2. Woche Dovrefjell
Tag 9 Sonntag 11.09.11 Hjerkinn – Reinheim
Der Tag beginnt wie solle s auch anders sein mit Frühstück und Kaffee. Dann wird schnell das Zelt verstaut und der Rucksack geschultert. Das Wetter ist kühl und Nebelig. Wir zahlen die Nacht, kaufen noch Schokolade und Käse, die Belehrung über die Gefahren im Umgang mit den Moschusochsen bekommen wir kostenlos.
Wir folgen dem Weg hinter der Fjellstue hoch zum Hjerkinnshøe. Wir folgen dem Olavsweg hier durch den Nebel. Auf der höchsten Stelle sind vile Steinhaufen von Pilgern errichtet worden. Auch steht dort ein Kreuz mit der Entfernung von 208km zum Nidarosdom zu Trondheim.
Die umliegenden Berge hüllen sich in Nebel. Wir treffen noch einige Reiter, die die letzten Sauen (Schafe) des Jahrs einfangen zu gedenken. Der Weg ist breit und gut und so erreichen wir zügig die E6. Wir folgen der Straße ein Stück bis Grønbakken, wo wir die Straße und den Fluss überqueren. Ein paar Häuser befinden sich hier direkt an der Bahnlinie nach Oppdal. Eine kleine Unterführung hilft uns die Bahnlinie zu überwinden und schon stehen wir im Reich der Moschusochsen.
Es gibt zwei Wege durch das Tal zur Reinheim Hütte, einen südlich und einen nördlich des Kaldvella Flusses. Wir nehmen die südliche Route und machen uns auf. Hoffentlich sehen wir Moschusochsen, das wäre echt ein Traum. Die Lichtstimmung im Stroplsjødalen ist echt der Hammer, es könnte jede Tageszeit sein, man kann es einfach nicht ausmachen. Der Weg ist gut zu gehen und steigt stetig etwas an, immer dem Fluss folgend.
Zwischendurch fällt mir noch ein sehr beweglicher Felsen auf, ich stutze und wundere mich, zweifele kurz an mir und merke dann, dass es ein ziemlich gut getarnter Rentierjäger ist. Nun gut, man gewöhnt sich an alles, auch an Jäger die man nicht sieht. Hauptsache sie halten uns nicht für ein Pärchen komisch gefärbter Rentiere. Wir kommen ein wenig ab vom Fluss und es wird ein wenig steiler. Matschige Löcher wollen umgangen werden aber es geht ganz gut voran.
Kurz vor dem Kolldalen machen wir Pause. Das wird auf jeden Fall ein langer Tag, das Wetter wird langsam schlechter, es nieselt, wird kalt. Nach Pausentee und Salami geht es in Richtung Kolldalen, von wo der Weg auf wieder ansteigt. Dort sehen wir dann auch etwas entfernt auf der anderen Flussseite den ersten Moschusochsen. Weiter geht es durch das weite Tal. Der Boden ist teilweise sandig, aber es geht weiterhin gut voran immer entlang des Stropla Flusses.
Dann wird das Tal wieder enger und wir kommen direkt zum Fluss. Bald schon entdecken wir weitere Moschusochsen, sind aber froh nicht den Weg auf der anderen Flussseite genommen zu haben. 400kg Beef die im Gelände bis zu 60km/h schnell sind, wollte ich nicht auf meinem Weg finden (am Abend auf der Hütte berichtet uns Dag genau davon, er musste einen schönen Umweg gehen).
Wir machen Fotos, freuen uns über das tolle Erlebnis und weiter geht es. Langsam wird der Tag lang, aber was soll es, wir wollen zur Hütte. Mittlerweile wird das Wetter immer schlechter und zu allem Übel macht der Weg einen guten Schwenk wieder bergan über grobes Blockwerk. Na Glückwunsch, schon über 20km gelaufen und dann noch mal über glitschige Felsen steigen.
