, denn dann ist mit mir eigentlich gar nichts mehr los und das Bett mit Waermflasche the place to be. Tablette einschmeissen, irgendwie ignorieren und durchziehen. Am Ende der Telegrafenleitung liegt der Hof Gjefsjøen, wo uns Nils Christian Gjefsjø begruesst.

Nach einer Pause geht es aber weiter, denn schliesslich muessen wir uns die verbleibenden 29 km nach Berglia sinnvoll einteilen, um morgen dort anzukommen. Wir folgen erst Nils Christians Quadspur Richtung Nordre Gjevsjøhatten, dann sind wir erneut ueber der Baumgrenze. Ein Unwetter rollt ueber die Berge heran und ich bekomme Angst, wir beschliessen das Zelt zum Abwettern an einer halbwegs geschuetzten Stelle aufzubauen. Lange muessen wir nicht warten, schon öffnet der Himmel seine Schleusen und der Wind ruettelt ordentlich am Zelt, aber das eigentliche Gewitter zieht zum Glueck an uns vorbei. Danach packen wir zusammen und laufen noch weitere 2 Stunden oberhalb eines weiten, mit kleineren Seen durchzogenen Tals Richtung Ingeltjønna. In dem zerkluefteten, wasserreichen Gelaende schlagen wir das Zelt auf und freuen uns ueber den trotz Schwierigkeiten gelungenen Tag – unser Plan, das Blåfjell in 4 Tagen zu durchqueren, scheint perfekt aufzugehen!

Unser GPS-Track fuehrt uns weiter durch den Sumpf Richtung Berglia und der Fjellheim Farm der deutschen Auswandererfamilie Hartmann. Unsere Schuhe sind seit mittlerweile einer Woche so nass, dass uns alles egal ist und wir den grossen Fluss Ingeldøla einfach mit Schuhen furten. Nasser gehts irgendwann eh nicht mehr.

Als wir nach ca. 6 anstrengenden Stunden endlich auf der Schotterpiste nach Berglia stehen, zerschneiden unsere Freudenschreie die Luft. Wir haben es echt geschafft! Wir haben das Blåfjell bezwungen!

Jetzt muessen wir auch nicht mehr verdraengen, dass hier die hoechste Baerendichte in ganz Norwegen herrscht. Doch nein, eigentlich kann man sich SEHR gluecklich schaetzen, wenn man Meister Petz hier zu sehen bekommt, denn die Tiere sind extrem scheu. Im warmherzigen und sehr gastfreundlichen Haus der Hartmanns werden wir supernett empfangen, bekommen ein leckeres Abendessen aus frischem Elch-Hack und schlagen unser Lager in der Grillhuette auf. Es ist schon echt überaus beeindruckend, was sie sich hier mit viel harter Arbeit aufgebaut haben und zu sehen, wie sie alle als Familie gemeinsam an einem Strang ziehen. Nur dass Papa Hartmann mitten in der Nacht unsere Schuhe aus dem Trockenraum entfernen musste, damit seine Hunde nicht ausflippen, tut uns echt total leid und zeigt dass unsere Treter in der letzten Woche in punkto Geruch leicht eskaliert sind. Tschuldigung 😉

Asphalt, Strasse und Bitumen nach Røyrvik

Nun stehen als harter Kontrast zur weglosen Wildnis noch ca. 110 km und 4 Tage Asphalt bis Røyrvik auf dem Programm. Auch in diesen Tagen erfahren wir norwegische Grosszuegigkeit und Gastfreundlichkeit, die ihresgleichen sucht! Dass hier viele NPLer vorbeikommen, merkt man ganz deutlich, denn man wird meist direkt als solcher erkannt. Dank einer Abkuerzung ueber den Berg reissen wir die 36 km von Berglia Richtung Sandvika ab und verbringen eine muckelige Nacht im Lierne Gjestegård.

In Kvelia bekommen wir, wie jeder Norge på langs-Laeufer, Woll-Einlegesocken geschenkt und koennen lebenswichtige Dinge wie Cola, Chips, Nudeln und Kaese einkaufen sowie in der einzigartigen und urgemuetlichen Kaffeeecke herumhaengen. Das Gaestebuch strotzt nur so vor Eintraegen anderer NPLer – so cool, sich da mit einreihen zu koennen!

