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Oktober 2018

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Der eine oder andere wird es vielleicht längst gelesen haben: In den aktuellen Ausgaben vom Nordis – und raus! Magazin sind Artikel von uns bzw. über unsere neue Norge på langs Tour erschienen. Dort könnt ihr etwas über die Outdoor Academy of Scandinavia und Winterfreuden in Lappland erfahren. Und natürlich auch etwas über unsere Wanderung durch Norwegen!

Einfach aufs Bild klicken und den Artikel aufrufen – viel Spaß also beim Lesen!

Zu Besuch im richtigen Winter im Nordis Magazin

Unterwegs mit der Outdoor Academy of Scandinavia

Norwegen der Länge nach im raus! – Magazin

Wir verlassen die MS Spitsbergen der Hurtigruten und freuen uns auf die alte Hansestadt Bergen, gut anderthalb Tage hier liegen vor uns. Die Großstadt ist schon ein kleiner Schock, auch wenn Bergen nicht das riesige vor Urbanität tropfende Moloch ist, so merkt man aber direkt, das hier die Uhren schneller ticken. Das ist überhaupt nicht negativ gemeint, im Gegenteil, aber alles läuft hier einfach zügiger, anonymer und größer ab. Es fällt uns schwer, sich in dieser Quirligkeit einzufinden, der Unterschied zwischen Honningsvåg und Bergen ist halt doch schon gewaltig. Aber bevor es dann anschließend nach Oslo geht, ist Bergen vielleicht genau die richtige Zwischenstufe, bevor wir uns dann wirklich in die große Metropole stürzen.

Wiedereingliederung in die Großstadt

Wir finden rasch den Weg zum Hotel, sind auf dem Weg dorthin aber ein gutes Verkehrshindernis für all die Menschen, die gerade auf dem Weg in den wohlverdienten Feierabend sind. Im ruhigen Hotelzimmer können wir dann kurz durchatmen, bevor wir noch kurz in die Stadt gehen, wir sind mit Linn von Visit Bergen, der offiziellen Touristen-Information hier, verabredet. Sie nimmt uns mit auf eine kurzweilige kleine Mat-Safari, sie zeigt uns den Fischmarkt und nimmt uns im Anschluss mit in ein wirklich wunderbares Restaurant, in dem köstliche norwegische „Tapas“ serviert werden. Aber vorher geht es auf den Fischmarkt, wo wir an einem Stand einige der ausschließlich in der Umgebung gefangenen Fischköstlichkeiten probieren dürfen. Wir beide lieben Fisch und Meresfrüchte, so ist dies natürlich klasse und wir lernen einige neue Sachen, die uns so nicht bewusst waren.

 

Anschließend lassen wir dann den kurzen gemeinsamen Ausflug in besagtem Restaurant ausklingen. Und ja, es ist wirklich empfehlenswert! Allein das selbstgebackene Brot, dass es zum Essen dazu gibt, wäre schon mehr als nur ein guter Grund, sich dort einmal einzufinden! Vielen lieben Dank an Linn und Vist Bergen, für diese Einladung!

Nach dem Abendessen fahren wir hoch auf den Fløyen, einen der Aussichtsberge der Stadt. Die Fløibanen hinauf ist gut 100 Jahre alt und läuft über Schienen, der Antrieb aber erfolgt über ein gezogenes Siel, an dem zwei Wagen wie ein Pendel abwechselnd hinauf und hinab fahren. fährt die eine Bahn hoch, muss die andere Bahn gleichzeitig hinab fahren und umgekehrt. Ein einfaches aber ziemlich praktisches System.

Oben angekommen genießen wir den Ausblick über das nächtliche Bergen, hier ist alles schön ruhig, der Pulsschlag der hell erleuchteten Schlagadern der Stadt ist nur ganz schwach zu hören, wenn überhaupt.

Am nächsten Tag tun wir uns schwer damit, ein richtiges Programm für den Tag auf die Beine zu stellen. Es gibt so viel zu sehen und so viel zu besichtigen, aber wir merken beide, dass sich unsere Aufnahmekapazität für neue Dinge und Eindrücke langsam dem Ende entgegen neigt. Die Festplatte ist einfach übervoll, man kommt kaum noch nach, alles irgendwie einzuordnen und zu verarbeiten, tut sich schwer, noch viel mehr in den Speicher zu laden.

Und so entscheiden wir uns für ein einfaches Programm, streunen durch die Stadt, gewöhnen uns so an die nun wieder schnellere Gangart im „richtigen“ Leben. Bisweilen überfordert einen das, im Einkaufszentrum zum Beispiel bin ich kurz davor, einfach schreiend wegzurennen oder mich auf einem stillen Örtchen einzusperren um meine Ruhe zu haben. Wie soll das bloß in Oslo werden?

So viele Eindrücke auf einmal

Am Nachmittag statten wir den Locals, den Einheimischen einen Besuch ab. So wirbt das örtliche Aquarium mit heimischen Fischen um Besucher, und für uns ist es eine gute Gelegenheit, sich einmal die Fische aus der Nähe im Aquarium anzusehen. Das Aquarium liegt zudem etwas abseits vom trubeligen Zentrum, also ruhiger und entspannter. Und genau so ist es auch, wir sehen die Fütterung der Seelöwen, schauen uns die Pinguine an und beobachten Fische, die vielleicht lecker schmecken aber nicht unbedingt so aussehen.

Durch kleine ruhige Gassen streunen wir wieder zurück in Richtung Fischmarkt, entscheiden uns dann spontan dazu, noch einmal dem Fløyen einen Besuch abzustatten. Es zeichnet sich ein wunderbarer Sonnenuntergang ab, so dass wir beileibe nicht die einzigen sind, die auf die Idee gekommen sind, hoch über der Stadt den Tag ausklingen zu lassen.