Aber auch das meistern wir mehr oder weniger stoisch. Die Hütte kommt langsam in Sicht, wir kommen näher und näher. Dann noch über die Brücke und wir sind da. Gut, dass wir einen DNT Schlüssel haben, die Hütte ist abgeschlossen.
Wir gehen rein, ziehen die nassen Sachen aus und machen alle drei Öfen an um die Hütte aufzuheizen. Von weitem sehen wir noch einige andere Wanderer kommen, wir werden nicht die einzigen bleiben.
Das Zimmer ist schnell bezogen, wir breiten uns aus und trocknen unsere Sachen. Nach und nach trudeln die anderen ein, unter anderem auch der Hüttenwart. Zu Abend kochen wir eine große Portion Nudeln mit dem guten Fleisch aus der Dose, Knoblauch und einer auf der Hütte gefundenen Zwiebel.
Herrlich, die Bäuche schlagen wir uns voll und die Entspannung nach dem anstrengenden Tag setzt ein. Es folgt die übliche Hüttenroutine bevor wir dann erschöpft ins Bett fallen.
Tag 10 Montag 12.09.11 Reinheim – Åmotsdalshytta
Weiter geht es. Gegen 8:00 Uhr stehe ich auf. Dag und Jørn haben schon das Holz aufgefüllt, ich komme zum Frühstück dazu. Wir unterhalten uns mit Dag, er sagt, wir lägen nach Touretappen 3:0 vorne, wir sind schneller als er. Schnell ist die Hütte endgültig aufgeräumt und gefegt. Unsere Sachen und das Zelt sind auch trocken, es kann weiter gehen.
Heute soll es auf direktem Weg ohne Schnickschnack zur Åmotsdalshytta gehen. Die Berge rundherum sind in Wolken gehüllt, wir sparen uns einen Aufstieg in die Wolken und gehen bis zum Talende.
Dort geht es über Blockwerk zur Leirpullskardet Scharte. Schon sehr viel Fels, man muss ein wenig aufpassen, aber wir überwinden das Hindernis rasch.
Auf der anderen Seite geht es dann wieder etwas steil herunter.
Dann folgen wir dem Weg immer weiter an der Flanke der Berge entlang. Das Tal ist weit und schön anzusehen, schon verwunderlich, dass man sich scheinbar an den unendlich vielen Steinen nicht satt sieht, scheint süchtig zu machen.
Nach 2,5 Stunden kommt dann die Hütte in Sicht und gegen 13:00 Uhr sind wir da. Eine recht kurzweilige Etappe, richtig entspannend nach dem letzten Tag. Einige Jäger scheinen die Hütte als Basis zu nutzen, überall liegen Knochen, Rentierfelle und sonstige Jagdreste rum. Im Toilettenhäuschen hängen diverse Einzelteile von Rentieren und Vögeln ab. Nun ja, wer’s mag.
Schnell beziehen wir eines der noch freien Zimmer, dann kommt Dag an und wir essen zusammen ein paar Pfannkuchen mit Zimt und Zucker, trinken einen Kaffee. Das muss Urlaub sein.
Schnell waschen wir mal unsere Socken. Echt lecker was sich da so ansammelt.
Jetzt gibt es für alle Teilnehmer Freizeit, in Zweiergrüppchen dürfen wir zum Angeln. Der nahe See lockt, es gibt sogar ein Boot zu Mieten und im Lebensmittelraum liegen einige richtig kapitale Forellen, die Jørn vor Neid erblassen lassen. Hier muss es doch mal klappen. Also los, auf zur Jagd. Aber was soll ich sagen, Angeln entspannt schon sehr, man darf sich halt nicht aufregen, wenn Aufwand und Ertrag in einem unglücklichen Verhältnis stehen.
