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Februar 2015

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Zurück daheim. Ein wenig merkwürdig klingt dies noch in unseren Ohren. Vor einer Woche fiel die Entscheidung nach Hause zu fahren und unser großes Abenteuer für dieses Jahr zu beenden. Mit der Verarbeitung des Erlebten wird es ganz sicher noch eine Weile dauern. Zu krass sind die Widersprüche zwischen dem, was wir in den Wochen der Tour erlebten und dem, was einem dann zu Hause wieder erwartet. Die Welt von Tour und Alltag unterscheiden sich dann doch in großem Maße. Daheim ist wieder alles ganz normal. Zum Beispiel, dass man wieder ständig einfach einen Wasserhahn zur Verfügung hat, aus dem dann auch in Windeseile einfach heißes Wasser kommt. Schön ist es auch, nicht mehr jeden Tag nach jeder Pause eiskalte Finger zu haben, in die dann nur mühsam und ganz langsam wieder ein Gefühl zurückkehrt.

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Ich gebe es gerne zu, diese Tour war mitunter so unglaublich anstrengend, dass ich öfters gerne in den imaginären Besenwagen gestiegen wäre. Umso komischer ist es nun, wie sehr man die Tour jetzt vermisst. Man merkt jetzt erst so langsam, wie viel Arbeit und Leidenschaft man in die Waagschale geworfen hat, um diesen Traum in der Wirklichkeit umzusetzen. Aber es nützt nichts, wenn man sich grämt und damit hadert, dass es diesmal nicht geklappt hat. Es ist und bleibt immer ein Abenteuer.

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Schön ist es allerdings dann, die Erinnerungsstücke und Mitbringsel, die sich so in das Gepäck verirrt haben, zu sichten. Auf den Stapel Walters Mandler Schokolade haben hier daheim schon alle sehnsüchtig gewartet 🙂

walter

Und um sich auf neue Abenteuer vorzubereiten und sich die wunderschöne Natur Norwegens nach Hause in die warme Stube zu holen, helfen großartige Bücher einfach sehr 😉

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Nachdem wir nun auch die Ausrüstung wieder auf Vordermann gebracht haben, Zelt und Schlafsack getrocknet und verstaut haben, werden wir dann mal anfangen, die Fotos zu sichten und die ganze Tour aufzuarbeiten. Zum Beispiel blieb während der Tour kaum bis gar keine Zeit, Tagebuch zu schreiben. Zu anstrengend war es, abends wollten wir nach dem Abendessen eigentlich immer nur noch so schnell wie möglich in den Schlafsack kriechen und einfach nur schlafen.

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Da uns viele Fragen rund um die Tour erreicht haben, werden wir nun versuchen, diese alle zu beantworten. Insbesondere zur Ausrüstung und Verpflegung, Durchführung und Planung einer solchen Tour kamen doch viele Fragen auf, die wir bisher nicht so recht bearbeiten konnten. Falls euch noch Fragen einfallen, schickt uns einfach eine Nachricht oder einen Kommentar.DSC_0332

Wir werden also das eiskalte und mitunter stürmische Fjell wieder gegen den Schreibtisch tauschen und uns daran machen, über all diese Dinge einmal zu berichten. Es wird ein wenig dauern, aber wir wollen gerne etwas zurückgeben, denn auch wir haben von der Hilfe und den Tipps vieler Freunde profitiert. Ohne erfahrenes Fjellvolk und deren Ratschlägen, wie es in der Regel-Nummer 5 der Fjellvettregelne so schön heißt, wären wir sicher nicht so gut und sicher unterwegs gewesen.

Von daher bleibt uns für den Moment einfach nur, uns einmal richtig bei allen zu bedanken, die uns so unkompliziert geholfen haben, die uns nach Kräften unterstützt haben und die unsere Tour mit vielen schönen Kommentaren und Nachrichten begleitet haben! Vielen, vielen Dank für alles!

Wie werden doch nicht weitergehen, die Luft ist einfach raus. Mit viel Elan und guten Vorsätzen sind wir heute mit den Bus nach Beitostølen gefahren und haben uns über die gesperrte Straße auf Richtung Bygdin See und Fjell gemacht. Am höchsten Punkt der Straße hat der Wind uns auf der hartgepressten Schneedecke ein paar mal von den Füßen gefegt, man konnte sich kaum auf den Beinen halten.
Valdresflye

Am Abzweig ins Fjell zur Hütte Yksendalsbu haben wir uns dann ziemlich ratlos angeschaut und uns auf den Schnee begeben, der auch hier vom Wind hart gepresst und total zerfurcht war. Mit Ski kam man so gut wie gar nicht voran. Als Ulrich sich dann noch auf einer Eisplatte auf die Nase legte, war schnell klar, dass wir einfach nicht mehr weiter wollen. Nicht bei diesen Verhältnissen. Jeglicher Wille sich da durch zu quälen fehlt. Zu sehr ist die Luft heraus.
Bitihorn

