Direkt am Wochenende nach der langen letzten HW1 Etappe ziehen wir wieder los. Diesmal nur als Tagestour, aber das tut dem Wanderspaß keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Die gute Anbindung mit den Öffentlichen macht uns die Anreise bei strahlendem Wetter ziemlich einfach. Wir lassen unser Auto in Metzingen am Bahnhof stehen, nutzen für die Hinfahrt den Zug und wollen am Abend mit dem Bus zurück sein. Alles ganz bequem und ohne Stress – besser geht’s nicht.
Der Zug verlässt pünktlich den Bahnhof und bringt uns rasch nach Bad Urach, mit uns sind am frühen Sonntag morgen nur einige versprengte Partypeople, die wohl aus Stuttgart kommen und zurück in die Heimat fahren. Waren wir früher auch mal so drauf? Ich kann mich wirklich nicht mehr daran erinnern.
Als wir den Zug verlassen stehen wir im Grunde schon mitten in Bad Urach, die ersten Wanderschilder sind schnell erkannt. Es gibt hier zahlreiche Wanderwege mit den entsprechenden Übersichtskarten, man merkt, dass man hier in einer Kurregion ist. Die Tourismus-Verantwortlichen haben sich viel Mühe bei der Beschilderung gegeben.
Wir folgen also den HW1 Schildern und gelangen bald schon hinaus aus dem Städtchen. Der Weg wird uns von nun an bergan in Richtung des Dörfchens Hülben führen. Der Anstieg ist gemächlich, lässt sich gut gehen und bietet einen herrlichen Ausblick zurück auf das morgendliche Bad Urach.
Nun geht es erstmal in den frühlingshaft lichten Laubwald, den es hier am Albtrauf oft gibt. Mitten auf einem Holzstoß sitzt jemand und scheint auf etwas zu warten oder Pause zu machen. Wir nähern uns ihm und dann gibt es erstmal ein großes Hallo!
Von Jotunheimen hin zum Albtrauf
Was für eine Überraschung! Es ist Peter, den ich im Herbst 2016 zusammen mit seinem Sohn auf der Olavsbu Hütte getroffen habe. Er wohnt in Hülben und ich hatte ihm geschrieben, dass wir heute auf dem HW1 durch Hülben laufen – und nun sitzt er hier einfach im Wald auf einem Holzpolter und hat auf uns gewartet! Wie cool!
Überaus cool ist die Geschichte, wie wir uns damals getroffen haben. Zusammen mit meiner Freundin Anni und meiner guten Freundin Johanna waren wir damals auf einer Kurztour im Fjell, wir wollten von Fondsbu / Eidsbugarden aus zum Fjellfilmfestival nach Gjendesheim wandern und in der Olavsbu Hütte übernachten. Die große Hütte war relativ voll, als wir ankamen. In der Stube saßen wir bei einer Dose Ananas am Esstisch, als Johanna zu mir sagte: „Mensch Simon, wie hast du das mit dem großen Gepäck bloß 140 Tage lang so ausgehalten? Ich fand das heute schon mega anstrengend!“, es war Johannas erste richtige Fjelltour in Norwegen. Am Tisch saßen damals Peter und sein Sohn Fabian, sie blickten ungläubig von ihren E-Book Readern auf und guckten uns fassungslos an: Beide lasen gerade mein Buch und erkannten jetzt, dass der Autor direkt neben ihnen stand!
Was für ein cooler Zufall und wir kamen direkt ins Gespräch, quatschen noch lange über alles mögliche. Am nächsten Morgen frühstückten wir noch gemeinsam und brachen alle auf in Richtung Gjendebu Hütte, wo wir die Fähre über den Gjende-See nahmen. Da Peter mit seiner Familie so wie ich im Ländle lebt, trafen wir uns nach der Tour auch zurück in Deutschland bei meinem Vortrag in Tübingen.
An diesem wunderbaren Frühlingstag treffen wir uns also wieder, sitzen kurz darauf bei Kaffee und Kuchen bei Peter im Wohnzimmer und erzählen uns gegenseitig von unseren vergangenen Touren und Plänen für dieses Jahr. Die Überraschung ist groß, als wir berichten für eine längere Wanderung nach Norwegen zu gehen.
Die Pause bei Peter fällt länger aus als gedacht, aber schön ist es, sich so entspannt über das gemeinsame Hobby auszutauschen. Wir verabschieden uns und versprechen, uns zu melden wenn wir wieder in der Nähe sind! Das machen wir ganz bestimmt!