Aber das gelingt uns gut, wir sind wohl eher Entspannungsangler, die Landschaft umzu trägt ihr übriges dazu bei. Irgendwann kehren wir zurück zur Hütte, langsam trudeln die anderen Mitbewohner ein. Bis auf Dag und uns sind es alle Jäger, die Rentieren nachstellen. Bald stehen fast überall Gewehre und Jagdutensilien herum. Mit Dag zusammen kochen wir uns Kartoffelpüree mit Rentierklößchen und Dosenerbsen.
Die Norweger hängen alle am Radio, es sind Wahlen, die ersten nach dem unglückseeliegen Vorfall in Oslo, und alle sind gespannt auf den Ausgang. Wir unterhalten uns lange mit Dag, er ist gerade in Rente gegangen und zur Feier dessen auf einer dreiwöchigen Hüttentour. Er zeigt uns Bilder auf seinem Telefon von den Trauermärschen und Bekundungen in Oslo. Auch von einem Opfer, das er persönlich kannte berichtet er uns. Schon komisch, dass hier in dieser wundervollen Umgebung mit diesen tollen Menschen hier zu sehen. Auch das Ganze aus erster Hand und nicht aus dem Fernsehen oder dem Internet zu sehen, gibt dem Ganzen noch einmal eine andere Qualität.
Am Abend bereiten sich noch zwei Jäger aus Tromsö ein opulentes Gulasch aus Rentierherz und Leber zu. Es ist wohl das Einzige vom Tier, welches man ohne Abhängen sofort Essen kann. Uns läuft das Wasser im Munde zusammen. Frischer Lauch, frische Zwiebeln, das wär doch mal was. Und tatsächlich, sie habe viel zu viel gekocht. Wir bekommen eine ordentliche Portion ab. Ein Gedicht, echt lecker. Vielen Dank noch mal dafür.
Später noch sehen wir zwei Stirnlampen durch die Nacht tanzen und auf die Hütte zu kommen. Es sind zwei Jäger, die auf der anderen Seite des Sees ein Ren geschossen haben und es nur mit dem Boot über den See rudern um es dann zur Hütte zu bringen. Der eine Jäger ist schon weit über 70 Jahre alt und sie schleppen da gerade etwa 80kg Fleisch im Rucksack durch die Nacht. Respekt und Anerkennung. Wir gucken uns noch das Tier an, ich werde dabei noch kurz auf der Toilette eingesperrt. Ein Norweger meint, das wäre ja nicht so schlimm, es gäbe da ja noch einen anderen Ausgang für das Plumpsklo. Danke, vielleicht beim nächsten Mal. Um halb elf sind wir dann im Bett.
Tag 11 Dienstag 13.09.11 Åmotsdalshytta – Loennechenbua
Um 8:00 Uhr sitzen wir beim Frühstück. Wir stärken uns und klaren dann die Hütte auf. Die meisten Jäger haben sich schon verdrückt, der frühe Norweger fängt das Ren. Für die nächsten Tage nehmen wir noch ein paar Lebensmittel mit, da wir in Loennechenbua einen Ruhetag einlegen wollen. Von Dag nehmen wir Abschied, er nimmt eine andere Route.
Über den breiten Ablauf des Åmotsvatnet Sees machen wir uns auf. Es ist ziemlich rutschig und glatt, auf einmal liege ich, laut Jørn wild mit den Armen rudernd, quer in der Luft, kann aber mit Hilfe der Stöcke und viel Mühe wieder das Gleichgewicht halten und mich ohne Sturz retten. Gut gegangen, aber nur knapp.
Es geht leicht den Berg hoch aus dem Tal hoch zum Langvatnet. Am Ufer steht eine Hütte, vermutlich ist der Besitzer gerne auf der Jagd.
Dann geht es hoch über den Gråhøin. Das Wetter wird schlechter, Nebel zieht auf und es nieselt.