Am nächsten Morgen sind wir schon früh auf den Beinen und gehen den kurzen Weg zum Bahnhof durch die erwachende Stadt. Im Morgengrau besteigen wir den Zug in die Hauptstadt, es geht weiter südwärts, immer weiter südwärts. Wir machen es uns bequem und schon bald rollt der Zug der Bergensbanen aus dem Bahnhof hinaus immer den Bergen der Hardangervidda entgegen, die die Bahnstrecke auf dem Weg nach Oslo überwindet.

In Finse und den umliegenden Bergen ist schon einiges an Schnee gefallen, auch hier so weit im „Süden“ klopft mittlerweile der Winter kräftig an die Tür.

In Drammen steigen wir um in den Zug nach Hokksund. Und nun fühle ich mich auf einmal wirklich elend. Keine Ahnung warum, aber zwischen den Pendlern im Vorortzug mit dem steten Ein- und Aussteigen und der entsprechenden Hektik will ich plötzlich einfach ganz woanders sein. Wie schön wäre es jetzt in der Finnmark, ganz weit weg von diesem Trubel, der mich gerade so herunter zieht. Ein Mann spricht mich an, ob wir auf dem Weg ins Fjell sind. „Nee“ antworte ich, wir kommen gerade vom Nordkapp, sind zu Fuß dorthin gelaufen. Man kann dabei zusehen, wie seine Kinnlade herunter klappt. Er zollt uns seinen großen Respekt, wie groß solch eine Tour in den Augen der anderen Leute ist, erfahren wir auf diese Weise immer wieder. Das ist dann ein gutes Gefühl und ich verlasse mit etwas besserer Laune den Zug.

Wir haben wieder ein Auto

Wir laufen zu Fuß die wenigen Meter zu Bergans of Norway, wo wir unser Auto abholen wollen. Es ist Freitagnachmittag, so ist kaum noch jemand im Büro, wir holen lediglich am Empfang den Schlüssel ab. Christoph, der dort arbeitet und uns dabei geholfen hat, die Versorgungspakete von dort aus zuzuschicken, hat freundlicherweise alles was noch dort lag oder wir ihm zurück geschickt hatten, ins Auto gelegt. So schlendern wir zum Auto und mir wird beim Gedanken daran, gleich direkt nach Oslo in die große Stadt zu fahren, etwas mulmig. Komisch wieder einen Schlüssel in der Hand zu halten, zwar nur vom Auto, aber einen eigenen Schlüssel für ein Zuhause oder ein Auto hatten wir ja die letzten Monate nicht in der Tasche. Im Auto liegt ein Zettel bei dessen Anblick wir schmunzeln müssen.

Irgendjemand hat wohl gedacht, dass irgendwelche Touristen hier auf dem Privat-Parkplatz der Firma ihr Auto günstig abstellen wollten, sogar bei der Polizei haben sie wohl schon nachgefragt, ob das Auto als gestohlen gemeldet ist. Ist es aber nicht, meint die Polizei. Bei Bergans jedenfalls war unser Auto wohl im Sommer eines der Top-Gesprächsthemen, Christoph hatte uns schon vorgewarnt und alle mussten am Ende köstlich lachen, als er es aufgeklärt hat. Es hatten wohl nicht alle mitbekommen, dass wir zu Bergans gehören.

Wir ziehen nach über vier Monaten das erste Mal etwas anderes an, als das was wir im Rucksack dabei hatten, es ist ziemlich ungewohnt. Und dann schlägt die Stunde der Wahrheit, wir fahren nach Oslo. Ich klemme mich hinters Steuer und schon geht es los. Die Abläufe sitzen noch, es ist wie Fahrradfahren. Nur die ständige Konzentration und Aufmerksamkeit machen mir am Anfang noch etwas zu schaffen, aber rasch gewöhne ich mich auch daran wieder.

Zu Gast bei Freunden

Ohne Unfall gelangen wir in die Stadt, aber es geht zum Glück nicht ganz so tief ins Zentrum. Nach einem kurzen Abstecher zum Holmenkollen treffen wir unsere Freundin Astrid. Wir wollten uns schon auf dem Weg zum Start unserer Wanderung treffen, aber da war sie selbst am Nordkap unterwegs. Auf das Treffen mit Astrid freuen wir uns sehr, denn sie ist in diesem Jahr als erste Frau auf der Route von Amundsen zum Südpol gelaufen. Sie hat über vier Jahre jede freie Minuten in das Projekt gesteckt, dass sie per Crowdfounding auf die Beine gestellt hat, um dann letztendlich am 17. Januar diesen Jahres an ihrem großen Ziel zu stehen. Und so quatschen wir bis spät in den Abend über unsere Touren, bis wir irgendwann todmüde ins Bett fallen.

Nach dem Frühstück fahren wir mit der T-Bahn in die Stadt, wir sind verabredet mit dem German-Norwegian Network in dem ich seit einiger Zeit Mitglied bin. Eines der zwei jährlichen Treffen findet zufällig gerade hier in Oslo statt und wir nehmen am letzten Tag des Programms an einer Führung hinter die Kulissen der Oper teil. Die Freude weitere bekannte Gesichter zu sehen ist groß, auch hier werden wir herzlich empfangen und zu unserer Tour beglückwünscht. Und dann bekommen wir einen großartigen Blick hinter die Kulissen dieses Kulturbetriebes, man macht sich ja keine Gedanken, wie viele Menschen hinter den Kulissen arbeiten, um alles am Laufen zu halten und die Leute auf der Bühne gut aussehen zu lassen.

Zum Abschluss der Führung lernen wir sogar etwas darüber, wie man richtig singt. Meine Stimme ist ja eher fürs Stadion gemacht, aber spannend ist es schon, was man alles mit einer guten Singtechnik erreichen kann. Nach der Führung sitzen wir noch beim Essen zusammen und reden über alles Mögliche. Wir schlendern noch kurz durch die Stadt, doch der Trubel ist heute nichts für uns.

