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Simon

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Vor einiger Zeit war ich in Bad Schandau bei den Globetrotter Wandertagen zu Gast und durfte dort die 40 Kilometer Runde unter die Füße nehmen. Im Rahmen der Wanderung und dieses Wochenendes sprach ich mit den Machern vom Globetrotter Magazin über meine Wanderungen durch Norwegen und wie man als Sauerländer nach Dresden kommt. Das resultat ist ein äußerst kurzweiliges Interview bei dem ich über mein Verhältnis zu Robben, wie es ist 45 km am Stück zu Wandern und was eine Budesligasaison mit einer Fernwanderung gemeinsam hat. Neugierig geworden? Viel Spaß beim Lesen!

Wenn die eigene Stimme im Radio zu hören ist, dann erzählt Opa von früher  Danke Erik von WELTWACH, dass ich dir von mir und meinen Wanderungen erzählen durfte!

Und wenn ich mir das dann zusammen mit meinen Enkels irgendwann im Schaukelstuhl auf der Veranda mit Blick über den Fjord anhören werde, dann wird das ganz sicher ein richtig cooler Moment! Ich freu mich jetzt schon drauf! Viel Spaß beim Reinhören!

Worauf zur Hölle habe ich mich da bloß eingelassen?

Genau diese Worte gehen wohl gerade einigen Leuten durch, die sich darauf vorbereiten bald durch ganz Norwegen zu laufen. All ihre Vorbereitungen neigen sich nun dem Ende entgegen, es wird langsam ernst – die Angst vor der eigenen Courage weicht der Aufregung und den Anstrengungen der Vorbereitung. Die Ausrüstung ist ausgewählt, die Route geplant und die Versorgungspakete gepackt. Es kann also bald losgehen. Aber wie ist das Wetter derzeit? Wie sind die Schneeverhältnisse in Südnorwegen gerade? Und überhaupt, was wird mich erwarten?

Eine Community entsteht

In den letzten Jahren ist in Deutschland so etwas wie eine kleine NPL-Community entstanden, was einfach richtig cool zu sehen ist! Es gibt sogar eine eigene deutsche NPL-Gruppe auf Facebook in der sich Aspiranten zu dem Thema austauschen können!Und auch wenn man Beispielsweise dem #norgepålangs Hashtag auf Instagram folgt, entdeckt man immer wieder Leute aus dem deutschsprachigem Raum, die gerade in Norwegen auf der Langstrecke unterwegs sind.

Im letzten Jahr haben wir selbst erleben dürfen, wie spannend es ist zusammen durch Norwegen zu wandern. Die Rückmeldungen auf dem Blog, auf Instagram und auch auf Facebook waren einfach unfassbar und haben uns immer sehr motiviert weiter zu machen. Vor, während und nach der Tour habe wir zahlreiche Nachrichten von Leuten bekommen, die ebenfalls planen eine solche Norge på langs Wanderung zu machen. Und jetzt geht es für einige von ihnen wirklich los!

Die Aspiranten 2019

Ich möchte euch die Leute vorstellen, die in diesem Jahr planen die NPL-Tour an einem Stück zu laufen. Wenn ihr darüber hinaus weitere Leute kennt, meldet euch gerne bei mir, ich ergänze die Liste dazu gerne!

Renée

Schwer zu sagen, wann ich das erste Mal so richtig von Renée und ihren Plänen gehört habe, aber vermutlich war es auf dem Fernwandern-Camp an der Rossmühle. Seitdem haben wir uns viel ausgetauscht und bei meinem Vortrag in Braunschweig durfte ich sogar bei ihr zu Hause zu Gast sein und wir haben bis tief in die Nacht über ihre Pläne gesprochen. Und nun weilt sie schon in Norwegen, bald geht es los! Ich drücke ihr sehr die Daumen, dass alles so gut klappt, wie sie es so akribisch geplant hat!

