Ostern steht vor der Tür und damit die Frage, was unternehmen wir an diesem langen Wochenende? Nach einigem Hin und Her rückt schnell wieder der HW1 am Nordrand der Schwäbischen Alb in den Fokus, den wir ja im letzten Jahr bereits etappenweise in Angriff genommen hatten. Wir kramen die Landkarte hervor, sehen uns mögliche Etappen an und nehmen uns vor, vom Endpunkt unserer letzten Etappe in Jungingen bis ungefähr nach Bad Urach zu laufen.

Ungefähr 70 Kilometer in drei Tagen wären das, also recht entspannt, die Tage werden ja auch gerade wieder länger. Da wir  ganz in der Nähe wohnen, können wir ja bei sehr schlechtem Wetter auch ohne Probleme abbrechen bzw. unsere Tour auch variieren, die guten Verbindungen mit Bus und Bahn machen es möglich. Gesagt getan. Die Wettervorhersage ist auch nicht schlecht und so erledigen wir noch letzte Besorgungen.

HW1 statt Hardangervidda – unsere Påsketur auf der Schwäbischen Alb

Am Gründonnerstag geht der Arbeitstag flott von der Hand und um kurz nach 16 Uhr besteigen wir den Zug Richtung Ausgangspunkt. Wir steigen zwei Mal um und sind trotzdem innerhalb von etwas mehr als einer Stunde bereits da, wo es diesmal für uns losgehen soll.

Die Rucksäcke sind noch recht voll mit Leckereien und etwas schwer, den Feiertagen sei Dank, als wir den ersten Schildern des HW1 durch den kleinen Ort Jungingen folgen. Wie immer ist der Start am Albtrauf auch mit einigen Höhenmetern verbunden, denn will man die herrlichen Aussichten hier genießen, muss man sich diese erstmal gewissermaßen verdienen. Also nichts wie los!Wir lassen das spätnachmittagliche Jungingen hinter uns und steigen durch das Naturschutzgebiet Bürgele immer weiter auf. Der Schweiß fließt mittlerweile in Strömen, der Weg wird steiler und wir halten immer mal wieder inne, um ins Killertal zu blicken. Woher dieser Name stammt, keine Ahnung, Gedanken darüber will ich mir lieber nicht machen.

Der Aufstieg ist bald darauf geschafft, der Wald um uns herum wird nun vom warmen Abendlicht durchflutet. Wir treffen nur noch ganz vereinzelt andere Leute, bald darauf sind wir ganz allein unterwegs. Am Aussichtspunkt Köhlberg erhaschen wir noch die letzten Sonnenstrahlen, die die Burg Hohenzollern spektakulär in Szene setzen.

Kurz darauf geht es weiter und wir suchen uns ein Plätzchen für die Nacht, die kurz darauf langsam einbricht. Nach einiger Zeit steht der Mond bald voll über uns, und taucht die Umgebung in eine spannende Umgebung.

In der Ferne leuchten die Lichter der nächsten Ortschaft und wir bereiten uns ein leckeres Abendessen zu. Der Auftakt dieser Etappe war ja bereits überaus vielversprechend, schauen wir mal, was der Tag morgen für uns bringen wird.

Ein Sonnenaufgang wie aus dem Oster-Bilderbuch

Die Zeltplatzwahl erweist sich als überaus geschickt, den wir werden am Morgen von den ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages geweckt. Über Nacht gab es noch Frost, aber nun steigt die Sonne immer höher an den Horizont und dabei steigt auch die Temperatur im Zelt. Das Frühstück und den ersten Kaffe des Tages nehmen wir entsprechend zufrieden ein, mit wärmenden Sonnenstrahlen im Gesicht fällt einem doch alles ein wenig leichter.

Kurz darauf geht es für uns zurück auf den Trail bzw. den HW1. Als Tagesziel haben wir uns das etwa 25 Kilometer entfernte Wanderheim auf dem Rossberg gesetzt, es warten einige Höhenmeter auf uns. Der Weg folgt wieder dem Albtrauf, durch den lichten Laubwald kommen wir gut voran.

Bald darauf erreichen wir auch schon den Dreifürstenstein, einen großartigen Aussichtspunkt, an dem sich der Sage nach die Fürsten von Württemberg, Hohenzollern und Fürstenberg einst zu Verhandlungen trafen, denn an diesem Punkt trafen sich alle drei Fürstentümer. Wie dem auch sei, der Platz für ihre Verhandlungen war wirklich gut, und so genehmigen wir uns bei der Aussicht eine längere Pause.