Von Hülben aus geht es kurz entlang der Hauptstraße, bevor wir abbiegen in Richtung des örtlichen Segelflugplatzes. Hier ist heute richtig was los, von Weitem schon hört man Blasmusik und als wir uns weiter nähern, entdecken wir auch einen Bierausschank.
Flieger, grüß mir die Sonne!
Oh man, jetzt hier einfach entspannt in der Sonne sitzen und ein kühles Blondes zischen wäre jetzt nicht schlecht, aber so weit sind wir heute noch nicht gekommen. Es geht also weiter für uns, aber den Start eines Segelfliegers mit Hilfe der Motorwinde lassen wir uns nicht entgehen. Das sieht schon cool aus, wie schnell die Flugzeuge beschleunigen und wie rasch sie mit Hilfe der Winde in die Höhe katapultiert werden.
Weiter geht es ein Stückchen parallel auf dem Gustav-Strömfeld-Weg, der noch lichte Laubwald bietet etwas Schutz vor der nun schon sehr prallen Sonne. Am Boden finden wir mitunter große Flächen mit Bärlauch, die einen angenehmen Duft verbreiten. Warum zahlen die Leute im Supermarkt eigentlich viel Geld für dieses Kraut, wenn es im Frühjahr im Wald so unglaublich viel davon umsonst gibt?
Wir überqueren die Landstraße an der Neuffener Albsteige und stehen alsbald an der sogenannten Brille, einem Aussichtspunkt mit Ausblick auf die Burg Hohenneuffen. Wir lassen die Burg aber heute links liegen, wir waren schon mehrfach dort und heute steppt dort der Bär, der Parkplatz in der Nähe der Burg ist proppenvoll.
Der HW1 folgt an dieser Stelle wieder dem Albtrauf und wir entscheiden uns für eine Pause am Gleitschirmstartplatz Neuffen. Hier stehen schon einige andere Wanderer und sehen gebannt den Wagemutigen zu, wie sie sich mit ihren Gleitschirmen von hier aus in die Luft begeben. Auch einen Tandemstart können wir beobachten – ob wir selbst auch so mutig wären?
Den Abschnitt nun nach Erkenbrechtsweiler und weiter nach Owen kennen wir bereits von einer vorherigen Wanderung, aber das macht nichts, denn er ist gut zu gehen und bietet gerade am Ende einen wahnsinnigen Ausblick über das Albvorland. Und so geht es für uns schon an den Endspurt, auch wenn wir uns dafür reichlich Zeit nehmen. Gemütlich laufen wir durchs Dorf und verschwinden dann wieder im lichtdurchfluteten Wald. Die Stimmungen im Laubwald zu dieser Jahreszeit sind so cool, wenn die Lichtstrahlen sich durch das noch leicht kahle Astwerk ihren Weg bahnen.
Der schönste Fernwanderweg Deutschlands?
Am Brucker Fels ist die Aussicht bis hinüber zur Burg Teck einfach der Wahnsinn! Diese Ausblicke, die sich einem auf dem HW1 immer wieder bieten, machen den Fernwanderweg zu etwas ganz besonderem, vielleicht sogar zum schönsten Fernwanderweg in ganz Deutschland!
Die Aussicht hier ist so schön, dass gleichzeitig mit uns eine größere Gruppe anderer Wanderer dort ist, was ja zu erwarten war.
Das Tagesziel liegt nun bereits zu unseren Füßen, der Ort Owen wird heute der Endpunkt sein. Der Abstieg hinab geht schnell, der Weg ist teilweise ziemlich steil. Unten angelangt empfängt uns mal wieder duftender Bärlauch, langsam bekommen wir davon Hunger auf etwas Deftiges zu essen.
Durch blühende Wiesen führt uns der von Streuobstbäumen gesäumte Weg nun nach Owen. Der Ort ist sicher unter der Woche ruhiger als am Wochenende, wenn sich hier Touristenmassen mit laut knatternden Motorrädern und Autoschlangen hindurchwälzen, um zur weithin bekannten Burg Teck zu gelangen.
Unser Timing ist richtig gut, am Bahnhof angelangt können wir nach wenigen Minuten den Bus besteigen, der uns mit einem Umstieg in Neuffen zurück nach Metzingen zu unserem heutigen Ausgangspunkt bringt. Wir belohnen uns in Metzingen mit einem leckeren Eisbecher und machen uns dann auf nach Hause, eine weitere wunderbare Etappe auf dem HW1 liegt hinter uns!