Wir fahren wieder zum Auto und fahren aus der Stadt zurück nach Hokksund zu Christoph, er ist heute Nacht von einer Dienstreise zurückgekommen und wir reden noch lange über unsere Tour. Ohne persönlich Danke zu sagen für seine Hilfe und Unterstützung wollten wir nicht zurück. Es macht Spaß zu erzählen, aber von der Tour jetzt schon in der Vergangenheit zu berichten fühlt sich schon etwas komisch an.

Farvel Norge & Rolling Home

Der Abschied am nächsten Morgen fällt schwer, jetzt geht es wirklich wieder heimwärts. In Langesund wartet am Nachmittag die Fjord Line Fähre auf uns. Es ist Sonntag, die Straßen und Autobahnen sind leer und wir kommen pünktlich am Fährkai an. Der Check-In geht flott von der Hand und kurz darauf rollen wir auch schon an Bord der Fähre. Zu unserer Überraschung ist das Schiff gut ausgelastet, aber uns dämmert bald schon, warum. Uns begegnen immer mehr Cowboys – und girls als wir uns einen Sitzplatz suchen – an diesem Wochenende ist „CountryCruise“. Scheinbar fahren die Teilnehmer das ganze Wochenende zwischen Norwegen und Dänemark hin und her und feiern dabei ordentlich.

Uns zieht es zum Auslaufen an Deck. Als das Schiff ablegt, übermannen mich kurz die Gefühle, die eine oder andere Träne wird verdrückt. So lange haben wir an dieser Tour gerabreitet, alles vorbereitet und uns das Nordkapp zu Fuß erwandert. Und nun ist es irgendwie vorbei.

Die Überfahrt ist rasch erzählt. Wir decken uns mit einer Wagenladung Walters Mandler Schokolade ein und sind am frühen Abend in Hirtshals. Dort quartieren wir uns in der ehemaligen Jugendherberge ein, die nun von Rikke und Dorthe übernommen wurde und nach und nach renoviert wird. Und so können wir das Bed & Breakfast wirklich empfehlen, falls man in Hirtshals übernachten möchte. Schon oft war ich bzw. waren wir schon hier. Auch zum Abschluss unserer ersten gemeinsamen Tour damals war das so, und so kommen wir hier immer irgendwie nach Hause, genießen die wunderbare Aussicht aufs Meer und hören dem aufkommenden Sturm draußen vor dem Fenster beim Heulen zu.

Die Autofahrt von Hirtshals in Richtung Heimat gestaltet sich kurzweilig, in Dänemark ist es doch immer recht entspannt auf der Autobahn. Sobald aber dann die Grenze überquert ist und Hamburg in Sicht kommt, ist es ganz schnell vorbei mit der Entspannung. Aber das wussten wir ja vorher, schon als wir den ersten Schritt aus der Haustür gemacht haben war klar, dass es irgendwann so kommen wird, das wir wieder nach Hause kommen werden. Aber umso vertrauter die Straßenschilder der Heimat wieder werden, desto mehr wird uns klar, unsere Tour ist gleich zu Ende. Oder auch nicht, sie hat gerade erst angefangen.

In Kooperation mit Visit Norway | Visit Bergen | Fjord Line

Als am Samstag Morgen um 5 der Wecker klingelt, schälen wir uns mit kleinen Augen aus dem Bett, packen unsere sieben Sachen – Routine haben wir darin – und machen uns auf zum Hurtigrutenkai im überschaubaren, hübschen Hafen von Honningsvåg.

Es ist merklich milder als die letzten Tage und eine frische Brise möchte die Mütze vom Kopf pusten. Na wenn das mal nicht ordentlich Seegang verspricht. Die MS Spitsbergen läuft ein, die Vorfreude steigt.

Wie die meisten NPL-Wanderer sind wir in den vergangenen Monaten fast gar nicht in den Genuss von Norwegens Küstenregionen gekommen – klar, das hätte den zeitlichen Rahmen ohne Frage gesprengt. Umso glücklicher sind wir, auf so entspannte Art und Weise jetzt noch ganz viel davon bewundern zu können! Außerdem sehen wir die Schiffsreise als eine Art Belohnung für unsere Tour an, eine bessere können wir uns wohl kaum vorstellen!

Tag 1 – die Leichtmatrosen gehen an Bord

Als zwei von drei neuen Gästen gehen wir also an Bord und beziehen unsere hyggelig Kabine mit Blick nach draußen auf’s Deck zu den Rettungsbooten, machen uns erstmal mit dem Schiff vertraut und genießen wie Gott in Frankreich das reichhaltige Frühstücksbuffet. Bei der Auswahl ist es unmöglich, alles zu probieren, es gibt hier einfach alles, was man sich vorstellen kann! Hurtigruten bezieht viele Zutaten von kleineren Lieferanten längs Norwegens Küste, so kommt man in den Genuss von Speisen, für die man sonst wohl eher größeren Aufwand betreiben müsste.

Bereits vor ein paar Tagen erkundigten wir uns, ob Interesse an einem ersten kleinen Vortrag an Bord über unsere Tour besteht. Genauso hatte es Simon vor fünf Jahren gemacht, einfach improvisiert vor kleinem Publikum, mit Bildern direkt aus dem Blog. Tatsächlich findet sich gleich heute Nachmittag ein Zeitfenster. Mir fällt es nicht schwer, hier Simon das „Rampenlicht“ zu überlassen, denn von uns beiden ist er ganz klar der Profi und schüttelt den Vortrag einfach mal zweisprachig aus dem Ärmel.