Zum ersten Mal auf der Tour hab ich so etwas wie keinen Bock mehr, keine Ahnung wieso. Vielleicht weil der BVB heute gegen Arsenal spielt und ich nicht im Stadion sein kann. Die Aussicht auf einen Ruhetag morgen und eine kurze Etappe heute motivieren dann aber doch.
Weiter also, wieder abwärts hinunter zum Urdvassbekken. Wir überqueren den Fluss über Blockwerk. Die Steine sind enorm glitschig, aber mittlerweile kommen wir damit ja gut zurecht. Einige Hütten kommen in Sicht und wir laufen entlang des Urdvatnet Krokåtjønna Sees. Am Ende des Sees müssen wir noch einen Bach über rutschige Felsplatten überqueren, danach geht es steil, wirklich steil über einen rutschigen Steig den Berg hoch. Oben angekommen ist der Blick zurück gut, aber wir halten uns damit nicht lange auf. Weiter zur Hütte. Der Weg hinab ist wieder steil und sehr rutschig, aber nach ein paar Augenblicken kommt die Hütte in Sicht. Oh man, was ein Platz für eine Hütte.
Traumhaft direkt am Litlvatnet gelegen, nur der Nebel weiß nicht zu gefallen. Egal, schnell sind wir dann direkt an der Hütte und gehen rein, oder besser gesagt wir machen dies in einer Art Limbo.
Die Hütte ist winzig, fast wie ein Puppenhaus und die Eingangstür vielleicht 1,40m hoch. Wir staunen Bauklötze und freuen uns wie die Kinder, war es doch ein erklärtes Ziel vor der Reise gewesen, hierhin zu kommen. Schnell richten wir uns auf den dreieinhalb mal dreieinhalb Metern ein. Zwei Betten, ein Tisch, zwei Bänke Ofen und Küche, alles da, fast wie auf einem U-Boot. Bald hängt überall Ausrüstung herum, hier muss man sich gut organisieren. Aus dem Hüttenbuch erfahren wir, das vor kurzem hier sechs Leute übernachtet haben, unvorstellbar für uns.
Da es noch früh am Tag ist, gehen wir raus zum Angeln. Ist zwar richtig kalt und ungemütlich, aber was tut man nicht alles für ein Abendessen. Und siehe da, nach kurzer Zeit fängt Jørn tatsächlich etwas. Die Freude kennt keine Grenzen, endlich sind die Mühen belohnt worden.
Nach diesem Erfolg gibt es Kaffee und wir wärmen uns auf. Der Fisch soll heute Abend gebraten auf einem Bett aus Kartoffelpüree an Linsen gereicht werden. Das wird lecker. Jørn ist angefixt und startet einen weiteren Versuch. Dieser ist auch von Erfolg gekrönt, das gibt es doch gar nicht, ein Festmahl für uns. Es wird nebelig, wir kochen und freuen uns auf den Fisch.
Er ist köstlich und war alle Angelmühen wert. Nach dem Abwasch machen wir es uns bei einem Kaffee gemütlich, hoffentlich kommt nicht noch ein weiterer Gast, es ist auch so schon recht gemütlich. Alles ist perfekt, es könnte nicht besser sein, die Welt um uns herum ist ganz, ganz weit weg.
Tag 12 Mittwoch 14.09.11 Loennechenbua
Ein Ruhetag, wie schön. Ausschlafen bis in die Puppen, toll so was. Wir frühstücken, trinken Kaffee, gehen Angeln, reparieren das Radio, üben Knoten, aber eigentlich Gammeln wir rum, herrlich, Urlaub. Zu doof für Pfannkuchen sind wir auch noch, rühren das Pulver mit heißem Wasser an, versuchen den Teig zu retten, geben irgendwann auf, au backe, wie blöd kann man sein.
Das ganze Entspannen kostet ganz schön viel Kraft, wir kochen zwei Pfund Spagetti mit einer Soße aus Tomatensuppe, Knoblauch, Minisalamis und Makrelenfilets in Tomatensoße. Ordentlich Paprika und Chilli drauf, ein Traum. Allerdings schaffen wir nur zwei Drittel des Topfes, den Rest gibt es dann morgen zum Frühstück.