Nach über einem halben Jahr Vorbereitung, jeder freien Minute Beschäftigung mit der Tour und dem Frust über das Wetter und die Aufgabe unseres Traumes sitzt der Stachel einfach zu tief.
Die Enttäuschung ist größer als gedacht und es fehlt uns allen guten Vorsätzen zum Trotz eine tolle Tour zum Abschluss zu haben einfach jegliche Motivation. Die Luft ist sowas von raus. Sorry, dass wir angekündigt haben weiter zu gehen, wir waren frohen Mutes, haben aber unsere mentale Enttäuschung und Erschöpfung einfach nicht wahr haben wollen.
Bitihorn

Wir selbst sind am meisten enttäuscht und wollen einfach nur noch nach Hause. Bitte seht es uns nach, dass wir nicht mehr weiter wollen. Es wird ein wenig dauern, bis wir alles begriffen und verarbeitet haben, was in den letzten Wochen alles passiert ist, aber es wird weiter gehen und ihr werdet auch weiter von uns hören und lesen, es gibt noch viel zu viel zu erzählen und zu berichten. Samstag geht die Fähre von Langesund gen Heimat und Sonntag sind wir wieder zu Hause 😉

So ein Tag auf dem Campingplatz in der Hütte hilft schon enorm, wenn man sich nach einer solchen Entscheidung und auch Enttäuschung erst einmal sortieren muss. Aber wenn man hier das Wetter und die Nachrichten verfolgt, dann liegen wir mit unserer Entscheidung völlig richtig. In Verdal, wo wir vor kurzem noch in der Nähe unterwegs waren, blockiert seit gestern ein Erdrutsch die Straße, 100 Leute waren von der Außenwelt abgeschnitten. In Gaundalen, wo wir auch noch vor kurzem waren, ist alles überflutet bzw. der Schnee im Fjell ist nur noch ein Häufchen Elend. Und die nächsten Stürme, Unwetter und Regenfälle sind für den Norden schon angekündigt. Das die Lawinenwarnstufe erhöht wurde, zeugt von den unkalkulierbaren Risiken, wenn man jetzt dort ins Fjell gehen würde. Schade zwar, aber so ist es halt.Morgensonne

Von daher haben wir nun neuen Tur-Mut gefasst und uns entschlossen, unsere Tour entsprechend den Verhältnissen und Bedingungen (die Eisvorhersage auf Varsom.no für den Süden Norwegens sieht aus, wie noch im Dezember, mit vielen Unsicherheiten) von Beitøstølen aus südwärts fortzusetzen.

Sturm

Ab Donnerstag geht es wieder los, dann wird das Fjell wieder unser sein und wir hoffen dann noch ein paar unbeschwerte und tolle Wochen im Fjell verbringen zu können. Vielleicht springt dabei auch noch die ein oder andere Tagestour heraus und wir machen uns einfach eine tolle Zeit. Wenn man den Sand in den Kopf steckt und nur enttäuscht ist, wird es ja auch nicht besser. Also schauen wir jetzt nach Vorne und machen einfach das Beste daraus.

Man weiß auf Tour einfach nie was man bekommt, das ist wie mit der Schachtel Pralinen. Aber ganz sicher ist, dass man immer weitermachen sollte, ganz egal wie es auch immer kommt. In diesem Sinne, wir machen weiter, es warten einfach noch zu viele schöne Erlebnisse auf uns, und sei es nur der Sonnenuntergang gestern vor der Hütte hier 😉
Abendfeuer

Tja, es hätte funktionieren können. Unser Plan, dem schlechten Wetter ein Schnippchen zu schlagen, hat der Orkan Ole leider durchkreuzt. Er war eigentlich ganz gut, fanden wir, aber was wir im Børgefjell für einen normalen Sturm hielten, war dann doch etwas größer und windiger als gedacht.