Als wir in Røyrvik einlaufen, schmerzen die Fuesse durch das mittlerweile kaum noch vorhandene Schuhprofil enorm. Ich trage immer noch mein erstes Paar seit Lindesnes. Das nun das Zeitliche segnen wird – als wir im Limingen Gjestegård ankommen, warten bereits einige Pakete mit neuer Ausruestung auf uns, das Auspacken zelebrieren wir wie unterm Weihnachtsbaum!

Was fuer eine coole Belohnung fuer diese enorm herausfordernde und anstregende Etappe, die oft ein Kampf war und die wir stolz wie Oskar hinter uns gelassen haben! Auch das Wiedersehen mit Åste sowie Myra, einer Niederländerin, die Norge på langs in Etappen geht, genießen wir sehr.

In den naechsten Tagen werden wir die Haelfte der Tour erreichen – ein unglaublicher Meilenstein fuer uns!

Die beiden Ruhetage in Røros sind doch weniger erholsam als gedacht, zu viel gibt es zu sehen und zu tun in diesem hübschen kleinen Städtchen. Auf Einladung von Destination Røros können wir ja sogar an einer sogenannten Matsafari teilnehmen, bei der eine kleine Stadtführung gefolgt von einem Mittagessen Aufschluss über die lokalen Gerichte und Leckereien gibt. Røros ist in Norwegen eine der ersten Adressen für lokales Essen, daher genießen wir Rentierfleisch, Surpølse (mein Favorit), Molkereiprodukte, das hervorragende Eis und die Røros Limonade ganz besonders. Bei einem Burger lassen wir unseren Aufenthalt ausklingen, und ich merke, dass mein Magen nach den Turbulenzen wegen des schlechten Wassers langsam aber sicher wieder Lust zum arbeiten hat.

Wir beschließen, für den Weiterweg nach Reitan die Straße zu nehmen, der Weg übers Fjell erscheint uns zu unsicher, und zu weit. 10 Minuten nach unserem Start geht ein erfrischender Regenschauer nieder, aber eigentlich ist es viel zu warm für die Regensachen. Als wir uns aus den Klamotten schälen, trottet eine Elchkuh in ca. 100 m Entfernung über einen Forstweg, das hebt die Stimmung!

Der Womo-Verkehr hält sich hier in Grenzen, der Seitenstreifen ist ausreichend breit und wir fühlen uns fit, sodass die Kilometer nur so dahinfliegen. Die erste Pause machen wir in Glåmos im Supermarkt in einer unserer geliebten Kaffeeecken.

Und was für ein Exemplar das ist! Liebevoll wurden hier Kaffee, Wasserkocher mit allerlei Heißgetränkoptionen und sogar Waffeln mit Rømme und Marmelade drapiert. Sowas gibt’s eben nur hier. Der Rest der Strecke geht erstaunlich leicht von der Hand, bis zum steilen Anstieg zum Bahnhof Reitan.

Dort gibt es ein Klo, fließend Wasser und es ist warm und trocken. Die Entscheidung, hier die Nacht zu verbringen, fällt schnell, auch weil wir nach etwa 32 km gut geschafft sind. Um 22.45 Uhr schwingt die Tür auf, ein großer, bärtiger Mann erscheint in unserer Wartehalle. Ok das wars, denke ich, jetzt werden wir rausgeschmissen. Die Zahnbürste im Mund, wird Simon als er selbst identifiziert… Wir gucken nicht schlecht, als Morten erzählt, dass er unsere SPOT Position täglich verfolgt, und da er seine Hütte nur wenige Kilometer von hier hat, beschloss er kurzerhand vorbeizukommen und sogleich haben wir eine Tüte frische, selbstgemachte Lefse und eine Einladung für den nächsten Tag zum Mittagessen in der Tasche – Wahnsinn! Ein ums andere Mal lässt uns diese Tour vor Überraschung und Dankbarkeit für diese unglaubliche Gastfreundlichkeit der Norweger sprachlos werden.

Gütige Menschen und Norwegische Gastfreundschaft

Am nächsten Tag machen wir uns früh auf in Richtung Kjølihytta, auf dessen Weg die Hütte von Morten und Christina liegt. Doch weit kommen wir nicht, ein anderes Ehepaar überredet uns, eine kurze Pause bei ihnen auf der Veranda und ehe wir uns versehen, sitzen wir für eine ganze Stunde bei eiskalter Brause und Keksen und quatschen über Gott und die Welt. Und das alles nur, weil die Leute es gut finden, was man macht. Mit etwas Verspätung treffen wir also zur zweiten Einladung ein, machen es uns in der tollen, urigen Hütte richtig gemütlich und genießen die angenehme Gesellschaft.