Abends dann geht auf einmal die Tür auf. Wir gucken und verdutzt an, einem Gewehrlauf folgt ein total durchgefrorener Rentierjäger. Wir rücken zusammen, er wärmt sich mit reichlich Kakao und Schokolade auf. Der gute Mann ist seit 5:00 Uhr morgens unterwegs zur Rentierjagd. Um kurz nach 21:00 Uhr bauen wir die Hütte um zum Dreibettzimmer und gehen zu Sack. Nur Jørn hat echt den schwarzen Peter. Er liegt im oberen Bett, der Jäger hat kurz vorm zu Bett gehen den Ofen noch bis oben hin vollgemacht. Da ihm kalt ist kann Jørn vor Wärme da oben kaum schlafen. Na wenigstens frieren wir nicht.
Tag 13 Donnerstag 15.09.11 Loennechenbua – Gammelsetra
Der Ofen bollert schon, um 8:00 Uhr luken alle aus ihren Kojen. Geordnetes Aufstehen ist befohlen, ansonsten wird es hier schnell unspaßig auf dem knapp bemessenen Raum. Der Waidmann mag nicht so recht zur Jagd aufbrechen. Über Nacht hat geschneit und gefroren.
Man kann nicht besonders weit sehen, Jagen macht wohl nicht so viel Spaß bei dem Wetter.
Dann gibt es Frühstück für uns, er versucht doch sein Glück. Godt jakt!
Die Hütte ist schnell aufgeräumt und gereinigt. Gegen 10:00 Uhr sind wir dann draußen im Schneesturm. Das wird eine Herausforderung. Es ist überall ziemlich glitschig und kalt, Schnee liegt, respekteinflößend. Aber was muss das muss. Über Blockwerk geht es direkt am See entlang, ziemlich fiese Geschichte bei dem Wetter, bald schon sehen wir von der Hütte nichts mehr.
Am Ende des Litlvatnet kommt die Sonne raus. Alles glitzert und funkelt. Dann geht es ziemlich steil runter zum nächsten größeren See, dem Storvatnet. Es haut mich kurz mal richtig schön hin, voll auf das Knie. Ein Indianer kennt kein Schmerz, weiter am See entlang geht es.
Das Wetter ist jetzt richtig gut, aber der Wind bläst einem kalt ins Gesicht, man muss auf die Eisplatten auf dem Weg aufpassen. Ein letzter Blick zurück und weiter geht es.
Die Stimmung erinnert mich plötzlich an Weihnachten, Schneeflocken fallen und das Licht ist irgendwie besonders.
Zügig geht es nun abwärts durch das Flatskirådalen bis zur Gammelbua, wo wir eine Pause einlegen. Das Wetter lädt aber nicht zu längerem Verweilen ein, der Nieselregen treibt uns weiter.
Es geht weiter ins Tal hinab, bis runter zum Fluss im Skirådalen. Die Stimmung ist gut, dann geht es wieder einen Anstieg hoch zum Skiråranden. Nun gibt es auch wieder Bäume, wir laufen durch Birkenwald und kommen zu einem Parkplatz bei Middagshjellan. Hier stehen reichlich Auto, scheinbar alle von Rentierjägern.
Wir folgen der Schotterstraße, überqueren die Linndøla und laufen zur Gammelsetra rein ins Linndalen. Wir beziehen das Haupthaus der alten Alm. Insgesamt gibt es vier Gebäude, alle sehr urig.
Nachdem alles eingerichtet ist und wir unsere Sachen zum trocknen an den offenen Kamin gehängt haben, gibt es was zu Essen. Die Speisekammer ist schon arg geplündert, so gibt es dann Erbswurst mit Bockwürsten. Der Rest des Tages wird Urlaub vor dem Kamin gemacht.