Bevor es für uns abwärts nach Talheim geht, passieren wir noch den gewaltigen Bergrutsch am Hirschkopf. Hier rutschten 1983 gewaltige Erdmassen hinab ins Tal. Beim Anblick schaudert es mich ein wenig, wie es wohl gewesen ist, die Geräuschkulisse und der Anblick dieses Ereignisses müssen gewaltig gewesen sein.

Nachdem wir am Bergrutsch vorbei aus dem Wald treten, folgen wir einigen Landwirtschaftswegen hinab nach Talheim. Es ist Karfreitag und somit Feiertag, aber wir treffen nur wenige Leute und das Wetter ist immer noch gut. Was will man mehr, wir hätten gedacht, es sei mehr los.

In Talheim begrüßt uns dem Feiertag entsprechende Ruhe, niemand ist auf der Straße, die wenigen Geschäfte (in denen man im Übrigen ansonsten alle möglichen Grundnahrungsmittel bekommt) haben geschlossen, nur der Blumenladen hat offen, ach nee, man hat einfach die Waren vor die Tür geräumt und eine Selbstbedienungskasse dazu gestellt. Wir wollen bzw. brauchen aber nur etwas Wasser, zu Essen haben wir ja genug dabei.

Eine ruhige Landpartie – dem Feiertag sei Dank!

Das Trinkwasser finden wir kurz drauf am örtlichen Friedhof, der malerisch etwas oberhalb des Ortes direkt an der Talheimer Bergkirche liegt. Nach einer kurzen Stärkung geht es weiter, ein kerniger Anstieg hoch zum Riederberg liegt nun vor uns. Über schmale Pfade voller Laub aus dem letzten Jahr geht es bergan, bald 250 Höhenmeter haben wir oben zusätzlich auf der Habenseite, nur um kurz darauf wieder negative Höhenmeter einzusammeln. Es geht abwärts und dann wieder aufwärts durch herrlichen Laubwald, eine einzige Albtrauf-Achterbahn heute. Beim Gedanken an das eiskalte Ziel-Getränk auf dem Rossberg läuft mir das Wasser im Munde zusammen, während die Schweißperlen von der Stirn auf die Brille tropfen. Herrlich.

Kurz bevor wir den Aussichtspunkt am Bolberg erreichen, überqueren wir noch große Wiesenflächen. Hier pfeift der Wind ganz ordentlich, man kühlt ganz rasch aus, trotz der Sonne am Himmel.

Am höchsten Punkt im Kreis Reutlingen auf 880 Metern angelangt, erwartet uns mal wieder eine spektakuläre Aussicht. Man wird einfach nicht müde, sich staunend auf einer der vielen Bänke niederzulassen und in die Ferne zu blicken. Der Alltag ist in solchen Momenten herrlich weit weg und wenn nach jedem dieser Anstiege so ein Ausblick wartet, nimmt man die kurzen, knackigen sportlichen Einlagen doch gerne in Kauf.

Das Tagesziel Rossberg liegt von jetzt an nicht mehr weit entfernt, jedenfalls wenn man die Luftlinie betrachtet. Nimmt man aber das Höhenprofil zur Hilfe, na dann sieht die Sache schon etwas anders aus. Aber man hört die Zwiefalter-Sirenen schon vom Rossberg-Turm aus rufen: Kommt! Kommt bald! Ein eiskaltes Radler wartet hier schon auf euch!

Also los, der Abstieg zum Hirschhäusle ist schnell geschafft, von nun an geht es eigentlich nur noch aufwärts. Zum Glück ist der Anstieg über einen Forstweg gut zu gehen, auch wenn es langsam einige Körner kostet. Am Wanderparkplatz sammeln wir noch einmal kurz Kräfte und dann wartet der Endgegner auf uns, sprich der Schlussanstieg zum Wanderheim Rossberghaus. Aber auch den schaffen wir noch und nach etwa 24 Kilometern und insgesamt 800 Metern Anstieg bei herrlichstem Wanderwetter wandern dann endlich auch die Wanderstöcke in die Ecke und ein wenig platt lassen wir uns in der Gaststube nieder. Das nun servierte Kaltgetränk schmeckt mindestens so gut, wie wir es uns nach all den Höhenmetern heute vorgestellt haben.