Der Abschied fällt uns ein bisschen schwer. Aber bis zur Kjølihytta sind es jetzt nur noch wenige Kilometer über einen einfachen Wanderweg, der wir rasch hinter uns lassen. Die DNT Hütte ist eine echte Perle, der Blick auf die Berge von Sylan der Knüller.

Der wärmste Tag des Jahres steht an, in Oslo sind 34 Grad vorhergesagt und auch wir brutzeln ordentlich auf dem einfachen Wanderweg und der anschließenden Straßenpassage zur Væktarstua.

In der Luft liegen Rauch und Feuer, die Waldbrände im nahen Schweden scheinen sich bemerkbar zu machen. In dem großen Hotel können Norge på langs Läufer umsonst übernachten, also beziehen wir dankbar noch früh am Tage eine einfache Hütte, kaufen ein und lümmeln im Schatten.

Es läuft, manchmal auch in Gesellschaft

Auch der Weg zur Nedalshytta wird uns dank Schotterstraße einfach gemacht, entsprechend gut kommen wir voran und sind schon gegen 15 Uhr auf der Hütte. Starke Windböen lassen uns über die Straße torkeln wie zwei betrunkene an der Trinkhalle. Da für den Abend und die Nacht weiterhin starker Wind und Regen angesagt sind, bleiben wir hier, während eine Front nach der anderen draußen durchzieht.

Am nächsten Tag stehen 24 km nach Storerikvollen an. Über wunderschönes Fjell laufen wir hoch über dem riesigen Nesjøen See zu dessen Ende. Die Nähe zum Nachbarland macht sich bemerkbar, denn der Weg ist, ganz Norwegen-untypisch, über weite Teile mit Holzplanken ausgelegt und wir fliegen nur so dahin, benötigen keine 6 Stunden für die 24 Kilometer der Etappe. Wir sind einfach richtig gut drauf heute.

Nach der erholsamen Nacht in Storerikvollen wartet mit der Etappe nach Teveltunet wieder mal Terra inkognita auf uns. Im Vorfeld konnte uns niemand wirklich sagen, wie der Weg und seine Markierungen beschaffen sind, widersprüchliche Kilometerangaben und die schiere Länge der Strecke ließen uns zweifeln.

Doch bereits auf den ersten Kilometern zeigte sich mal wieder wie sich unsere Körper der täglichen, stundenlangen Belastung angepasst haben.

Nach etwa 10 Stunden und über 30 km werden wir am Abend letztendlich zur Teveltunet Fjellstue gelangen – der Weg ist wunderbar ausmarkiert, abwechslungsreich und richtig schön, zudem ist es mal nicht sengend heiß.

Als Sahnehäubchen wissen wir außerdem, dass wir Åste, eine andere NPLerin, heute treffen werden, da sie von der Bjørneggen Hütte aus Teveltunet ansteuert. An einem kleinen See sitzt sie nun und ist schon ziemlich im Eimer, als wir sie einholen, doch gemeinsam meistern wir die letzten Kilometer des Tages.

Da auf dem Hof keine Menschenseele anzutreffen ist, bleibt uns nichts anderes übrig als nach Meråker zu trampen und uns dort zu dritt ein kleines Hotelzimmer zu suchen. Gesagt getan, wir kaufen Pizza, Cola und Chips – was der Weitwanderer eben so braucht, und lassen den Abend bei langen Gesprächen ausklingen. Da unser Versorgungspaket aber noch in Teveltunet liegt und wir nach dem Ruhetag sowieso von hier zur Angeltjønnhytta starten, teilen wir uns nach dem gemeinsamen Frühstück das Taxi nach Teveltunet und nehmen uns eine gemütliche und geräumige Hütte, die uns perfekten Schutz vor der Hitze bietet.

Wie geht’s uns so?

Nun wo wir den dicken Teil Norwegens hinter uns gelassen haben und rasanter nach Norden gelangen, wird die Stimmung immer besser, man ist zuversichtlicher, hat immer mehr Spaß an der Sache. Im Süden war ich oft am Kämpfen und Zweifeln, all dies scheint nun der echten „Turglede“ zu weichen, wie ich es mir so sehr gewünscht habe.

In Kooperation mit Visit Norway