 

 
 
 
 
 
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Folgt Renee auf Instagram: https://www.instagram.com/foufinhaphoto/

Nathalie und Andreas

Nach meinem Vortag in Hagen vor kurzem stand plötzlich ein junges Paar vor mir und sprach mich an: „Wir wollen demnächst starten und auch NPL laufen!“ Mein Erstaunen und meine Freude über diese Worte waren groß! So etwas zu hören und die Leute dann auch persönlich zu treffen ist immer richtig cool! Und nun weilen sie schon in Norwegen, bald geht es für sie los! Ich drücke ihnen für ihren großen Traum alle Daumen!

Folgt Nathalie und Andreas auf ihrem Blog: https://www.füssesindzumwandernde.de

Swantje

Auf Swantje bin ich über die deutsche NPL-Gruppe auf Facebook aufmerksam geworden. Im letzten Jahr kündigte sie dort ihre Pläne an und hat sich seitdem super vorbereitet. Sie hat einen Blog eingerichtet und berichtet dort über ihre Vorbereitungen und bald schon darüber wie es ist, unterwegs zu sein!

Folgt Swantje auf ihrem Blog: https://aufdemwegnachnorden.com/

Toni

Er stammt aus der Schweiz, macht super Fotos und ist in Norwegen schon gestartet – mehr weiß ich eigentlich auch kaum über Toni. Aber folgt ihm auf Instagram, dort postet er immer mal wieder Stories über seine Tour!

 

 
 
 
 
 
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Und dann weiß ich über die NPL-Gruppe auf Facebook auch noch von Paulina, die anscheinend auch gerade plant, in diesem Jahr durch Norwegen zu wandern. Wir drücken euch allen beide Daumen und wünschen euch eine super Zeit auf dem Weg zum Nordkapp! Lykke til og god tur euch!

Kennt ihr darüber hinaus Leute, die in diesem Jahr versuchen NPL am Stück zu laufen? Meldet euch gerne bei mir, dann ergänze ich die Liste entsprechend!

»Kann ich nicht auch einmal zusammen mit dir auf Tour gehen?«

Zahlreiche Anfragen habe ich immer wieder bekommen, ob ich nicht zusammen mit einer Gruppe auf Tour gehen würde. Eine geführte Reise für alle, die gerne erleben wollen, wie es ist, in Norwegen auf Tour zu sein. Sich unterwegs gemeinsam über Erfahrungen, Ausrüstung und Norwegen der Länge nach auszutauschen. Am Abend dann in gemütlicher Runde beisammen sitzen und Tipps und Tricks rund um Fernwanderungen in Skandinavien wie Norge på langs bekommen – das alles wird in diesem Herbst nun möglich sein!

Zusammen gehen wir auf Tour!

Vom 1. September an geht es los, wir brechen im Rahmen einer geführten Reise auf in den Norden. Gemeinsam gehen wir auf Tour und nehmen das herbstliche Fjell unter die Füße. Mit Puretreks aus Soest habe ich dafür einen erfahrenen Partner gefunden, der uns diese wunderbare Tour ermöglicht. Ich selbst war schon als Teilnehmer einer Gruppe mit Jerome im Sarek auf Wintertour und war total begeistert von der Organisation und dem Ablauf der Reise und über Jeromes Guiding-Qualitäten braucht man gar nicht erst sprechen, das ist absolute erste Liga. Nun werde ich selbst der Guide sein und euch mitnehmen auf diese Tour, auf die ich mich schon unglaublich freue!

Die Hardangervidda ist Nordeuropas größte Hochebene und zeigt sich im Herbst von ihrer schönsten Seite. Das baumlose Fjell schillert im September in den schönsten Herbstfarben und die kristallklare Herbstluft kündet vom herannahenden Winter. Die Überquerung dieser Hochebene auf der klassischen Route zwischen Haukeliseter im Süden bis in den Norden nach Finse ist ein absoluter Trekkingtraum und perfekt für alle, die das skandinavische Friluftsliv auf Schusters Rappen mit Trekkingrucksack und Zelt erleben wollen.