Als wir dann aus dem Fenster der Stube blicken, ändert sich das Wetter im Nu. Große Regenfahnen ergießen sich aus den Wolken, die sich am Albtrauf stauen. Sauber, da haben wir ja alles richtig gemacht und die Entscheidung heute hier im Wanderheim zu übernachten erweist sich ebenfalls als glückliche Fügung. Kurz darauf verdunkelt sich der Himmel vor dem Fenster vollends und es wird Zeit, unser kleines gemütliches Zimmer zu beziehen und die Duschen aufzusuchen.

Zimmer statt Zelt, Regen statt Sonne

Das Abendessen schmeckt und der Durst wird ebenfalls gelöscht, ein wunderbarer Wandertag neigt sich langsam dem Ende entgegen, auch wenn es eigentlich noch früh am Abend ist. Wir sind gut geschafft, draußen regnet es Bindfäden und die Regentropfen prasseln auf das Dachfenster unseres Zimmers. Ich kann die Augen kaum noch offen halten, widme mich aber noch tapfer meinem Osterkrimi. Hygge nennt man das glaube ich – gute Nacht! 

Die Aussichten am Albtrauf? Immer gut!

Oha denke ich nur, als ich am Morgen aufwache. Ich sollte mal lieber wieder öfters wandern gehen, dann fällt der Muskelkater auch nicht so doll aus. Wir frühstücken ganz entspannt und checken dann aus, der Trail hat uns bald wieder. Wer will, kann hier im Rossberghaus sogar im Turmzimmer übernachten, die Aussichten sind vor allem bei gutem Wetter spektakulär!

Langsam starten wir in den Tag und steigen hinab vom Rossberg. Die Sonne lässt sich noch nicht blicken, aber auch so ist das Wetter super zum Wandern. Nicht zu warm, trocken, einfach perfekt.

Der Ort Genkingen ist schnell erreicht und wir stärken uns beim örtlichen Bäcker. Auch hier findet sich alles Mögliche, um sich für eine mehrtägige Tour zu versorgen. Weiter geht es, heute steht eines der absoluten Highlights dieser Etappe auf dem Programm: Das Schloss Lichtenstein.

In Lichtenstein ist die Welt noch in Ordnung

Auf und ab folgen wir dem HW1 durch die Laubwälder hin zur Nebelhöhle. Die Karte der Gastwirtschaft dort liest sich ganz hervorragend, aber es ist noch früh am Tag und wir wollen noch ein gutes Stück weiter gehen. Und so lassen wir auch die Nebenhöhle Nebelhöhle sein, weiter geht’s zum Kalkofenhaus, wo wir eine Abkürzung nach Lichtenstein nehmen. Eines der touristischen Epizentren der schwäbischen Alb erwartet uns dort, der Parkplatz ist voller Autos, Stimmen aus Russland und den USA erklingen friedlich nebeneinander beim Anstehen zur Besichtigung des Schlosses.

Wir als harte Thruhiker aber sind an der Besichtigung nicht ganz so stark interessiert, uns locken eher Apfelkuchen und Kristallweizen aus dem Selbstbedienungs-Kühlschrank der nahen Einkehrmöglickeit. So verbringen wir unsere Pause in der Sonne und lassen es uns gut gehen. Für den Abend nehme ich noch ein Bier auf die Hand mit, gut, dass der kleine Rucksack so große Fächer an den Seiten hat.

Nach der ausgiebigen Pause geht es weiter, wir wollen noch bis hinter Holzelfingen kommen. Den Abschnitt kennen wir etwas, denn der Burgenweg führte uns dort bereits auf einer Wanderung entlang. Die Aussichten hier sind wieder einmal der Knaller, man kann es nicht oft genug sagen. Selten habe ich einen Wanderweg erlebt, der so viel Spaß macht.

In Holzelfingen angelangt, stocken wir unsere Wasservorräte ein wenig auf, pausieren in der Abendsonne und stärken uns für den Tagesendspurt. Die Schritte werden kürzer, der Tag wird länger.

Gemächlich geht es weiter, irgendwo am Göllesberg wollen wir heute unser Lager aufschlagen. Am Landgasthof Stahleck bekommen wir netterweise noch Wasser, dann ist es auch nicht mehr weit bis zum Feierabend für heute.

Während ich ungläubig auf meine Handy-App und die Bundesligaergebnisse starre, finden wir einen Platz für unser gemütliches mobiles Heim. Bei den letzten wärmenden Sonnenstrahlen des Tages bereiten wir unser Abendessen zu, es könnte uns schlechter gehen, das steht mal fest.

Die Nacht war etwas unruhig, der Vollmond hat einige Jäger auf den Posten gerufen, durch die Dunkelheit hallen dumpfe Schüsse, das Jagdhorn kündet im Morgengrau von der erfolgreichen Strecke. Hoffentlich musste der Osterhase nicht dran glauben!