Lesen, Tee trinken, Lesen, Tee trinken. Unterbrochen nur vom Abendessen, Butternudeln mit sehr viel Chilli und sehr viel Knoblauch. Alter Schwede, das gibt ordentlich Power für morgen. Dann Lesen, Tee trinken, Lesen…
Tag 14 Freitag 16.09.11 Gammelsetra – Dindalshytta
Nach der üblichen Morgenroutine geht es gegen 10:00 Uhr los. Wir folgen eine ganze Weile einem Autofahrweg durch das Tal bis Hilderhjellen. Soweit alles sehr entspannt heute. Die Landschaft ist schön, die Berge sind angezuckert.
Dann geht es über schmale Wege entlang des Linndalsvatna und Storvatnet Sees. Einfach herrlich hier. Man kann richtig die Seele baumeln lassen. Ziemlich züging sind wir dann an der Veggasætra Alm. Da wir schnell unterwegs sind und die Etappe heute auch nicht so lang ist, lassen wir alle fünfe gerade sein und machen ausgiebig Pause am See. Die Hälfte für heute ist geschafft.
Ich sehe mich ein wenig um, die Alm ist verlassen, die Schafe scheinbar schon ins Tal getrieben.
Die heutige Etappe führt meist über Schotterpisten für Autos. So geht es also weiter über eben diese ins Dindalen.
Es zieht sich wie Kaugummi, wir müssen öfters den Fluss überqueren, kommen aber auch schnell voran. Irgendwann treffen wir dann auf die ersten Hütten und einen Schäfer, der gerade seine letzten Sauen einsammelt. Von den zweitausend Stück im Tal sind wohl nur noch wenige über geblieben, die aber machen wohl am meisten Arbeit. Er läuft mit den Tieren direkt vor uns her, wir unterhalten uns, Norwegisch ist gar nicht so schwer wie man immer denkt, und an der Hütte verabschieden wir uns.
Die Hütte ist echt gemütlich, wir heizen den Ofen an, somit bleiben wir für Nacht hier. Es ist noch früh am Tag, wieder gibt es Erbswurst, dann Kaffee und ich erfahre auch endlich das Ergebnis vom BVB Spiel am Dienstag. Sauber, unentschieden gegen Arsenal, Traumtor von Perisic.
Wir sitzen in der Sonne, trinken Kaffee und Tee, Lesen wieder mal. Gut das ich auf der Gammelsetra Hütte noch ein Buch von Anne Holt auf Deutsch gefunden hab, so langsam geht uns der Lesestoff aus. Nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist machen wir uns an das Abendessen. Auch in dieser Hütte sieht es mit Lebensmitteln mau aus, viele Sachen sind abgelaufen und die Auswahl doch sehr beschränkt. Für uns gibt es heut Pasta mit Dosenschinken und Kidneybohnen.
Gar nicht mal schlecht. Der Abend klingt dann am gemütlichen Kamin aus
Tag 15 Samstag 17.09.11 Dindalshytta – Fossem – Oppdal
Man ist das kalt denke ich am Morgen. Scheint ganz schön angezogen zu haben heute Nacht, erst mal das Fenster zu machen. Der letzte gemeinsame Wandertag steht an. Bereits gegen 9:00 Uhr soll es heute los gehen. Draußen zeigt das Thermometer -6°C an und auf der Scheibe vom Klohäuschen finden sich Eisblumen.
Schnell machen wir uns nach dem Frühstück auf und nehmen den Anstieg hoch in Richtung des Pershøa.
Wir folgen für circa 300hm den Treckerweg um dann gen Osten den Weg nach Fossem über das Soløfjellet zu nehmen. Das Wetter ist traumhaft, wir schwitzen elendig und es macht einfach nur riesig Spaß. Der Weg ist auf der Karte nicht als Sommerroute eingezeichnet und wird wohl auch nicht sehr viel begangen.