Was wir machen, scheint bei unseren Mitreisenden auf großes Interesse zu stoßen, auch in den folgenden Tagen werden wir immer wieder darauf angesprochen und ausgequetscht. Es ist surreal, aber auch toll, so eine positive Resonanz auf die Reise zu erleben!

Die Route unseres Schiffs führt uns zunächst weg von Magerøya über den Nordkapptunnel, den wir erst vor wenigen Tagen durchlaufen haben, in Richtung Hammerfest. Ein seltsames Gefühl, wieder nach Süden zu fahren, zu tief stecken wir noch im Modus des Unterwegsseins, des ewigen Strebens nach Norden. Immer wieder überlegen wir, wann denn wohl der Abschied von unserer Tour beginnt, wann sie in unseren Köpfen wohl endgültig vorbei sein wird. Mit dem ersten Schritt herunter vom Sockel des Nordkapp-Globus‘? Mit dem Ablegen unseres Schiffs? Mit dem Überqueren der deutschen Grenze? Mit der ersten Umarmung unserer Eltern? Ich habe jedenfalls das Gefühl, wahrscheinlich noch sehr lange von all den Erlebnissen der vergangenen Monate zu zehren und dass – wie Simon mal gesagt hat – eine solche Tour niemals zu Ende ist. Was das genau heißt, kann ich zu diesem Zeitpunkt als NPL-Debutantin nur erahnen.

In Hammerfest gehen wir von Bord für einen kurzen Streifzug durch die Gegend, wobei uns der Wind fast von der Straße fegt!

Wir haben sowas selten erlebt, doch die Locals scheinen wenig beeindruckt davon zu sein. Vor dem Rathaus machen wir schnell ein Foto für unsere Lieblings-Hammerfesterin Åste, besuchen das Museum des Eisbärenclubs und weiter geht’s.

Bald schon sind wir in Troms und das Wetter verschlechtert sich zusehends. Dicke Regenwolken hängen an den schroffen, steilen Bergen der Küste und der Wind tut sein übriges. Mein Magen meldet leichten Protest an, doch noch geht es. In Skjervøy haben wir uns mit Marcus verabredet, einem deutschen Auswanderer, der seit einigen Jahren auf der Nachbarinsel lebt. Als er uns einen liebevoll befüllten Präsentkorb überreicht, können wir unser Glück kaum fassen.

Leider hat unser Schiff durch den starken Wind Verspätung und es bleibt lediglich Zeit für einen ganz kurzen Schwatz auf der Gangway. Tusen takk Marcus! Das werden wir dir so schnell nicht vergessen!

Tag 2 – Home of Ussel

Über Tromsø, Harstad und die Vesterålen geht es am zweiten Tag Richtung Lofoten. Von der atemberaubenden Küstenlandschaft ist in dieser Waschküche leider einfach mal gar nichts zu sehen, und als wir Svolvær anlaufen, ist es bereits dunkel.

Auch von der beeindruckenden Engstelle Risøysundet sehen wir nicht so viel, wie wir eigentlich wollen. Und auch der Trollfjord kann wegen des starken Windes der Stärke 9 nicht besucht werden. Schade, aber irgendwann werde auch ich mir eine ordentliche Lofoten-Experience gönnen, das ist sicher.

Tag 3 – Wiedersehen mit dem Polarkreis

An unserem dritten Tag an Bord steht die Überquerung des nördlichen Polarkreises an. Der Gedanke, dass wir für das bisher gefahrene Stück allein fast zwei Monate zu Fuß gebraucht haben, ist reichlich abgefahren.

Während der kleine Globus passiert wird, gibt es eine Zeremonie an Bord. Feierlich wird jedem, der will, ein Löffel Fischtran kredenzt. Mein persönliches Fazit: braucht man definitiv nicht jeden Tag, ja, vielleicht sogar nie mehr, aber soll ja gesund sein 😉 Zum Vergessen nutzen wir endlich den Whirlpool am Heck des Schiffs, just als wir in Sandnessjøen ablegen.

Es ist einfach herrlich, untätig im Pool zu fläzen und auch den immer noch verspannten Muskeln tut die Wärme gut. Als Sahnehäubchen kommt nun auch die spektakuläre Bergkette „Die Sieben Schwestern“ in Sicht – einfach zum genießen!

In Brønnøysund, einem der scheinbar zahlreichen Mittelpunkte Norwegens, vertreten wir uns kurz die Beine, bevor wir uns das herrliche Fünf-Gänge-Abendmenü munden lassen.

Tag 4 – Großstadtluft schnuppern

Am vierten Tag klingelt der Wecker früh, denn wir sind in Trondheim mit Alex verabredet, der Bärenforscher ist und bis vor kurzem noch in Pasvik gelebt hat, bisher kannten wir uns nur virtuell. Wir beginnen unseren Streifzug durch die gerade erwachende Stadt mit einem Spaziergang zum Nidarosdom.

Auf der Gamle Bybro genießen wir den Blick auf die alten Häuschen am Wasser und den Morgenimmel, der alles rosa einfärbt.

Mittlerweile ist Rushhour, die Menschen strahlen eiligen Schrittes zur Arbeit oder in die Uni, man muss aufpassen, nicht von einem der vielen Fahrräder umgenietet zu werden. Alles wieder reichlich ungewohnt für uns, dieses „Großstadtleben“. Das Kaffeekränzchen mit Alex fällt leider viel zu kurz aus, aber wir werden bestimmt wiederkommen, versprochen!

Endlich ist uns das Wetter hold, sodass wir die liebliche Küste Mittelnorwegens so richtig genießen können. Hier wechselt sich viel Nadelwald mit Fels, Wiesen und Bauerngehöften ab – genau wie wir Trøndelag in Erinnerung haben. Wir merken, dass man zwischendurch schon relativ viel im Kopf vergraben hat, zu viele neue Eindrücke prasseln auf so einer langen Tour ständig auf einen ein und überlagern sich gegenseitig.

