Nach dem Ruhetag in Røyrvik haben wir uns auf ins Børgefjell gemacht. Das Wetter hielt einiges für uns parat, so dass wir mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch losgelaufen sind. Der Wetterbericht zeigte uns für den einen Tag Sonne und Temperaturen bis zu Minus 20 Grad voraus und ab dem Donnerstag dann sollte es ordentlich Wind und Sturm im Børgefjell geben. Wenn wir also nicht auf der einzigen Hütte vor und im Fjell, der Virmahytta, ein paar Tage lang den Sturm abwettern wollten, hieß es so weit wie nur irgendmöglich zu laufen. Leichter gesagt als getan als dann bei tatsächlich unter minus 20 Grad. Dafür hatten wir tollen Sonnenschein und wir waren dann wirklich ziemlich schnell ziemlich weit. Nach der Pause in der Virmahytta nach beinahe 30 Kilometern war uns unfassbar kalt und alles war gefroren. Wir sind dann noch weit bis in die Dunkelheit gelaufen um noch über die 40 Kilometer Marke zu gelangen. So könnten wir mit Glück das Børgefjell an nächsten Tag dann komplett bis zum Susendalen durchqueren. Als der Mond hinter den Bergen aufging, war das ein unglaubliches Erlebnis. Plötzlich war es um uns herum total hell, als würde uns der Mann im Mond mit seiner Taschenlampe den Weg leuchten. Bei minus 23 Grad haben wir dann das Zelt ziemlich erschöpft aufgebaut und sind todmüde in den Schlafsack gekrochen.
Am nächsten Tag hieß es dann erneut richtig ranzuklotzen, bei einer Sicht nahe dem White-Out wiederum eine ziemliche Herausforderung. Und da wir vor dem Sturm ziemlich die Hosen voll hatten, haben wir uns den ganzen Tag lang per GPS von Wegpunkt zu Wegpunkt gehangelt. Ging ganz gut, aber kurz vor Einbruch der Dunkelheit fing es los und der Wind nahm ziemlich rasch zu. Ungefähr sieben Kilometer vor dem sicheren und vor allen tiefer gelegen Susendalen haben wir dann das Zelt aufgebaut und eine gewaltige Schneemauer errichtet, um dem Wind wenigstens etwas die Kraft zu nehmen und halbwegs sicher im Zelt die Nacht verbringen zu können. Und in der Nacht ging es dann auch gut zur Sache, schon ein mulmiges Gefühl wenn die Windböen in das Zelt fahren und alles bei einem Mordslärm durchgeschüttelt wird. Da wird man ganz klein im Schlafsack und hofft da als gut geht und das Zelt durchhält.
Der nächste Morgen war dann kaum besser, aber der größte Wind war erst für Freitag vorausgesagt. Also blieben wir im Schlafsack bis es hell war und dann haben wir im Sturm und bei Sicht nahe null vorsichtig unser Zelt abgebaut. Dann hieß es wieder per GPS Wegpunkt zu Wegpunkt zu laufen. Kurz vor der Baumgrenze ging dann richtig die Post ab und wir standen wie im Windkanal, die Böen haben uns fast von den Beinen gehauen. Wir wollten nur noch runter und haben zugesehen, dass wir raus aus dem Wind kommen. Zwischendurch ging es nur zu Fuss weiter, der Wind und die Hangneigung war zu steil zum Skifahren.
Als wir die Ski auf dem Schlitten verstauen wollten, passierte es dann, ein Ski mache sich selbständig und glitt den Hang hinunter. Panisch liefen wir hinterher und fanden ihn dann in einer Wächte steckend. Nicht auszudenken, was posiert wäre, wenn wir den Ski nicht wieder gefunden hätten.