Wir haben etwas Mühe den Weg hoch zu finden, bekommen es dann aber doch irgendwann auf die Kette. Mit jedem Meter mehr hoch steigt die Stimmung. Es ist ziemlich anstrengend die ganzen Höhenmeter zu überwinden, aber Wetter und Aussicht machen das mehr als wett.
Es findet sich keine Wolke am Himmel. Auf ca. 1300 Metern machen wir kurz Pause für ein paar Fotos.
Dann geht es den Rest hoch. Auf den Pfützen und Bächen finden sich teils noch dünne Eisplatten. Oben auf 1400 Metern strahlt die Sonne. Was für eine tolle Etappe zum Abschluss unserer gemeinsamen Reise.
Am Horizont kann man schon Oppdal erahnen, man sieht die ersten Handymasten. Nach einer Weile auf dem Hochplateau geht es wieder abwärts in das Tronddalen.
Wir halten kurz inne, machen Pause und unterhalten uns über die letzten zwei Wochen. Freude kommt auf, so weit kann es eigentlich nicht mehr sein bis zum Ziel. Eigentlich.
Am Anfange geht es ziemlich steil runter zum Fluss. Schon hier fällt es uns schwer einen Weg auszumachen. Wir studieren Karten und Topo auf dem GPS, aber wir finden es einfach nicht. Egal, wir folgen einfach dem Fluss, wird schon passen. Gesagt, getan, die nächsten eineinhalb Stunden quälen wir uns einen mit Sträuchern zugewucherten Weg. Flüche und unflätige Wörter hallen durch das Tal. So ein „Dritt“!
Dann kommen auch noch Birkenwälder, die wohl von den winterlichen Schneemassen unwirklich verbogen wurden. Weiter Fluchen und Suchen, die Sonne brennt und der Frust steigt. Wir kommen nur mühsam voran, haben keinen Bock mehr. Endlich kommen wir nach Fossemssætra.
Kann ja jetzt nicht mehr weit sein. Pustekuchen, bis zur Straße ist es noch weit und einiges an Höhenmeter. Das Feierabendbier rückt in weite Ferne. Immerhin gibt es jetzt eine Art Treckerweg der aber ziemlich steil und Ausgefahren ist. Keine Ahnung wie man da überhaupt noch hochkommt, vielleicht mit einem Pistenbulli. Wir folgen dem Weg abwärts und Jørns Knie fangen an zu zicken. Langsam geht es voran. Doch leider verpassen wir an einer Stelle den eigentlichen Weg und gehen dem Treckerweg nach. Ein kleiner Umweg resultiert daraus.
Schließlich kommen wir zu einer Hüttensiedlung bei Sætrin, hier gibt es auch eine Straße die zur Hauptstraße nach Oppdal führt, unserem Ziel für heute Abend. Wir gehen auf der Asphaltstraße in Richtung Fossem, die Strapazen des Tages kommen langsam zum Vorschein, die Stimmung sinkt.
Da müssen wir jetzt durch, auch wenn es schwer fällt. Alsbald kommt der Fluss Driva mit seinen eindrucksvollen Stromschnellen in Sicht. Wir überqueren die Autobrücke und stehen bald an der E6 nach Oppdal. Was ein zähes Ende dieses schönen Tages. Aber noch nicht vollends zu Ende. Morgen geht Jørns Zug zurück nach Oslo, wir wollen es heute noch nach Oppdal schaffen und uns dort einen Campingplatz suchen.
Nun gut, wir wollen Trampen, es zumindest probieren. 12km on Top entlang der Straße zu Wandern würden uns dann doch eher weniger gefallen. Los also, immer entlang der E6 schlurfen und möglichst mitnahmewürdig aussehen. Aber leider scheint uns das Glück heute nicht hold zu sein.
