Was für eine tolle Tour! Dies gleich mal voran gestellt! Anfang des Jahre ging es darum, was kommt als nächstes so an Touren? Was wäre mal schön auszuprobieren.

Bei Kaffee und viel Erzählen von meiner Langtour 2013 saßen wir bei Martin Hülle in Wuppertal zusammen. Schnell kam die Idee einer gemeinsamen Skitour auf. Gesagt – getan! Wir beschlossen zusammen mit meiner Freundin Anna eine Skitour durch den Rondane – Nationalpark im Süden von Norwegen zu machen. Von Hjerkinn aus nach Venabu und zwischendurch einfach mal sehen, was passiert und woher es geht. Ohne große Planung einfach los.

Zwei Wochen Schnee, kleinere Gipfel und Friluftsliv in einer Form, die ich nur allzu gerne kennenlernen möchte. Meine beiden Mitstreiter haben schon Erfahrung auf Wintertour, also los, auf ins Abenteuer.

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Norwegensehnsucht und Fernweh

Nur gab es zwei kleine Dinge, die ich irgendwie außer acht gelassen hatte. Ich kann absolut kein Ski fahren, habe das noch nie gemacht und die vorhandene Ausrüstung war auch irgendwie nicht so auf eine Skitour mit tiefen Temperaturen ausgelegt.

Nach kurzem Überlegen lieh ich mir bei meinen Kumpels Stephan und Ulrich eine Pulka und die notwendige Skiausrüstung. Im Keller stapelten sich schnell wieder größere Menge Ausrüstung und Verpflegung. So eine Wintertour schien mir die reinste Materialschlacht zu werden. Martin steuert auch noch Zelt, eine Pulka für Anna und allerhand kleinere und größere Dinge bei. Langsam konnte es los gehen. Vorfreude und Respekt wuchsen von Tag zu Tag. Ich gehe sogar am frühen Morgen Laufen, um fit für die Tour zu werden.

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Laufen zur Vorbereitung in der Morgenstunde

Als wir dann gemeinsam in Köln am Flughafen eintrafen, runzelte mein Vater, der mich gefahren hat, die Stirn. Es stapel sich drei Pulkas, ein großer Skisack, diverse Packsäcke. Die Blicke der anderen Reisenden und des Flughafenpersonals ob der ungewohnten Sportgeräte sprechen Bände. Irgendwie haben wir den Verdacht, dass wir so spät Abends einige Leute aus ihrem Feierabendschlaf aufwecken. Der Mann am Sperrgepäckschalter versucht,  besonders launig zu sein und fragt in breitem Kölsch, was das für Kanus seien und wo die Hunde dafür wären? Bedingt witzig, aber auszuhalten.

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Mein Gepäck – wohlgemerkt für nur eine Person

Schnell besteigen wir unseren Flieger nach Oslo und sammeln dann in Gardermoen ohne Problem all unser Gepäck ein. Jetzt kommt die nächste kleinere Hürde. Der Zug, der uns am Morgen gen Rondane bringen soll, wird ziemlich früh abfahren. Wir kommen aber erst nach Mitternacht an. Nach Oslo zu fahren und ein Hotel zu nehmen ist also zeitlich eher Unfug. So machen wir es uns in einer zugigen Ecke gemütlich, bauen eine Art Burg aus Gepäck und versuchen etwas Schlaf zu bekommen. Aber da ist wohl eher der Wunsch der Vater des Gedanken. Ziemlich gerädert sitzen wir am nächsten Morgen bei Kaffee und Matpakke von Anna beim Frühstück um dann den Zug gen Hjerkinn zu besteigen.

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Komfort-Hotel am Flughafen Oslo

Schließlich ist aber auch das erledigt, unser Gepäck im Gepäckwagen verstaut und wir machen es uns gemütlich um die Zugfahrt gen Rondane plaudernd hinter uns zu bringen. Allzu viel Schnee wird uns wohl nicht mehr erwarten, das ist auch aus den Tallagen schon zu beobachten. Aber egal, das wird schon, det ordner seg.

Gegen 13:30 Uhr ist es dann soweit, wir wuchteten unser Zeug aus dem Zug und begeben uns in den Aufenthaltsraum des kleinen Bahnhofs von Hjerkinn.