Auf dieser Rückreise haben wir also die Gelegenheit, im mentalen Fotoalbum ein bisschen zurückzublättern und dann zu merken wie unglaublich viel man erlebt hat. Wie reich man sich fühlt!

Besonders angetan sind wir vom Küstenstädtchen Kristiansund. Die süßen Häuschen, verteilt auf kleinen Inseln, sind einfach richtig schön anzuschauen. In der Nacht wird es nochmal schön wackelig, als wir südlich von Ålesund ums Westkapp fahren, das für seine Wetterkapriolen berüchtigt ist. Daher soll hier in der Nähe der erste Schiffstunnel der Welt gebaut werden, um das Westkapp notfalls meiden zu können.

Tag 5 – Tschüss Spitsbergen, hallo Bergen!

Auch unser letzter halber Tag begrüßt uns mit Regen, im großen und ganzen war uns Thor leider nicht wirklich hold, aber das ist eben Norwegen und tut dem Genuss für uns eigentlich keinen Abbruch. Uns kommt es auf eine entspannte, langsame Rückreise mit ganz viel Norwegen-Liebe an, und die haben wir definitiv!

Aber auch, wenn man vorher keine Tour wie unsere bewältigt hat, ist eine Reise mit dem Postschiff sehr zu empfehlen! Man kann wunderbar entspannen und dennoch sieht man enorm viel Norwegen. Das Essen ist fantastisch und die Crew freundlich und zuvorkommend. Wir kommen wieder 🙂 !

Einen Tag werden wir uns noch Bergen ansehen, dann geht es mit dem Zug weiter in Richtung Oslo, wo wir unser Auto wieder einsammeln werden.

In Kooperation mit Hurtigruten

Wir machen es kurz: Wir haben es geschafft! Am 10. Oktober standen wir gemeinsam am Nordkapp!

Der Weg dorthin hat uns auch auf den letzten Metern ganz schön zu schaffen gemacht! Man muss sich das Ankommen auf jeden Fall wirklich verdienen, das steht mal fest!

Der Endspurt im Schneckentempo

Wir starten von Honningsvåg aus erst später am Tag, wir wollen etwa 20 km gehen und uns den Rest für den nächsten Tag aufheben. Wir trotten also die Strasse entlang, passieren den kleinsten Flughafen Norwegens und können eine kleine Maschine bei ihrem spektakulären Anflug beobachten, nichts für schwache Passagier-Nerven würde ich mal sagen!

Weiter geht es, nun führt die Strasse langsam aber stetig den Berg hinauf. Die Serpentinen schlauchen ganz gut, aber die Aussicht auf die Bucht nun schon weit unter uns ist wirklich beeindruckend! Nun zeigt sich auch, dass der Winter wirklich hier ist. Die Strasse ist stark vereist, das Räumfahrzeug überholt uns und die Umgebung ist komplett von Schnee bedeckt.

Auch hier machen wir an jedem Schild ein Photo! Das muss sein! Wir haben an jedem Schild seit Alta ein Bild gemacht!

Kurz vor Skarsvåg treffen wir einen Radfahrer, der schon eine ziemlich weite Strecke gefahren zu sein scheint. Sein Name ist Justin und wir kommen ins Quatschen, es sprudelt nur so aus ihm heraus wie ein Wasserfall. Er stammt aus Neuseeland und ist hierher von Südafrika aus gefahren! 11 Monate hat er dafür gebaucht, uns kippt die Kinnlade herunter!

Wir müssen beide weiter, der Wind ist schneidend kalt. Schade, nur zu gerne hätten wir seine Geschichten gehört! Er fährt nun zurück, will seinen Erfolg feiern gehen.

Wir gehen noch ein Stückchen weiter, wir wollen einen guten Zeltplatz finden, für die Nacht ist ziemlich starker Wind vorhergesagt. Kurz nach Skarsvåg sehen wir ihn dann, unseren letzten Zeltplatz der Tour. Wir wollten unbedingt noch einmal zelten und finden dann den perfekten Platz mit Aussicht hinüber zum Nordkapp!

Langsam stellt sich ein Gefühl von Abschied aber auch Ankommen ein, Euphorie sieht anders aus. Aber erst einmal machen wir es so gut es geht im Zelt gemütlich, denn bald schon bestimmen Nieselregen und fieser Wind das Wetter, beides flaut auch nicht ab, es geht die ganze Nacht hindurch so weiter.

Auf, auf ans Ziel

Da der Morgen richtig usselig ist, fällt es schwer, in die Gänge zu kommen. Ein letztes Mal Porridge zum Frühstück, ein letztes Mal die Sachen in den Rucksack stopfen, ein letztes Mal das Zelt abbauen. Die Handgriffe sitzen, werden aber ab Morgen wohl nicht mehr so sehr gebraucht werden für eine längere Zeit.

Wir laufen mit eiskalten Fingern und tief ins Gesicht gezogener Kapuze los, die Motivation heute schnell anzukommen übernimmt das Wetter nur allzu gerne, scheint es uns. Eigentlich ist alles wie immer, wir laufen wie im Autopilot, bestaunen die spektakuläre Landschaft und freuen uns einfach darauf, gleich anzukommen.

Die Kilometer fliegen vorbei, wir blicken uns immer wieder um, ob schon die Busse aus Honningsvåg zu sehen sind, die die Touristen täglich von den Kreuzfahrt- und Hurtigrutenschiffen hier hinauf fahren. Aber nichts zu sehen, nur zwei Autos überholen uns. Als erstes führt uns die Radarstation kurz vor dem Ziel an der Nase herum, von Weitem ähnelt sie doch dem Nordkapp.