Niemand hält oder macht wenigstens Anstalten. Weiter, immer weiter, wir lassen uns (noch) nicht entmutigen. Immerhin sind wir dann bald schon beim ersten Campingplatz vor Oppdal, dem Smegarden Camping. Wir sind ein wenig ratlos, haben keine Lust weder heute noch morgen in aller Frühe die restlichen 10km nach Oppdal zum Bahnhof zu laufen. Was nun, sprach Zeus?
Kurze Pause und Kräfte sammeln auf dem Campingplatz. Wir trinken was. Keine Ahnung warum, aber als ein Golf vorbei fährt, springe ich einfach auf, laufe auf das Auto zu, vielleicht haben wir ja Glück und wir bekommen eine Freifahrt. Tatsächlich hält der Golf, eine nette ältere Norwegerin ist ein wenig irritiert. Ich schildere unsere Miesere, sie kommt zu uns, sagt sie müsse kurz telefonieren. Jørn und ich gucken uns ein wenig verwirrt an, vielleicht geht da ja was.
Die Frau kommt zu uns, sagt, sie könne uns nicht fahren, aber ihr Enkel sitzt gerade noch beim Essen, würde uns aber gleich danach abholen und selbstredend gerne nach Oppdal bringen. Wir gucken uns verdattert an, bedanken uns überschwänglich. Super, mal wieder mehr Glück als Verstand gehabt.
Der eine Golf rollt vom Hof, der andere kommt auf uns zu. Ein Jugendlicher in Arbeitsklamotten steigt aus, begrüßt uns, stellt sich als Enkel und unserer Fahrer vor. Hey super. Wir stopfen seinen Wagen mit unserem Gepäck voll und los geht es.
Es stellt sich heraus, dass er uns wirklich gerne nach Oppdal bringt. Andernfalls müsste er nämlich gerade bei der Kartoffelernte auf dem Feld helfen, von daher doch lieber Deutsche durch die Gegend fahren.
Ein wenig Small-Talk über Rosenborg Trondheim und das Spiel von Leverkusen dort im letzten Jahr, ein wenig BVB und schon sind wir in Oppdal am REMA 1000 Supermarkt. Herzlichen Dank noch einmal an dieser Stelle, das war wirklich mehr als wir erwartet hatten. Wir verabschieden uns und freuen uns einen Ast, dass es wieder einmal geklappt hat.
Jetzt zuerst in den Supermarkt. Bald eine Woche nun haben wir uns ausgemalt, was wir uns als erstes zu trinken und zu essen kaufen würden. In unseren dreckigen Klamotten sehen wir seltsam deplatziert im Supermarkt aus. Die Fülle an Waren überfordert uns, zuerst gibt es ein Bier und eine Cola für uns beide.
Welch ein Genuss. Dann geht es zum Bahnhof, wollen herausfinden, wo der nächste Campingplatz ist. Am Bahnhof ist auch die Taxizentrale, die Chauffeure geben uns Tipps. Super, wir lassen unsere Rucksäcke bei ihnen, wir wollen noch kurz im Supermarkt Abendessen einkaufen und uns dann zur Feier des Tages mit dem Taxi zum Platz bringen lassen. So kommt es dann auch, eine halbe Stunde später sind wir beim Solly Campingplatz 2km außerhalb von Oppdal an der E6. Der hat zwar schon Saisonende, aber egal. Wir dürfen bleiben, das Sanitärgebäude ist offen, das reicht uns ja. Ein deutsches Pärchen zeltet auch da, sie wollen morgen in Richtung Rondane aufbrechen.
Wir genießen die heiße Dusche, den Komfort. Wir kochen Nudeln mit viel Soße, schlagen uns den Bauch noch mit Chips voll, schreiben Postkarten.
Gegen 21:00 Uhr wird es dann empfindlich kalt, wir kriechen ins Zelt. Wir stoßen ein letztes Mal auf die tolle und erlebnisreiche Tour an. Wahnsinn!