Nicht viel los gerade hier im Blog. Leider. Zelten war ich das letzte Mal auf der Outdoor – Messe in Friedrichshafen und das Draußensein beschränkt sich derzeit auf die abendliche Joggingrunde oder den Weg mit dem Fahrrad zur Arbeit. Der Schreibtisch ist derzeit mein Fenster nach draußen.

Vor ein paar Tagen laß ich dabei einen Tweet von Johanna. Sie war auf einer großen Reise in Grönland und bekam zu Hause scheinbar so richtig Fernweh. Irgendwie kommt mir das bekannt vor. Und es will irgendwie nicht weggehen, dieses Fernweh.

Es ist wie das Gefühl, verliebt zu sein. Man hat sich so richtig in das unterwegs sein und die Ferne verliebt. Man sitzt zu Hause im Alltag und kann nur daran denken, wie es jetzt wäre, wieder unterwegs zu sein.

Oft werde ich mit Fragen zur Tour gelöchert, lese über meine Wanderung oder Berichte darüber. Jedes Mal werde ich dabei wieder in der Zeit zurück geschickt. Finde mich wieder, in Jotunheimen, Sylan, auf dem Kungsleden, in Alta oder am Nordkap.

Mit jedem Foto kommen die dazugehörigen Empfindungen sofort wieder hoch. Mit jedem Foto in Reiseberichten, auf facebook oder in Zeitschriften, egal ob von mir oder anderen, übermannt mich das Gefühl, wie es dort war. Echt krass. Und in 140 Tagen auf Wanderung gab es ziemlich viele Gefühle und Erlebnisse, die mir nachhaltig in Erinnerung sind.

kjoslo

Derzeit sitze ich viel am Schreibtisch. Auf der Arbeit, zu Hause. Schreibe E-Mails, plane neue Abenteuer und versuche das große vergangene Abenteuer in irgendeiner Form auch nur ansatzweise zu verarbeiten. Versuche ständig, das Unterwegssein in Gedanken zu verdrängen. Aber überall werde ich daran erinnert. Es bleibt kaum Zeit, die 140 Tage im letzten Jahr so richtig zu begreifen. Zu viel ist seit der Rückkehr passiert.

Als ich im letzten Jahr in Padjelanta unterwegs war, traf ich einen jungen Deutschen, der mich fragte: „Wie willst du all die Eindrücke und Erlebnisse überhaupt verarbeiten? Ich bin jetzt drei Wochen unterwegs und bekomme das kaum hin!“ Nach kurzem Nachdenken antwortete ich, dass ich ehrlicherweise keine Ahnung habe. Wirklich nicht.

Und genau so ist es bis heute. Es fällt mir schwer, die Tour richtig zu verarbeiten, einzuordnen. Es ist das Gefühl, verliebt zu sein. Man denkt jeden Augenblick an das Land, die Gegend die man so sehr mag und das Gefühl, wie es jetzt wäre, dort unterwegs zu sein. Man weiß, was, wie, wann und wo passiert ist. Man verbindet bestimmte Musik mit bestimmten Momenten. Dieser unfassbare Sonnenaufgang kurz vor Alta und dazu Eddie Vedders Musik im Ohr!

NPL 2013 Karte 09 091

Ich weiß noch ganz genau wie es war. Es war schweinekalt, meine Schuhe standen gefroren im Vorzelt, ich aß mit Genuss das ungeliebte Müsli. Ich hatte am Abend vorher richtig tolle Nordlichter gesehen und hatte es bis kurz vor Alta geschafft. Mir kamen einfach nur die Tränen, so toll war der Augenblick. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut beim Gedanken daran. Man ist einfach nur richtig verliebt in das hier und jetzt. Denkt nicht an Morgen und auch nicht an Gestern.NPL 2013 Karte 09 068

Sehe ich jetzt im Supermarkt eine Dose mit Ananasscheiben, weiß ich jedes Mal sofort, wo ich wie viele davon gegessen habe und wie es geschmeckt hat. Wie toll das Gefühl war, nach einem zehn Stunden Wandertag die letzte Dose Ananas in einer DNT Hütte zu entdecken. Aber es ist so schwer, dieses Gefühl in den Alltag zu retten. Die Ananasscheiben werden hier nie so gut schmecken, wie damals in der Sonne auf der Terrasse vor der DNT Hütte.

