Unser Ruhetag im Gaustablikk Hotel war richtig schön entspannt und ruhig – ein richtiger Ruhetag aus dem Bilderbuch. Wir machen nur einen kleinen Ausflug in die nahe Umgebung und geniessen die Aussicht über Rjukan und den Gaustatoppen. Wir waschen unsere Klamotten und sortieren die Lebensmittel aus unserem Versorgungspaket, alles ganz entspannt.
Die Weite wollen wir uns erarbeiten
Am Samstag Morgen bringt uns dann ein Mitarbeiter des Hotels hinab nach Rjukan und direkt bis zur Krossobahn. Diese älteste Seilbahn Nordeuropas bringt einen normalerweise innerhalb von 5 Minuten die 500 Höhenmeter hinauf zur Bergstation. Wir aber wollen laufen, empfinden es nicht richtig, hier die Bahn zu nehmen, wir wollen versuchen, so weit es geht alles zu Fuß zurückzulegen. Ansonsten bräuchte man sich ja nicht mit dicken Blasen an den Füssen die Straße hinab quälen, um dann jetzt hier den einfachen Weg zu wählen.
Also los, hoch da, wir schultern unsere Rucksäcke und sind gut 100 Minuten später oben und geniessen bei einer erfrischenden eiskalten Cola die wohlverdiente Aussicht über Rjukan!
Die Sonne strahlt mit uns um die Wette, als wir kurz darauf endlich im Fjell stehen! Richtiges, weites, offenes Fjell! Wie sehr haben wir uns darauf gefreut und so hallen einige Freudenschreie über die Flechten, Moose und Steine um uns herum!
Wir folgen den roten Markierungen des DNT, wollen heute zumindest noch bis zur Helberghytta kommen und dort entscheiden, ob es für uns noch weiter geht oder nicht. Den Gaustatoppen immer im Rücken kommen wir gut voran, das gute Wetter und die weite Vidda verleihen uns Flügel. An der Hütte angelangt werde ich direkt von zwei Norwegerinnen auf meinen BVB-Aufnäher angesprochen, sie waren selbst im Stadion, als der Ballspielverein Borussia aus Dortmund vor ein paar Jahren bei Odds BK in Norwegen spielte. Fussball verbindet halt und man hat immer etwas zu quatschen 😉
Das Wetter ist gut, sodass wir noch etwas weiter gehen und unser Zelt mit einen wunderbaren Blick auf den Sudtjønn See aufschlagen. So haben wir uns das vorgestellt!
Wie hat eigentlich Deutschland gegen Schweden gespielt?
Am folgenden Tag wollen wir bis Kalhovd kommen, einer Hütte mit vollem Service, die schon offen hat. Der Weg dorthin bietet großartige Aussichten und gegen Nachmittag etwas Nieselregen. Macht uns aber überhapt nichts aus, eine kleine Abkühlung kommt uns bei der vielen Sonne gerade recht.
Da heute dann doch einige Höhenmeter zusammengekommen sind und das Wetter in der Nacht eher unbeständig sein soll, entscheiden wir uns, in Kalhovd zu übernachten und bekommen spät am Abend eine super Aussicht geboten.
Fernsicht, Weitblicke und Aussichten
Tag drei in der Hardangervidda führt uns weiter gen Norden, es gilt zwei Höhenzüge entlang des Mår-Sees zu überwinden. Da wir mitunter hoch über dem See unterwegs sind, ergeben sich immer wieder fantastische Aussichten, eine echte Genussetappe mit Fernsicht und bestem Wetter.
Am Nachmittag machen wir eine Pause mit Blick auf den Hardangerjøkulen in der Ferne. Wir wandern quasi immer weiter auf der Achse zwischen dem Gletscher und der Landmarke des Gaustatoppens im Rücken.
Der Weg nach Mårbu zieht sich gegen Ende ein wenig, wir wollen aber nicht klagen, denn die Bedingungen zum Wandern könnten kaum besser sein. Man sollte nur daran denken, bei den Temperaturen ausreichend zu trinken und sich gut mit Sonnenschutz einzucremen, der stete leichte Wind sorgt sonst für Überraschungen in Form eines deftigen Sonnenbrandes. Unsere T-Shirt Streifen sind schon sehr beachtlich, der Kontrast zwischen bedeckter und unbedeckter Haut echt krass! Das wird uns wohl noch lange über die Tour hinaus ein Andenken bleiben.
In Mårbu machen wir eine lange Pause und holen uns ein Kaltgetränk, die Hütte hat zwar noch nicht offiziell offen, aber die Betreiber sind schon hier und bieten eine Woche für Familien an, sodass hier unzählige Kinder umherflitzen.
Wir geniessen es, einmal im Schatten zu sitzen und gehen nach einer guten Stunde weiter zum nördlichen Ende des Sees, wo wir mit einem fantastischen Ausblick unser Zelt aufschlagen. Nur die Mücken nerven gewaltig, als der Wind nachlässt. Also ab ins Zelt, Tagebuch schreiben, essen, kochen und lesen – gute Nacht!