Es dauert eine ganze Weile bis wir uns sortiert haben und es endlich losgehen kann. Ich als totaler Anfänger stelle mich öfters mal ziemlich ungeschickt bzw. eher richtig doof an. Eine ungewohnte Art der Fortbewegung, so schlurfend auf Ski. Die Proberunde führt uns zur Hjerkinn Fjellstue um dort das vorab bestellte Benzin für den Kocher einzusammeln.

Auch das erledigen wir relativ zügig und verabschieden uns für die nächsten Tage von festen vier Wänden und einer warmen Stube.

Da es schon etwas später am Nachmittag wird, es reichlich bewölkt ist, laufen wir nicht mehr allzu weit. Für mich gerade recht, tue ich mich doch ziemlich schwer mit der ungewohnten Ausrüstung. Aber das ist schnell vergessen, als das Zelt steht, der Kocher vor sich hin surrt und wir es uns im Inneren beim Abendessen gemütlich machen. Etwas Wind kommt auf. Aber bald schon geht es zu Sack und wir verschwinden in den Daunentüten um Kräfte für den nächsten Tag zu sammeln.

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Traumhaftes Wetter

Am nächsten Morgen geht die Sonne auf, in allen Belangen. Im Zelt ist es schnell ziemlich warm und das Frühstück wird vor dem Zelt eingenommen. Die Abläufe, das Packen und alles was zu einer Tour im Winter dazu gehört, sind noch ziemlich ungewohnt für mich. Wieso braucht man am Morgen eine Schneeschaufel, wenn es zur Toilette geht? Fragen über Fragen. Aber irgendwann geht es dann endlich los. Den Bergrücken hoch gen Grimsdalsytta.

Schnee gibt es schon mal. Aber meine Fähigkeiten mit Ski und Pulka nötigten mir schon einigen Respekt ab. Da werde ich noch viel üben müssen, aber deshalb sind wir ja hier.

Und eigentlich möchte ich auch gar nicht weiter auf meine noch laienhaften Skikünste eingehen, sondern auf die Landschaft, die sich einfach als der absolute Hammer erweist. Zwar lugen hier und da noch reichlich Vegetation und Stein aus dem Schnee hervor, aber dieses für mich ungewohnte Landschaftsbild zieht mich sofort in seinen Bann. Wie geil ist das denn? Der absolute Hammer.

Wir ziehen bis ungefähr zur halben Strecke gen Grimsdalshytta und schlagen unser Camp auf. Anna machte noch einen kleinen Ausflug auf einen der nahegelegenen Hügel. Abendessen und die Abendgestaltung sind kurzweilig. Am nächsten Tag sollte es dann die erste größere Prüfung geben. Die Abfahrt hinab zur Grimsdalshytta. Ich hab mir das gar nicht erst auf der Karte angeschaut, das ist auch besser so. Nach Stürzen und überaus komischen Bewegungsabläufen, sind wir irgendwann endlich unten auf der Straße durch das Grimsdalen.

Zwischendurch bin ich kurz davor, meine gute Laune zu verlieren. Ich lege mich so oft auf die Fr…. äh Klappe, fluche so oft und habe ebenso oft echt Spaß! Besonders wenn die Ski einmal zehn Meter lang das machen, was ich möchte und ich nicht nur Passagier meiner eigenen Ausrüstung bin.

Über die sehr leicht verschneite Straße und den zugefrorenen Fluss geht es weiter das Tal hinab. Irgendwo unterhalb von Tollevshaugen sollte es eventuell eine Art Unterstand geben, wo wir ohne Zelt schlafen könnten.