Man ist dann wieder zu Hause, schreibt etwas, versucht sich wieder in den Alltag einzufinden und schweift doch immer wieder in den Gedanken ab. Man vermisst das neu entdeckte dort draußen so sehr. Und schon kommt in einem wieder das ziemlich bekannte Gefühl hervor, dieses Gefühl. Verliebtsein. Das zu entdecken und zu finden, was einem so viel bedeutet. Das so gut zu einem passt. Das einen so sehr glücklich macht. Zu entdecken, dass es das nach langer Suche wirklich gibt.

Und dann sitzt man wieder am Schreibtisch, die Reise ist vorbei, man weiß, wie schön es dort war und jetzt gerade ist. Man weiß, dass es dort draußen etwas gibt, was einem so richtig viel bedeutet und das einfach perfekt ist. Man vermisst es, dort zu sein. Man will sofort wieder zurück und es wieder erleben. Man ist einfach verliebt. Man hat einfach unheilbares #Fernweh.

Und sehr oft denke ich dann an das Video von Martin, der in der Ferslia Hütte seine Norge på langs Reise unterbrechen musste und dort dann abends zur Gitarre griff…

 

6 Kommentare

  1. Hallo Simon!
    ( Zum Glück tönt das auf der Bühne nun auch wieder etwas reiner 😉 )
    Och ja Simon, ich kenn das mit dem Fernweh. Gerade jetzt 2014, nur zu gut, so zwischen „zwei“ Norge på langs. Aber es soll der schönste Schmerz im Leben sein, hat mir Mike Horn an einer Messe mal gesagt. Kaum Zuhause, kannst Du Dich am längsten auf das nächste Abenteuer freuen 🙂
    Sehr schön und treffend geschrieben Simon, da wächst was für`s nächste Mal (ist ja auch nicht mehr solange bis…….). Wir haben ja letztes Mal viele Biere lang darüber philosophiert, aber ein Heilmittel gegen dieses „Weh“ gibt es nicht, ausser ….. zu gehen. Ich hab das riesengrosse Glück, an einem Ort zu leben wo andere Ferien machen, einen Job zu haben der mich draussen hält und Spass macht, das hilft schon etwas gegen diese heimtückische „Krankheit“. Aber es bleibt halt doch irgendwie im Abwehrsystem des Körpers hängen, dieses „Weh“. Ich bin sicher, schon bald wieder schöne Blogeinträge von Dir zu lesen und weiss auch, dass Deine Zeit wieder kommt, wo Du Dich ….. draussen mit brennenden Fusssohlen im klitschnassen Zelt, Dich vor Mücken kaum abwehrender Armfuchtelei riesig auf Dein Nachtessen aus immer gleich schmeckender Trockennahrung mit 5 Löffeln Butter angereichter Pampe „freust“ und Dich danach sehnst, in einer überfüllten, nach schweisstreibender Wandersarbeit riechender Umgebung, zu nächtigen. Sie wird kommen, die Zeit 😉
    Lieber Gruss aus Helvetien

    Martin

    • Hei Martin,

      irgendwann sitze ich bei dir mal im Publikum! Du triffst es super Martin! Wir sollten bald mal wieder gemeinsam dieses „Weh“ pflegen und in Plänen schwelgen! Klar geht es bald wieder draußen weiter, aber es gibt halt so Momente, da fühlt man sich einfach so 😉 Und ja, ich freue mich schon sehr auf das nächste Abenteuer! Nur um dannach wieder das Fernweh zu spüren, ich weiß es jetzt schon ein Teufelskreis, aus dem man nicht mehr so schnell ausbrechen kann 😀 Und jetzt reiße ich mir eine Tüte Real Turmat auf und lege mich mal wieder einfach nur so fürs Gefühl in den stinkenden Schlafsack 😉

      Beste Grüße in den Süden Martin

      Simon

  2. Hallo,
    ein sehr interessanter Artikel. Habe deinen Blog erst eben entdeckt, aber du wirst mich hier jetzt öfter antreffen. 🙂

    Grüße
    Regina

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