  • Trekkingtour zusammen mit Simon
  • Intensiv und authentisch reisen, um das norwegische „Friluftsliv“ kennenzulernen
  • Trekking in spektakulärer skandinavischer Herbstlandschaft der Hardangervidda
  • Die Nächte am Start/Ende in Hütten bzw. Hotel, unterwegs im Zelt
  • Praktische Erfahrungen auf den Spuren von Norge på langs sammeln
  • Optional je nach Vorankommen und Wetter: Gletscherwanderung am Hardangerjøkulen / Besteigung des Harteigen

Der Herbst ist die ideale Zeit für eine längere Tour in dieser spannenden Umgebung. Der westliche Teil der Hardangervidda ist geprägt von rauer, abwechslungsreicher Natur. Auf unserer Route zeigt sich dann nach einigen Tagen der große Hardangerjøkulen-Gletscher am Horizont. Dieses riesige Eismassiv werden wir westlich umrunden und sollte sich die Möglichkeit ergeben, werden wir seinen Gletscherzungen einen Besuch abstatten. Mit etwas Glück kreuzen Rentiere unsere Wege und wir erleben gemeinsam eine großartige Zeit mit vielen Abenteuern in einer fantastischen Umgebung! Die Tour richtet sich an alle, die unter erfahrener Leitung erste praktische Erfahrung mit Mehrtagestouren in Norwegen sammeln und sich gerne in einer Gruppe draußen bewegen wollen.

Wir durchqueren die Hardangervidda der Länge nach

Wir werden nach Oslo reisen, uns dort treffen und dort vor Ort letzte Vorbereitungen treffen und gemeinsam Proviant für die Tour einkaufen.

Anschließend besteigen wir den Bus in Richtung Haukeliseter, von wo aus wir unsere Wanderung durch die Hardangervidda starten werden. Die klassische Durchquerung der Hochebene steht dann für uns auf dem Plan.

Die Route wird uns entlang der Hütten und Unterkünfte Hellevassbu, Litlos, Torehytten, Hedlo, Liseth und Rembedalseter führen. Wir werden dabei vorwiegend im Zelt übernachten und uns selbst mit dem versorgen, was wir vorher zusammen eingekauft haben. Gemeinsam als Gruppe treffen wir die Entscheidungen, wo wir unsere Zelte aufschlagen und wie lang die jeweiligen Etappen sind.

Das Ziel am Ende der Tour wird Finse sein, ein kleines Örtchen an der Eisenbahnlinie zwischen Oslo und Bergen. Im Schatten des Hardangerjøkulen-Gletschers befindet sich dort auf 1222 Metern Nordeuropas höchstgelegener Bahnhof und in der dortigen Hütte des DNT werden wir gemeinsam auf die erfolgreiche Wanderung anstoßen und die Tour ausklingen lassen.

Gemeinsam können wir unterwegs je nach Wetter und Vorankommen die Tour gegebenenfalls variieren, den einen oder anderen Berg wie den markanten Harteigen am Wegesrand erklimmen oder einen Ruhetag einlegen.

Die Tour richtet sich an alle, die gerne draußen unterwegs sind und gerne erste Erfahrungen im skandinavischen Fjell auf einer Mehrtages-Trekkingtour sammeln wollen. Wir werden das Gepäck und somit das Rucksackgewicht niedrig und den Anforderungen an die Jahreszeit und Umgebung entsprechend möglichst gering halten. Unterwegs besteht die Möglichkeit, auf den Hütten des DNT Proviant nachzukaufen und zur Mitte der Wanderung erhalten wir zusätzlich Gelegenheit unsere Vorräte in einem kleinen Laden aufzustocken.

Wer sich dieser wunderbaren Tour durchs herbstliche Fjell anschließen möchte, der findet alle genauen Details zur Reise direkt bei Puretreks

Und für alle Fragen rund um die Tour könnt ihr mich sehr gerne unter simon@simonpatur.de kontaktieren!

Einmal durch Norwegen wandern! Wie verrückt muss es sein, wenn man nicht nur ständig davon hört, sondern es dann tatsächlich selbst einmal erleben will? 