Dort angekommen gibt es nur ein Plumpsklo und keinen Unterstand. Der Schnee ist so schlecht, dass die Schneeheringe keinen Halt finden. Meine Laune schwindet etwas, gelinde gesagt, als es sich langsam abzeichnet, dass wir Biwakieren müssen. Und das ist noch freundlich ausgedrückt, das Grinsen in den Gesichtern der anderen wird immer größer umso mehr mir die Gesichtszüge entgleiten. Ich bin ja eher nicht so der Freund vom Biwakieren, aber hier geht es einfach nicht anders. Also machen wir es uns rund um das Klohäuschen im Windschatten gemütlich. Meine Sorge frieren zu müssen, ist unbegründet. Drei Kilo Schlafsack um mich herum sind absolut ausreichend warm. Anna hat sowieso ihre Freude, liebt sie doch das Biwakieren draußen mit Blick zu den Sternen und dem Mond. Ich könnte mich so langsam auch daran gewöhnen 😉

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Mein Freund das Biwak – immerhin mit Toilette

Am nächsten Morgen begrüßt uns blendender Sonnenschein, das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite. Wahnsinn. Nach einem sehr ausführlichen Frühstück geht es los gen Doralseter, wir wollen ja auch endlich mal das Herz von Rondane zu sehen bekommen. Die Sonne trägt sehr zur guten Laune bei und bald laufen wir nur noch in Unterwäsche durch den Schnee, anders ist es bei der Sonne und Wärme schlicht nicht auszuhalten. So stellt man sich eine Skitour in Norwegen vor, so wie auf den Bildern des DNT immer zu sehen ist. Einfach herrlich.

Irgendwann kommen wir dann zu unserem Lagerplatz kurz vor dem Dørålen. Tolle Aussicht und Abendstimmung inklusive. Wie cool ist das denn.

Am nächsten Tag entscheiden wir uns für eine Tagestour ohne Pulka und das Urlaubsprogramm geht richtig los. Ich will auch gar nicht groß mit Einzelheiten der nächsten Tage langweilen. Es geht vorbei an Døralseter gen Rondvassbu. Wir laufen über den Rondvatnet und von dort langsam gen Venabu. Zum Schluss noch ein Stück über die Trollloipe.

Im Schneckentempo bewegen wir uns durch Rondane. Bestes Wetter gibt uns die Möglichkeit, viel Zeit an einzelnen Orten zu verbringen. Wir lassen es uns richtig gut gehen, haben viel Zeit zum Quatschen und Essen.

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Ein Traum – ohne Worte

Wir frönen dem Müßiggang und machen einige Tagesausflüg(chen). Einfach richtig Urlaub. Martin und ich lassen es sehr gemütlich angehen, Anna hingegen steigt noch unter anderem auf den höchsten Gipfel in Rondane, den 2178m hohen Rondslottet.

Die Tageskilometer sind überschaubar, die Pausen ausführlich. Die Sonne treibt uns am Morgen aus den Schlafsäcken, wirklich richtig kalt wird es nie. Schon sehr komisch. Aber wir wollen uns nicht beschweren, auf Schneesturm und Abwettern hat keiner von uns so richtig Lust.

Irgendwann geht dann auch der schönste Winterurlaub dem Ende entgegen. Als wir schließlich das Hotel in Venabu erreichen, kommt schon Wehmut auf. Hier hat uns der Trubel rasch wieder. Am nächsten Morgen soll der Troll Ski Marathon hier stattfinden. Überall laufen sehr sportliche Norweger herum und präparieren ihre Ski für den nächsten Tag und die 95km in der Loipe.

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Am Ziel in Venabu

Wir genießen die Annehmlichkeit einer heißen Dusche und eines großen Middagsbuffets. Aber irgendwie kommen wir uns auch etwas deplatziert vor. Unsere Gesichter glühen von der vielen Sonne in den zwei Wochen vorher und es ist immer wieder ein komisches Gefühl, wenn eine Tour zu Ende geht.

Die Rückreise beginnt nach dem erneut reichhaltigen Frühstück erst gen Mittag. Der Besitzer des Venabu Fjellhotells lädt uns und unsere gesamte Ausrüstung in den großen Sprinter-Bus und will uns höchstselbst nach Lillehammer zum Bahnhof bringen, schließlich habe in Ringebu eh nichts mehr auf und in Lillehammer könne man wenigstens etwas einkaufen oder Essen gehen. Okay, sehr gern. Martin lässt sich auf dem Beifahrersitz nieder und ist nun neben unserem überaus netten und sehr hilfsbereiten Hotelbesitzer nun ein ausgewiesener Fachmann in Sachen Ringebu und Umgebung. Ein kleiner Abstecher zur Stabkirche von Ringebu und es geht weiter gen Lillehammer. Erstaunlich wie viel der Mann über seine Heimat zu erzählen weiß.