Und dann ist es soweit, unser Ziel kommt in Sicht, wird immer grösser, kommt immer näher. Eintritt will keiner von uns haben, aber das hatten wir uns schon so gedacht. Nur ein paar Autos stehen auf dem großen Parkplatz, keine Menschenseele steht an der Weltkugel. Wir grinsen, darauf hatten wir insgeheim gehofft!

‚Cause love is free and life is cheap,
and as long as I’ve got me a place to sleep,
some clothes on my back and some food to eat,
then I can’t ask for anything more!
(Frank Turner – If ever I stray)

Langsam aber bestimmt laufen wir auf unser Ziel zu. Gemeinsam und Hand in Hand erklimmen wir die Stufen, gucken uns an und fallen uns gegenseitig um den Hals! Was für eine Reise, was für ein Moment! Wir sind weder traurig noch euphorisch, wir sind glücklich und zufrieden, denn wir wissen, dass unsere Reise noch lange nicht zu Ende ist!

Und nun sitzen wir in Honningsvåg im Hotel und müssen uns erst einmal durch den riesigen Stapel an Glückwünschen und Nachrichten kämpfen, der uns erreicht hat! WOW! Es ist unglaublich schön, jede einzelne Nachricht und jeden einzelnen Kommentar zu lesen! Wie krass, wie viele Leute uns die Daumen gedrückt und begleitet haben!

Danke! Danke! Danke!

Wir möchten an dieser Stelle euch allen da draußen Danke sagen! Allen, die uns begleitet haben, die uns Nachrichten und Kommentare geschickt haben. Die uns immer wieder ein Lächeln auf die Lippen gezaubert haben, die uns in welcher Form auch immer geholfen und unterstützt haben! Wir sind unendlich dankbar für all die Hilfe und das Vertrauen, das uns beiden immer wieder entgegen gebracht worden ist! Wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese Reise gemeinsam mit euch machen durften. Jeder Einzelne hat auf unterschiedlichste Art und Weise zum Gelingen beigetragen, und da kann man nicht oft genug Danke sagen! Hoffentlich sehen wir uns bald bei dem einen oder anderen Vortrag, auf ein Bier irgendwo oder im Stadion, in Dortmund oder Dresden, Hauptsache Fussball 😉 Bleibt uns gewogen, wir nehmen euch auch in Zukunft immer wieder sehr gerne mit!

Slow Rückreise

Ach ja, wie kommen wir eigentlich zurück? Heute morgen lang die MS Spitsbergen von Hurtigruten im Hafen von Honningsvåg, von unserem Hotelzimmer aus konnten wir sie sehen. Und genau mit diesem Schiff werden wir am Samstag in aller Herrgottsfrühe unsere Rückreise beginnen! Wir freuen uns schon unglaublich darauf!

Puh, ein wenig hatten wir schon damit zu kaempfen, dass es nun anders als geplant weiter gehen soll. Aber die Tage in Alta in guter Gesellschaft haben sicher dazu beigetragen, dass wir entspannt nach vorne blicken und mit der Entscheidung voellig im Reinen sind. In Alta besorgen wir uns noch eine Thermosflasche und waermere Handschuhe fuer Anni. Dazu noch eine Warnweste, die kann man ja immer gut gebrauchen, wenn man auf der Strasse unterwegs ist. Wir wollen bis Skaidi laufen und mal sehen, wie sich das Wetter entwickelt und ob wir noch einmal einen Versuch im Fjell starten wollen. Die ersten Schritte fallen schwer, es fuehlt sich etwas komisch an, wieder aufzubrechen, aber nuetzt ja nix, wir wollen ans Ziel kommen. Wir folgen der Strasse hinaus aus Alta, der Blick faellt schon bald auf die Bucht und den Flughafen, beides liegt zu unserer linken, als wir hinaus aus der Stadt laufen und schon bald der E6 Fernstrasse folgen. Es geht sich ganz gut, die Sonne scheint, aber wehe man kommt in den Schatten, dann wird es schon richtig frisch. Bald gibt es keinen Radweg oder Buergersteig mehr, dem wir folgen koennen. Nun heisst es also wirklich, ab auf die Strasse. Ich schluepfe in die Warnweste und sehe aus wie ein Schuelerlotse, macht aber nichts, Sicherheit geht vor.

Den Autos immer entgegen blickend laufen wir auf der linken Seite und kommen gut und zuegig voran, einige Autofahrer winken froehlich, sie koennen sich wohl denken, warum wir hier auf der Strasse latschen. Auch einige LKW und Busfahrer winken, weichen zumeist gross aus, was wir dankend mit einem freundlichen Gruss zurueck quittieren. Einige der LKW und Busfahrer werden uns wohl eine ganze Woche lang immer wieder treffen, manche grinsen dann schon, wenn sie uns pasiseren. In Rafsbotn im kleinen Supermarkt staerken wir uns noch kurz und dann geht es weiter bis zu unserer angpeilten Uebernachtungsstelle am Leirbotnvatn-See. Das Wetter haelt alles bereit, was man sich so wuenscht oder auch nicht, aber bald darauf blicken wir ein letztes Mal zurueck nach Alta und die Bucht, dann geht es hinab zum See, wo wir kurz darauf unser Zelt aufschlagen.

Mit jedem Kilometerschild steigt die Vorfreude

Heute geht es frueh los, wir wollen weit ueber 30 Kilometer heute laufen, sodass wir es morgen bis nach Skaidi schaffen.

Gesagt ist manchmal leichter als getan und so zieht sich dieser Tag wie Kaugummi.

Zwar sind die Ausblicke in die weite Landschaft mitunter wirklich spektakulaer, aber die teilweise schnurgeraden Strassen und das Asphaltlaufen ziehen uns bald den Zahn, nur muehsam geht es voran, ohne den MP3-Player und einem guten Hoerbuch waere es heute ganz sicher richtig schwer, sich zu motivieren.