Anni berichtet in der aktuellen Ausgabe des raus!-Magazin, wie es sich anfühlt, seinen Traum zu leben. Wie ist das gleich nochmal mit Spaß und Freude auf solch einer Tour? Sich vorzustellen, wie es unterwegs wohl sein mag, ist die eine Sache, aber wie es sich dann wirklich anfühlt loszuziehen, diese Erfahrung muss jeder selbst machen.

Ich bin wahnsinnig stolz auf Anni! Auf ihren Mut, ihren Durchhaltewillen und ihre Ausdauer! Zusammen durch Norwegen zu laufen ist einfach so unglaublich schön! Aber auch oft anders, als man es erwartet hat. Alles auf Tour zu teilen, die schönen wie auch die schwierigen Momente, ist einfach unbezahlbar. Aber jetzt lest selbst mit Annis Worten was es heißt, Norwegen der Länge nach zu Fuß zu durchqueren! Viel Spaß beim Lesen!

raus!

Im Outdoor-Kleiderschrank stapeln sich Klamotten, neue Dinge kommen dazu und die alten gehen oft nicht im gleichen Maße. Was macht man mit den Sachen und Dingen, die man nicht mehr benötigt? Könnte die nicht noch jemand gebrauchen? Was könnte man damit machen? Und wem gebe ich die Dinge, die ich nicht mehr brauche oder nicht mehr haben will?

Klar, man kann sie verkaufen oder auch einfach in die Tonne werfen, aber ich finde gerade die einfache Entsorgung ziemlich problematisch, schließlich könnte jemand anderes sie noch gut gebrauchen oder etwas Neues daraus machen. Ich will Bekleidung und Ausrüstung nicht nur konsumieren, sondern mich auch darum kümmern, dass wenn ich sie nicht mehr haben möchte, sie vertrauensvoll weitergeben kann.

Wir machen das jetzt!

Die Farben des Logos von meinem Partner Bergans of Norway werden ja bekanntlich von einem satten Blau dominiert, aber seit geraumer Zeit gewinnt zumindest im Hintergrund Grün deutlich an Bedeutung. Nicht nur in Norwegen schärft sich gerade in rasender Geschwindigkeit die Sensibilität für Umweltschutz und Nachhaltigkeit, auch global nehmen das Bewusstsein und die Sorge der Menschen um Mutter Natur zu. Freilich nicht immer freiwillig, aber das man etwas tun muss, ist mehr als offensichtlich, die Ressourcen unseres Planeten sind endlich und wenn wir den nachfolgenden Generationen auch nur den Hauch einer Chance zu einem guten Auskommen mit unserer Umwelt und den vorhandenen Möglichkeiten geben wollen, dann müssen wir jetzt direkt anfangen, selbst etwas zu tun und zu ändern.

Genau diesen Gedanken hat Bergans of Norway bereits vor einiger Zeit aufgegriffen und sich rund um das Thema Nachhaltigkeit viel überlegt. Man verwendet zum Beispiel nur noch RDS-zertifizierte Daunen für seine Produkte und bringt eine komplette Kollektion aus recycelten Materialien heraus, die deutlich weniger Ressourcen als bisher üblich verbrauchen. Dabei heraus sind auch einige andere wirklich coole und neue Ideen gekommen, die in Norwegen bereits groß eingeschlagen sind und schon nach kurzer Zeit überaus großen Erfolg erzielt haben.

Eine der Ideen dabei ist, dass man den Lebenszyklus von Produkten erhöht bzw. dass man die Produkte, wenn der Kunde sie aus welchen Gründen auch immer nicht mehr benötigt, weiter verwendet oder gezielt daraus etwas Neues entstehen lässt und sie nicht einfach wegwirft. Man wollte einen Anreiz schaffen, dass der Kunde die Bekleidung auch wieder in den Kreislauf zurück gibt und sie nicht einfach wegwirft.