Wo liegt der Gründer der bekannten norwegischen Kioskkette „Narvesen“ begraben? Ich glaube Martin wird es nie wieder vergessen 😉

In Lillehammer verabschieden wir uns dann von unserem Chauffeur und bedanken uns herzlich für die kurzweilige Fahrt. Nun müssen wir nur noch etwas Zeit bis zum Zug totschlagen. Martin und ich entscheiden, auf der Tour noch nicht genug zu essen gehabt zu haben.

Wir enteren den örtlichen Pizzabakeren. Eine Wand des Gastraumes ist komplett mit 1,5l Flaschen Softdrink voll gestapelt. Unglaubliche Zuckermassen verpackt in klebriger Brause stehen da herum. Da hätten wir vielleicht stutzig werden sollen. Aber wieso auch nicht, also direkt zwei mal das Angebot zu je 140NOK geordert.

Je eine Pizza von 40cm Durchmesser plus jeweils eine 1,5l Flasche Cola für uns. Als die Pizza vor uns steht, fallen uns fast die Augen aus dem Kopf. Nun verstehen wir auch, warum sich ansonsten vierköpfige Familien eine Pizza teilen. Krass. Ich glaube Martin hat mit 8/10 zu 7/10 unseren kleinen Pizzakontest gewonnen. Zusammen und gut gesättigt rollen wir zurück zum Bahnhof.

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Hab alles probiert – mehr ging nicht

Als wir Anna davon erzählen, bekommt sie sich vor lachen kaum noch ein und hält uns für völlig wahnsinnig. Schließlich hatten wir in den zwei Wochen vorher bestimmt nicht darben müssen.

Irgendwann kommt dann auch unser Zug zum Flughafen. Der ist allerdings völlig überfüllt und mit unserem Haufen Gepäck ist kein Platz mehr für uns. Also tragen wir mit Hilfe des freundlichen Bahnpersonals unser Zeug zum anderen Bahnsteig und nehmen einfach den nächsten Zug. Dann noch Schienenersatzverkehr aufgrund einer Baustelle ab Hamar. Auch hier hilft uns das freundlich Personal unser ganzes Gepäck zum Bus zu tragen.

Endlich und ziemlich spät am Flughafen angekommen, heißt es für uns wieder, das kleine, luftige Hotelzimmer in der Ecke der Ankunftshalle zu beziehen. Wir wissen ja schon wie es geht und bald sind wir schon wieder im Reich der leichten Träume und bequemen Betten. Der Rückflug am nächsten Morgen verläuft total ereignislos und schon bald stehen wir wieder bei herrlichem Sonnenschein mit Ski und unseren „Kanus“ in Köln am Flughafen.

Was für eine tolle erste Skitour für mich. Zusammen mit Martin und Anna war es einfach herrlich! Am Liebsten wären wir direkt weiter durch bis hoch zum Nordkap gelaufen…

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Drahtlos nach Hause

Vielen Dank an visitnorway für die freundliche Unterstützung bei unserer Tour durch Rondane!

5 Kommentare

  1. Hey Simon,

    unterhaltsamer Bericht mit tollen Fotos!
    Will auch schon seit längerem eine Wintertour machen und dein Bericht hat dies nur gesteigert.
    Erstmal ist aber wandern (ohne Schnee) angesagt: in 2 Wochen starte ich zusammen mit meiner Freundin in Kalifornien zum John Muir Trail.

    Viele Grüße

    THOMAS

    • Danke Thomas! Der Winter ist so cool und anders als der Sommer! Achtung Suchtfaktor! Viel Spaß euch auf dem JMT!

  2. Hallo Simon

    Endlich habe ich genug Verbindungskapazität um Deinen Bericht anzuschauen. Wow…!! Super Tour habt ihr da gemacht, man kann richtig Neidisch werden 🙂

    Gruss aus Helvetien

    Martin

    P.S.
    An Deinen „Alpin-Ski-Künsten“ können wird dann schon noch feilen, ich bin ja an der Quelle 😉

    • Hei Martin, ja es war einfach traumhaft schön! Auf den „Skikurs“ komme ich zurück – hab da dringend Bedarf 😉

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