Es daemmert schon, als wir endlich bei der Samisiedlung Aisaroaivve unser Zelt aufschlagen. Voellig geschafft und mit schmerzenden Fuessen kriechen wir in unser gemuetliches Domizil, um unser Zelt herum liegt einiges an Schnee und es wird in der Nacht richtig frisch, das kann man jetzt schon erahnen. Die Nacht bricht bald herein und nur noch die Scheinwerfer der einzelnen Fahrzeuge auf der Strasse erhellen ab und an unser Zelt. Im Schein der Stirnlampe staerken wir uns, dann geht es ab in den muckeligen Schlafsack.

Unterwegs mit Norbert Krabbe und Harry Hole

Der Weg nach Skaidi ist aehnlich schoen, wie die Tage zuvor, allerdings nur dann, wenn man nicht unbedingt zu Fuss auf der Strasse unterwegs ist. Wir sichten die ersten Raeumfahrzeuge, die die Strassen abfahren und gucken, ob es fuer sie schon etwas zu tun gibt.

Machen wir es kurz, am Nachmittag erreichen wir Skaidi, diesen merkwuerdigen Strassen-Ort an der Kreuzung der E6 nach Hammerfest und Kirkenes. Bei dem Gedanken muss ich dann aber doch schmunzeln, Kirkenes und Hammerfest, das hoert sich nun aber wirklich an wie ganz weit im Norden.

Im Motel hatten wir reserviert, aber vorher gibt es noch eine Portion Pommes. Die Portionsgroesse, nun ja, ist nicht unbedingt gemacht fuer hungrige NPL-Wanderer, aber fuer den ganz kleinen Hunger schon ganz okay.

Das Zimmer, Anni wollte es mir ja nie so recht glauben, besticht durch die Aussicht auf den oertlichen Bauhhof. Aber sei es drum, es ist gerauemig hier, es ist warm und eine kleine Kueche gibt es auch. Wir kaufen noch im kleinen Shop der Tankstelle ein, der mehr zu bieten hat, als man denken mag. Und die Preise sind auch ganz okay, wenn man bedenkt wo man ist. Und schon bald bricht auch hier der Schleier der Nacht ueber uns herein, diesmal zusaetzlich in Form von ganz fiesem Schneeregen, der die Strassen am naechsten Morgen zu einer Schlittschuhbahn macht. Zum Glueck liegen wir im warmen Bett und freuen uns ueber die gut funktionierende Heizung!

Nach Olderfjord ist es nicht weit, aber auch diese 23 Kilometer wollen gelaufen werden. Also kurz nach dem Loslaufen den MP3-Player gestartet und den Koerper auf Autopilot gestellt, Arme und Beine zu einer rotierenden Scheibe werden lassen und so gut es geht der Strasse folgen. Zwischendurch zeigt Frau Holle mal kurz, was sie kann und huellt uns humorlos in ein weisses Kleid, na toll, jeder vorbei fahrende LKW zieht eine schoene Fahne Spruehnebel hinter sich her, so muss das sein, nicht!

Das letzte Stueck hinab nach Olderfjord zieht sich dabei besonders fies, aber darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an.

Im kleinen Ort angekommen, checken wir als erstes das Angebot im hiesigen „Supermarkt“ und mieten uns dann auf dem Campingplatz im Hostel ein. Da ist es zwar warm, aber die Gemuetlichkeit ist im Laufe der letzten Jahrzehnte leider etwas verloren gegangen. Es gibt zwar auch ein Hotel am Campingplatz, in das wir auch liebend gerne gegangen waeren, aber aus irgendwelchen Gruenden versagte uns der Angestellte am Telefon bei der Reservierung dieses. Geschlossen fuer die Saison, war die knappe Antwort. Als ich dann nach dem Einkauf im an den Platz angeschlossenen Souvenirladen vorbeigehe, in dem jetzt wieder Licht ist weil einige Leute einchecken wollen, treibt mich die Neugier hinein. Und siehe da, ich spreche kurz mit dem Chef und wir koennen ins Hotel umziehen. Das hat zwar wirklich geschlossen und Fruehstueck wird auch nicht serviert, aber wir bekommen dennoch ein Zimmer, haben das ganze Hotel also fuer uns ganz alleine. Soll uns sehr recht sein!

Spaeter kommt noch Thomas mit seiner Frau Nadine vorbei, wir hatten die beiden ja schon in Alta getroffen, nun waren sie noch einmal mit dem Leihwagen am Nordkapp und machen auf der Rueckfahrt nach Alta noch kurz Pause bei uns. Ein kurzer Plausch, dann sind sie weg, morgen geht es fuer die beiden zurueck nach Deutschland. Wie gross wohl der Schock fuer Thomas werden wird, wenn er nach ueber 4 Monaten Wanderschaft in Duesseldorf am Flughafen aus dem Flieger aussteigt?

 
 
 
 
 
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Das da hinten ist Honningsvåg auf Magerøya – noch 3 Tage bis zum Nordkapp ?. Ein Gefühl von Abschied liegt in der Luft. Der Herbst weicht langsam dem Winter, die bunten Farben des Fjells dem monochromen Weiß des Schnees. Wir spüren, es ist okay, dass es zu Ende geht, in und um uns ist alles auf Umbruch gepolt. Aber seit ich das erste Stück offenen Meeres gesehen habe, fühle ich mich jetzt schon angekommen. Das Meer hier hat nichts von der Lieblichkeit der Südküste, es braucht ein dickes Fell und gegerbte Haut, um es mit ihm aufnehmen zu können. Morgen besteigen wir unsere persönliche Nautilus und sinken 212 Meter unters Meer ⚓ der Nordkapptunnel ruft! #zusammendurchNorwegen #norgepålangs #porsanger #magerøya #nordnorgepåsittbeste #ignorge #wanderlust #fernweh #utpåturaldrisur #liveterbestute #outsideisfree #natureseekers #finnmark #hikingnorway

Ein Beitrag geteilt von Anni fra Tyskland (@annischmackofatzi) am

Von Olderfjord geht es am Tag darauf weiter, nun auf der E69-Strasse.