So kam man auf die Idee der „Pantepose“, oder wie man auf Deutsch sagen würde, der „Pfand-Tüte“. Das Prinzip dabei ist ganz einfach:  Wenn man zu Hause ein Outdoor-Produkt wie eine Jacke, einen Rucksack oder eine Hose hat, die nicht mehr benötigt wird, weil sie einem nicht mehr gefällt oder man der Meinung ist, dass das Produkt aufgetragen ist, dann kann man sich bei Bergans auf der Website https://www.bergans.com/pant eine „Pantepose“ bestellen (leider ist das System bisher nur auf Norwegen beschränkt, Anfragen bzw. Rücksendungen aus dem Ausland können derzeit noch nicht verarbeitet werden, die Pantepose ist bislang nur in Norwegen verfügbar).

Mit dieser Versandtasche kann man dann die Sachen an Bergans per Post schicken, der Beutel ist schon entsprechend frankiert, sodass der Versand für den Kunden bzw. Rücksender kostenlos ist. Bergans nimmt sich dann der Sachen an und schaut, was man aus ihnen noch machen kann. Im Gegenzug erhält man einen 20%-igen Rabattgutschein auf den nächsten Einkauf bei Bergans. Man möchte dem Kunden so die Entscheidung zur Rückgabe möglichst einfach und unkompliziert machen, und zudem auch einen Anreiz schaffen, das System zu nutzen.

Man kann natürlich seine gebrauchten Sachen auch direkt bei Bergans in den entsprechenden Geschäften in Oslo oder Ski abgeben, das haben wir vor zum Beispiel vor unserer Tour in diesem Jahr gemacht und Dinge abgegeben, die wir nicht mehr benötigen. Ich finde die Idee der Pantepose auch aus der Sicht des Markenbotschafters super. Es kann schon vorkommen, dass sich nach einer gewissen Zeit viele Dinge zu Hause wiederfinden, die man nicht mehr benötigt oder die man nicht mehr benutzt. Und die Dinge dann über ein System wie Pantepose zurückzugeben finde ich einfach gut und logisch. So kommen die Dinge wieder in gute Hände und leben weiter und erleben weitere Abenteuer – „lang lebe das Produkt“ formuliert es Bergans!

Der Clou an der Pantepose Sache ist aber vor allem auch, dass es völlig egal ist, von welcher Marke die Sachen sind, die man zurück gibt, sie müssen nicht von Bergans sein. Und die Versandtasche ist selbstverständlich auch zu 100% recycelbar und in naher Zukunft auch aus Recycling-Material hergestellt, die Umstellung darauf läuft gerade auf Hochtouren.

Schritt für Schritt zum großen Ziel

Wie bereits am Anfang erwähnt muss man ja irgendwo anfangen, man kann in der Regel nicht das ganz große Ding erfinden und direkt erwarten, das alle Menschen über Grenzen hinweg begeistert und freiwillig zum Mitmachen animiert sind, das ist ganz klar. Daher hat Bergans zu allererst im heimatlichen Norwegen angefangen, die Ideen und das Konzepte der Pantepose als Pilotprojekt umzusetzen.

Hier sind die benötigten Ressourcen für die Umsetzung schon vorhanden, es gibt zum Beispiel von je her bei Bergans eine Näherei zur Reparatur von Produkten. Und auch im 2016 neu eröffneten Flagship-Store in der Osloer Innenstadt gibt es eine kleine Nähstube, in der Kunden ihre Bekleidung flicken oder ändern lassen können.

Lang lebe das Produkt – Long live the product

Wenn der Kunde nun seine Sachen an Bergans zurückschickt, kommen diese bei Bergans im Lager am Standort des Hauptquartiers in Hokksund an. Hier beginnt nun die eigentliche Arbeit mit den gebrauchten Sachen, sie werden vor Ort in Augenschein genommen und sortiert.

Produkte von Bergans, die noch gut zu gebrauchen sind und vielleicht nur etwas aus der Mode gekommen sind, werden gesäubert und dann als gebrauchte Ware im Flagship-Store in Oslo günstig verkauft. Alle etwaigen Gewinne aus dem Pantepose System werden an Organisationen wie Mountain People oder EOCA gespendet.

Die Dinge von anderen Marken, die man noch gebrauchen kann, werden gemeinnützigen Organisationen gestiftet und erhalten so ein zweites Leben und kommen so Menschen zu Gute, die auf Hilfe angewiesen sind. Ebenso Sachen von Bergans, die noch in Ordnung sind, aber nicht mehr zu verkaufen sind.