Schnee am Ostersonntag – alles fast wie in Norwegen

Beim Frühstück rieselt ein wenig Schnee aufs Zelt, wir haben es also heute nicht eilig und lassen uns Zeit. Heute wollen wir „nur“ 17 Kilometer bis nach Bad Urach laufen, das sollten wir ohne Stress bis zum frühen Nachmittag hinbekommen.

Das Wetter ist beim Aufbruch eher usselig und ungemütlich, ein Tag auf dem Sofa wäre jetzt auch nicht verkehrt. Aber egal, wir lassen es gemütlich angehen und bald darauf erreichen wir das Schafhaus vom Haupt- und Landesgestüt Marbach. Für den interessierten Fachmann: Hier befindet sich die Schafprüfstation des Gestüts sowie Stutfohlenaufzucht und auch die Ruhestandspferde findet man hier.

Das Wetter wird nicht besser, als wir zum Wildgehege an der Eninger Weide gelangen. Nichtmal das Wild lässt sich blicken und macht es sich wohl lieber im Unterholz gemütlich. Der Blick über Pfullingen und Reutlingen ist eher mäßig, die Stimmung bei uns so langsam auch, das Wetter lädt nicht unbedingt zum Wandern ein, aber wir haben alles für uns allein, auch nicht schlecht.

Kurz lernen wir noch etwas über die hiesige Stromversorgung, wie bei der Sendung mit der Maus in der Live-Version am Speicherbecken Glems. Davon hatten wir hier noch nie gehört, spannend und wie ein Ufo hoch oben im Wald gelandet.

Zum Glück wartet kurz darauf bei dem Wetter das Wanderheim Eninger Heide mit seiner warmen Stube auf uns. Wir lassen uns auch nicht lange bitten, kehren ein. Außer uns ist nur noch ein kleiner Stammtisch rüstiger Albvereinsmitglieder dort, die sich ihr wohlverdientes Sonntagmorgen-Bier schmecken lassen. Wir halten uns an Kaffee, Kuchen und Maultaschen bevor der Endspurt des Tages auf dem Programm steht.

Das Wetter hat sich nun etwas beruhigt, aber die Landschaft ist von einer bleiernen Tristesse gezeichnet. Eine Pause gibt es jetzt nur noch am Aussichtsturm Hohe Warte, aber die Aussicht ist heute nicht der Rede wert. Schade.

Wir nähern uns nun immer mehr dem Abstieg hinab zum Bad Uracher Wasserfall. Der Wind bläst die Regentropfen hier oben auf der offenen Wiesenfläche beinahe waagerecht, ein Sturm in der Waschküche, erfüllt von Sprühnebel. Die Ausflugslokale haben heute sicher mit einem großen Ansturm gerechnet, aber die Leute bleiben vermutlich lieber daheim in der gemütlichen Stube.

Der Abstieg hinab zum Wasserfall ist glitschig und steil, heute leider keine Genusswanderung, denn immerhin wurde der hiesige Wasserfallsteig 2016 zum schönsten Wanderweg in Deutschland gewählt.

Am eigentlichen Wasserfall gucken wir nur kurz nach dem Weg, entscheiden uns für die etwas kürzere Variante zum Bahnhof Uracher Wasserfall. Gegen 15 Uhr erreichen wir unser Etappenziel, passend dazu öffnet der Himmel seine Schleusen, na schönen Dank auch!

Der HW1 – net schlecht!

Uns aber ist es egal, denn die Tage auf dem HW1 waren wieder ganz wunderbar. Schnell holen wir den Gaskocher hervor und machen uns ein Heißgetränk, warten so gemütlich auf die Bahn, die uns bald schon wieder zurück nach Hause bringen wird. Und so liegen drei abwechslungsreiche und schöne Tage auf dem Nordrandweg der Schwäbischen Alb hinter uns. Der Weg hat uns auch diesmal sehr gefallen, wir waren oft ganz alleine unterwegs und die Mischung aus touristischen Hot-Spots, Aussichten, schmalen Pfaden und kleinen Orten ist absolut empfehlenswert. Die nächste Etappe ist schon in Planung, während die Waschmaschine ihre Runden dreht und die Ausrüstung wieder trocken im Keller verstaut ist.

1 Kommentar

  1. Oh ja… schöne Erinnerungen an die Zeit im Ländle kommen da hoch. Danke für die vielen tollen Bilder und die kleine Gschichte dazu!

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