Dann schlugen wir uns zwei Stunden lang durch dichten Birkenwald, der sich über kleine Taleinschnitte am Abstieg hinab ins Tal verteilt. Viele Flüche, viel Gemecker und viele unschöne Worte fielen bis wir endlich den kurzen Scooterweg hinab zur Straße fanden. Die Straße auf die wir im Susendalen trafen war dann auch eher eine Eisbahn, auf der man eher Schlittschuh laufen konnte. Nun hatte auch noch leichter Nieselregen eingesetzt, wir konnten unser Glück kaum fassen. Jetzt waren wir vor dem Sturm sicher, aber in uns herum taute alles bei leichten Plusgraden.
Im Susendalen gibt es zum Glück eine ganz tolle Unterkunft, die Ulrich noch von einer Tour im letzten Jahr kannte. Also haben wir kurz im Furuheim Gård angerufen und kaum eine halbe Stunde später waren wir in einer der gemütlichsten und tollsten Unterkünfte, die ich in Norwegen je gesehen habe. Ein altes, komplett umgebautes und renoviertes Bauernhaus war für die nächste Nacht unsere Herberge.
Unser Glück war vollkommen, als uns Morten, der Besitzer, uns dann noch zwei große Grandiosa-Pizzen und zwei Bier aus dem 30 Kilometern entfernten Hattfjelldal mitbrachte. Wir waren glücklich unsere nassen Klamotten zu trocknen und draußen heulte der Sturm.Heute morgen dann verhieß der Blick aufs Wetter nichts Gutes. Für heute war krasser Sturm in weiten Teilen Norwegens angesagt und für die nächsten Tage dann sind Plusgrade und jede Menge Regen rund um den Okstinden und Umbukta angesagt. Kein Wetter um in den Bergen eine fröhliche Skitour zu unternehmen. Bei über 50 mm Regen wollen wir jedenfalls nicht von einer Springflut auf einem der Bäche oder einer Nassschneelawine überrascht werden. Was tun also, wenn wir nicht bis Donnerstag irgendwo einfach nur das schlechte Wetter abwarten wollen? Ein paar Tage Urlaub auf den Kanaren stand zwar kurz zur Debatte, wir haben uns dann aber nach längerem Hin- und Her für eine andere Lösung entschieden.
Morten hat uns die 60 Kilometer zum Zug nach Trofors gefahren und wir werden dann per Zug, Bus und wieder Zug über Fauske und Narvik weiter nach Abisko reisen, wo das Wetter uns nicht so übel mitspielt. Den ausgelassen Teil werden wir nachholen, und bis dahin verwalten und organisieren wir fleißig weiter das NPL Wetterchaos.
3 Kommentare
Schade dass ihr die Etappe bis Abisko vorläufig überspringt, so werden wir uns wohl im März leider nicht über den Weg laufen, aber bei den Wetterprognosen definitiv die einzig sinnvolle Alternative zu abwarten und „drikka kaffe“
Weiter viel Spass, nette Begegnungen und eine sichere Tour.
Hälsningar från Schweiz
Henning
Hallo ihr zwei. Ich verfolge Euren Weg und habe großen Respekt. Selbst war ich mal bei 27 Grad auf dem Pitztaler Gletscher und ich weiß was das bedeutet. Ich hatte nur den Vorteil, dass ich nach einer Stunde eine warme Hütte aufsuchen konnte. Seid vorsichtig und passt auf Euch auf.
Wünsche euch alles Gute und ein
Buen camino
Karl-Heinz
Hallo Uli und Simon,
das hört sich wirklich sehr nach Abenteuer an. Alle Achtung, wie ihr das alles durchsteht!
Die schönen Erlebnisse müsst ihr euch hart erkämpfen, aber das ist es vielleicht, was den Reiz einer solchen Tour ausmacht.
Ich war heute in den „unendlichen Weiten“ des Spessarts Schneeschuhwandern, Sonne, blauer Himmel und angenehme -1°. Hab an euch gedacht und mir vorgestellt wie es jetzt wäre im Zelt zu übernachten…
Naja, zu Hause hinterm Ofen auf dem Sofa war es dann auch nett…
Liebe Grüsse aus dem Spessart
von der Warmduscherin Uli
Passt gut auf euch auf