Zwei Wanderer, ein Fjord

Ob wir in drei oder vier Tagen nach Honningsvåg kommen, wollen wir uns offen lassen, je nachdem, wie sich die Fuesse anfuehlen. Wir folgen fast durchgehend der Kuestenlinie, stets haben wir den Porsangerfjord in Sichtweite.

Die Sonne scheint und wir geniessen es fast, hier unterwegs zu sein. Gemeinsam haben wir entschieden, dass wir der Strasse folgen wollen, die Moeglichkeit nochmal im Fjell unterwegs zu sein ist zwar reizvoll, erscheint uns aber zu unsicher. So spulen wir Kilometer um Kilometer ab, kommen gut voran. Nach fast drei skandinavischen Meilen finden wir kurz vor dem Sortviktunnelen einen guten Zelplatz und betten uns dort fuer die Nacht.

Heute muessen wir uns entscheiden, ob wir es in drei oder vier Tagen schaffen wollen. Wir vertagen die finale Entscheidung und laufen erstmal los.

Nach knapp 17 Kilometern kommt das ganz kleine Doerfchen Repvåg in Sicht. Der Campingplatz mit Hotel dort hat zu, wird renoviert. Aber ein Hinweis-Schild zu einer Unterkunft mit russischer Schrift weckt mein Interesse, und so google ich kurz, rufe bei einer Telefonnummer an und kurz darauf haelt ein Jeep mit russischen Nummernschildern neben uns, eine junge Frau begruesst uns und nimmt uns mit nach Repvåg zu ihrem Hotel. Der kleine Fischerort liegt nicht direkt an unserer Route, da ist die kurze Autofahrt schon sehr willkommen. Das Hotel entpuppt sich als einfache aber saubere Unterkunft, ohne grosse Schnoerkel, aber mit einer Heizung, sehr gut. Da die Unterkunft aber auch hier irgendwie schon fuer den Winter eigentlich geschlossen hat, gibt es leider nichts mehr zu essen, im Sommer gibt es eine Art Restaurant. Wir schwatzen der Betreiberin, natuerlich gegen Bezahlung, noch eine Tuete Chips ab, die eigentlich aus ihrem Privatbestand stammt. Ach ja, faellt es ihr dann noch ein, im Restaurant servieren wir sonst immer Koenigskrabben, diese Riesenkrebse, die eigentlich aus Kamtschatka stammen und von den Russen hier oben bei Kirkenes ausgesetzt worden sind und sich nun bis weit nach Norwegen ausgebreitet haben. Die werden hier gefischt und serviert. Und da sie gerade dabei ist, welche zu kochen und einzufrieren, koennten wir welche abhaben.

Wir muessen nicht lange ueberlegen und kurz darauf liegen auch schon einige riesige Krebsbeine vor uns, die wir uns genuesslich schmecken lassen. Was fuer ein abgefahrener Tag, der so zaeh begann und dann solch eine herrliche Wendung bekam!

Das Brøytebil laesst gruessen

Am naechsten Morgen nehmen uns zwei andere Gaeste der Unterkunft mit zurueck zur Strasse und weiter geht der Polarexpress der Route E69.

Die Beine und Fuesse sind heute gut, sodass wir schnell und gut voran kommen. Auch wenn das Wetter ziemlich wechselhaft ist und wir am Ende des Tages noch eine kleine Dusche abbekommen, stehen am Ende bald 29 Kilometer auf der Uhr und das beste ueberhaupt: Wir koennen hinueber bis nach Honningsvåg sehen! Das Nordkapp ist nun nicht nur ein Name auf dem Strassenschild, es wird nun wirklich langsam greifbar!

Kurz vor dem Nordkapp-Tunnel frischt der Wind richtig auf, er blaest uns fast von der Strasse und wir haben etwas Muehe, einen Zeltplatz zu finden, der nicht so krass dem Wind ausgesetzt ist. Das gelingt aber nach kurzer Suche ohne grosse Probleme. Der Regen prasselt aufs Zelt, aber wir haben es im Zelt richtig schoen gemuetlich!

Glueck auf, der Steiger kommt!

Heute ist einer der grossen Tage der Tour: Es geht durch DEN Tunnel! Der Nordkapp-Tunnel! Der Hammer! Nachdem das Zelt im Rucksack verstaut ist, geht es los! Also fast, vorher muessen natuerlich noch einige Photos usw. gemacht werden!

Dann ist es soweit, und wir begeben uns auf Tauchstation, es geht hinab unters Meer. Fast 7 Kilometer lang und ueber 200 Meter unter dem Meeresspiegel laufen wir hinueber zur Insel Magerøya! Was fuer eine Erfahrung!

Insbesondere fuer Anni, ich hatte ja bereits einmal das Vergnuegen! Es geht gut voran, wir machen ein paar Faxen, schiessen Photos, machen Videos. Aber jedesmal, wenn ein Auto, Bus oder LKW vorbei faehrt, donnert es in dem Tunnel, dass einem beinahe das Blut in den Adern gefriert. Es ist wirklich schwer zu beschreiben, man muss es wohl am besten einmal selbst erlebt haben!

Der Rest des Tages ist schnell erzaehlt. Mit Hoerbuch und Musik auf den Ohren geht es bis nach Honningsvåg. Bei mir stellen sich langsam gemischte Gefuehle ein. Am Dienstag geht es weiter und am Mittwoch gegen Mittag wollen wir am Ziel sein. Noch zweimal schlafen – und was kommt dann?