Fauske

Gestrandet in Fauske hatten wir gestern Abend ziemlich viel Zeit, die Wetteraussichten und alle unser Optionen und Möglichkeiten zu studieren. Die Aussichten für den Norden ab Hattfjelldal sind mal so richtig bescheiden. Es ist teilweise so viel Regen angekündigt, dass es schlicht und einfach gefährlich und dazu ziemlich töricht wäre, nur einen Fuß ins Fjell oder auf einen der Seen zu setzen. Es ist durch den Regen und den Neuschnee mit hoher Lawinengefahr zu rechnen. Von Überflutungen auf den gefrorenen Boden oder aufbrechenden Gewässern ganz zu schweigen. Das alles kann so kommen, muss aber nicht. Aber allein diese Aussichten, oder die Aussicht eine Woche lang dieses Wetter irgendwo einfach abzuwarten, lassen bei uns jeglichen Spaß vermissen.Vera

Wir wollen dazu weder uns noch andere in Gefahr bringen, die Freude auf Tour zu sein, soll schließlich im Vordergrund stehen. Und genau das werden wir jetzt so richtig in den Fokus rücken. Wir haben uns entschlossen, nicht weiter auf Teufel komm raus nach Norden zu gehen, sondern uns in den Zug zu setzen, um wieder dorthin zu fahren, wo wir gestartet sind: Nach Beitostølen bzw. Fagernes.Sonnenaufgang

Von dort aus werden wir dann eine paar richtig tolle Wochen verbringen und südwärts laufen. Mit reichlich Zeit im  Gepäck und vielen Möglichkeiten wollen wir eine möglichst tolle Zeit auf Tour haben. Wir werden in Fagernes kurz verweilen, den Kopf frei bekommen, uns etwas sammeln und uns dann auf in ein etwas anderes, aber nicht minder schönes Abenteuer machen! Den gerade jetzt sind wir richtig fit und haben total Gefallen daran gefunden, im norwegischen Winter draußen unterwegs zu sein! Wie es ganz genau weiter geht, uberlegen wir uns dann ab Morgen. Gegen die Natur kommt man einfach nicht an. The Show will go on, in Norwegen ist ja schließlich Friluftslivår und wie heißt es hier so schön: Ut på tur – aldri sur 😉

Nach dem Ruhetag in Røyrvik haben wir uns auf ins Børgefjell gemacht. Das Wetter hielt einiges für uns parat, so dass wir mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch losgelaufen sind. Der Wetterbericht zeigte uns für den einen Tag Sonne und Temperaturen bis zu Minus 20 Grad voraus und ab dem Donnerstag dann sollte es ordentlich Wind und Sturm im Børgefjell geben. Wenn wir also nicht auf der einzigen Hütte vor und im Fjell, der Virmahytta, ein paar Tage lang den Sturm abwettern wollten,  hieß es so weit wie nur irgendmöglich zu laufen. Leichter gesagt als getan als dann bei tatsächlich unter minus 20 Grad. Dafür hatten wir tollen Sonnenschein und wir waren dann wirklich ziemlich schnell ziemlich weit. Nach der Pause in der Virmahytta nach beinahe 30 Kilometern war uns unfassbar kalt und alles war gefroren. Wir sind dann noch weit bis in die Dunkelheit gelaufen um noch über die 40 Kilometer Marke zu gelangen. So könnten wir mit Glück das Børgefjell an nächsten Tag dann komplett bis zum Susendalen durchqueren. Als der Mond hinter den Bergen aufging, war das ein unglaubliches Erlebnis. Plötzlich war es um uns herum total hell, als würde uns der Mann im Mond mit seiner Taschenlampe den Weg leuchten. Bei minus 23 Grad haben wir dann das Zelt ziemlich erschöpft aufgebaut und sind todmüde in den Schlafsack gekrochen.White-Out

Am nächsten Tag hieß es dann erneut richtig ranzuklotzen, bei einer Sicht nahe dem White-Out wiederum eine ziemliche Herausforderung. Und da wir vor dem Sturm ziemlich die Hosen voll hatten, haben wir uns den ganzen Tag lang per GPS von Wegpunkt zu Wegpunkt gehangelt. Ging ganz gut, aber kurz vor Einbruch der Dunkelheit fing es los und der Wind nahm ziemlich rasch zu. Ungefähr sieben Kilometer vor dem sicheren und vor allen tiefer gelegen Susendalen haben wir dann das Zelt aufgebaut und eine gewaltige Schneemauer errichtet, um dem Wind wenigstens etwas die Kraft zu nehmen und halbwegs sicher im Zelt die Nacht verbringen zu können. Und in der Nacht ging es dann auch gut zur Sache, schon ein mulmiges Gefühl wenn die Windböen in das Zelt fahren und alles bei einem Mordslärm durchgeschüttelt wird. Da wird man ganz klein im Schlafsack und hofft da als gut geht und das Zelt durchhält.

Der nächste Morgen war dann kaum besser, aber der größte Wind war erst für Freitag vorausgesagt. Also blieben wir im Schlafsack bis es hell war und dann haben wir im Sturm und bei Sicht nahe null vorsichtig unser Zelt abgebaut. Dann hieß es wieder per GPS Wegpunkt zu Wegpunkt zu laufen. Kurz vor der Baumgrenze ging dann richtig die Post ab und wir standen wie im Windkanal, die Böen haben uns fast von den Beinen gehauen. Wir wollten nur noch runter und haben zugesehen, dass wir raus aus dem Wind kommen. Zwischendurch ging es nur zu Fuss weiter, der Wind und die Hangneigung war zu steil zum Skifahren.