Ein Traum und mehr als wir erwartet haben
Am nächsten Morgen brechen wir auf in das Herz der Hardangervidda, die DNT-Hütte Rauhelleren dient uns heute als grobes Tagesziel.
Es geht von unserem Zeltplatz aus eine Weile sanft bergan, die Glöckchen der Schafe sind der Soundtrack zu unserer Wanderung hier. Immer wieder untermalt vom Ruf der Wildnis: Den Rufen des allgegenwärtigen Goldregenpfeifers, einem kleinen Vogel, den man hier immer und überall laut rufend antrifft.
Kurz bevor wir eine staubige Schotterpiste erreichen, bekommen wir mit Blick in die Ferne eine Gänsehaut: Der Hardangerjøkulen liegt in seiner ganzen Pracht vor uns, die Eiskappe ist hervorragend zu erkennen. WOW! Einfach nur WOW!
Wir entscheiden uns, auf einen Aussichtsberg zu steigen, den 1380 Meter hohen Krossvasshovda. Und wir bereuen die Mühen nicht, ganz im Gegenteil! Keine Wolke zeigt sich am Himmel und wir können einen Grossteil der Vidda überblicken. Vom gut erkennbaren Hårteigen-Berg im Westen, über den Gletscher nördlich vor uns und bis hin zum Hallingskarvet, wo unser Ziel für die Woche liegt, das Örtchen Geilo an der berühmten Bergensbahn.
Wir können uns kaum sattsehen, würden am liebsten unser Zelt direkt hier oben aufschlagen. Wir sind einfach nur dankbar und glücklich, so ein großes Wetterglück hier zu haben!
Die Sonne grillt uns weiter, als wir total beseelt vom Berg hinab steigen und dem Wanderweg folgen. Kurz darauf überqueren wir die beeindruckende Brücke am Festningstjønne und schiessen dabei viele Bilder.
Ein letzter Anstieg noch für heute, der seinen Tribut in Form einer langen Pause mit Blick auf den Langesjøen-See und die Rauhelleren-Hütte fordert.
Wir entschließen uns, nicht zur Hütte zu gehen, uns die 3 Kilomter extra hin und zurück zu unserer geplanten Route zu sparen. Dafür finden wir einen Lagerplatz mit Aussicht, mal wieder könnte man sagen, man wird aber nie satt werden, bei solchen Ausblicken aus dem Zelt. Nie! Wir sehen den Forellen beim Springen zu, als wir nach diesem in allen Belangen großartigen Tag unser wohlverdientes Abendessen zubereiten.
In Amundsens Fußspur
Heute wollen wir soweit wie möglich kommen, am besten bis kurz vor Geilo, denn der nächste Ruhetag lockt. Wir kommen auch super voran, Meter um Meter, Kilometer um Kilometer nähern wir uns zuerst der Heinseter, wo wir eine ausgedehnte Mittagspause einlegen.
Dann geht es weiter in Richtung Tuva, einer beliebten Ausflugshütte, bei der sich im Winter zahlreiche Loipen treffen.
Auf dem Weg dorthin kommen wir mit einem Norweger ins Gespräch, und als wir nach seinem Startpunkt fragen sagt er wie aus der Pistole geschossen: Lindesnes!
Wir grinsen und entgegnen auch: Lindesnes! Wie cool ist das denn?!? Jonas heißt mit Nachnamen Amundsen, ist ein paar Tage nach uns gestartet und hat eine etwas andere Route genommen. Und nun treffen wir uns hier und laufen gemeinsam nach Tuva, wo wir lange über alles mögliche quatschen.
Er will wie wir in Geilo einen Ruhetag einlegen, perfekt, wir verabreden uns lose, um uns dann gemeinsam bei Peppes Pizza durchs Buffet zu fräsen. Jonas ist noch etwas unsicher, wie weit er heute noch gehen will, wir brechen aber schon mal auf und gehen noch etwa eine Stunde lang bis kurz vor den Abstieg nach Ustaoset. Wir finden eine Campstelle, die wohl weithin ihres gleichen sucht und bekommen uns beim Sonnenuntergang kaum ein! Warum wir diese Tour machen, wird genau in diesen Moment auf die schönste Art und Weise beantwortet, und es braucht dazu wohl kaum große Erklärungen!
Nach einem kurzen nächsten Tag sind wir zeitig in Geilo und gehen direkt so müffelnd und ungewaschen wie wir sind zum Pizza Buffet. Die Leute gucken nicht schlecht, als wir dort zuschlagen und lange sitzen. Irgendwann gesellt sich Jonas zu uns, ein cooler Abschluss einer noch cooleren Woche in den Weiten der Hardangervidda!
In Kooperation mit Visit Norway