Als wir die Ski auf dem Schlitten verstauen wollten, passierte es dann,  ein Ski mache sich selbständig und glitt den Hang hinunter. Panisch liefen wir hinterher und fanden ihn dann in einer Wächte steckend. Nicht auszudenken, was posiert wäre, wenn wir den Ski nicht wieder gefunden hätten.

Dann schlugen wir uns zwei Stunden lang durch dichten Birkenwald, der sich über kleine Taleinschnitte am Abstieg hinab ins Tal verteilt. Viele Flüche, viel Gemecker und viele unschöne Worte fielen bis wir endlich den kurzen Scooterweg hinab zur Straße fanden. Die Straße auf die wir im Susendalen trafen war dann auch eher eine Eisbahn, auf der man eher Schlittschuh laufen konnte. Nun hatte auch noch leichter Nieselregen eingesetzt, wir konnten unser Glück kaum fassen. Jetzt waren wir vor dem Sturm sicher, aber in uns herum taute alles bei leichten Plusgraden.Elch

Im Susendalen gibt es zum Glück eine ganz tolle Unterkunft, die Ulrich noch von einer Tour im letzten Jahr kannte. Also haben wir kurz im Furuheim Gård angerufen und kaum eine halbe Stunde später waren wir in einer der gemütlichsten und tollsten Unterkünfte, die ich in Norwegen je gesehen habe. Ein altes, komplett umgebautes und renoviertes Bauernhaus war für die nächste Nacht unsere Herberge.Stube

Unser Glück war vollkommen, als uns Morten, der Besitzer, uns dann noch zwei große Grandiosa-Pizzen und zwei Bier aus dem 30 Kilometern entfernten Hattfjelldal mitbrachte. Wir waren glücklich unsere nassen Klamotten zu trocknen und draußen heulte der Sturm.GrüßeHeute morgen dann verhieß der Blick aufs Wetter nichts Gutes. Für heute war krasser Sturm in weiten Teilen Norwegens angesagt und für die nächsten Tage dann sind Plusgrade und jede Menge Regen rund um den Okstinden und Umbukta angesagt. Kein Wetter um in den Bergen eine fröhliche Skitour zu unternehmen. Bei über 50 mm Regen wollen wir jedenfalls nicht von einer Springflut auf einem der Bäche oder einer Nassschneelawine überrascht werden. Was tun also, wenn wir nicht bis Donnerstag irgendwo einfach nur das schlechte Wetter abwarten wollen? Ein paar Tage Urlaub auf den Kanaren stand zwar kurz zur Debatte, wir haben uns dann aber nach längerem Hin- und Her für eine andere Lösung entschieden.

Trofors

Morten hat uns die 60 Kilometer zum Zug nach Trofors gefahren und wir werden dann per Zug, Bus und wieder Zug über Fauske und Narvik weiter nach Abisko reisen, wo das Wetter uns nicht so übel mitspielt. Den ausgelassen Teil werden wir nachholen, und bis dahin verwalten und organisieren wir fleißig weiter das NPL Wetterchaos.Zugfahrt

So, nun endlich haben wir die zweite Etappe hinter uns gebracht. Es war wirklich alles dabei, was NPL ausmacht. Die verschiedensten Unterkünfte, vom Hotel bis hin zum Vorraum der Toilette in Kvelia. Wir haben ganz, ganz feine Leute getroffen, so wie die Hartmanns in Berglia oder die Leute in Kvelia. Wir waren beim jährlichen Schulmusical und lagen regelmäßig um 19:00 Uhr am Abend im Schlafsack.

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Wir hatten Minus 25 Grad Celsius und wir hatten Schneeregen. Wir haben mal für 300 m eine Stunde gebraucht und haben aber auch an einem Tag 55 km abgerissen. Nach den Minus 25 Grad wäre ich am liebesten direkt in den Bus nach Hause gestiegen, alles tat mir weh. Und auch der Weg nach Gaundalen hatte es in sich. Steinar Gaundalen konnte unsere wütendens Gebrüll schon ein Stunde vorher durch das Tal gellen hören…

Aber unsere neuen Ski laufen super und es geht voran. Die 55 km gestern haben gezeigt, was bei optimalen Verhältnissen alles möglich ist. Heute haben wir uns ausgeruht und morgen geht es dann mit Volldampf ins Børgefjell und dann weiter nach Umbukta, wo wir in ca. 6 Tagen die nächsten Pakete mit Nachschub in Empfang nehemen werden. Es geht weiter, immer weiter straks nordover 😉

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