Aus Dingen, die man nicht mehr verkaufen kann, versucht Bergans in der eigenen Näherei neue Dinge zu nähen. Das können dann kleinere Taschen, Laptop-Schutzhüllen oder andere Accessoires sein. Hier in der Näherei werden auch Menschen beschäftigt, die als Flüchtlinge nach Norwegen gekommen sind. Sie können sich hier mit ihren teils herausragenden Fähigkeiten rund ums Nähen einbringen und dazu beitragen, dass die Sachen ein neues Produktleben beginnen können.

Wir hatten vor unserer Norge på langs Tour die Gelegenheit, uns das ganze Pantepose System von Bergans aus der Nähe und auch hinter den Kulissen anzusehen. Der Erfolg gibt Bergans recht, wenn auch Erfolg in diesem Zusammenhang ein komisches Wort ist, denn eigentlich müsste es ja normal sein, dass man Dinge nicht nur konsumiert, sondern sich auch mit den Auswirkungen von Konsum auseinandersetzt.

Von daher hoffe ich sehr, dass das System möglichst bald auch nach Deutschland kommt. Vielleicht ja auch nicht nur auf Bergans beschränkt, sondern auch marken-übergreifend. Aber wie auch immer, ich persönlich stehe voll hinter der Pantepose und finde es eine super Sache. Wir müssen mit unseren Ressourcen richtig umgehen und wir müssen damit endlich richtig anfangen. Wie auch bei der langen NPL-Tour muss man starten und losgehen, den Anfang machen. Und mit der Pantepose als einem Stück im Gesamtkonzept geht Bergans auf jeden Fall in die richtige Richtung!

Wir sind angekommen. Es ist der zweite Advent, draußen fällt fieser Nieselregen, der Wind weht die dicken Regentropfen ans Fenster, im Freien möchte man gerade nicht sein. Wir sind nun schon eine Weile zurück in Deutschland, aber zu Hause war zumindest ich dabei irgendwie bisher kaum, erst langsam finde ich meinen, finden wir unseren Platz.

Der Begriff „zu Hause“ definiert sich gerade für uns zusammen vollkommen neu. Schon komisch, ich denke immer noch auf Tour zu sein, komme erst langsam an, der Kopf hängt dem Körper um einige Zeit hinterher. Auf der einen Seite ist die Tour schon so unendlich weit weg, auf der anderen Seite ist alles noch ganz nah und präsent.

Keine Ahnung wie oft ich in diesem Jahr an einem anderen Ort geschlafen habe, aber weit über 100 verschiedene Orte werden es sicher gewesen sein, richtig zur Ruhe kommt man dabei kaum. Nach der Rückkehr vom Nordkap war ich direkt auf Vortragstour und das war einfach richtig cool! Zwar habe ich bei diesen Vorträgen noch von der Norge på langs Wanderung 2013 berichtet (da die neue Tour noch zu frisch war), aber die Rückmeldungen dazu waren durch die Bank unglaublich positiv! Es macht mir unfassbar große Freude, die Zuhörer abzuholen und nach Norwegen mitzunehmen. Was für eine Ehre und was für ein wahnsinniges Gefühl auf der Bühne zu stehen, zu erzählen und diesen Zuspruch zu erfahren!

Aber das Gefühl anzukommen hatte ich während der Fahrten zu den Veranstaltungsorten kreuz und quer durch die Republik nicht, ich war des Reisens zum Schluss etwas müde, der Kopf kam nicht mehr hinterher. Am Ende war ich echt froh, als ich endlich in Dresden ankam. Anni hatte da schon einen kleinen Vorsprung, war sie doch quasi direkt in Dresden gelandet, während ich noch unterwegs war.

Herzlich willkommen im Elbflorenz

Wir hatten schon vor der Tour festgelegt, dass wir in Dresden erst einmal unsere Zelte aufschlagen wollen. Viele Argumente sprachen dafür, Freunde und die Familie von Anni sind hier und die Aussicht wieder einen geregelten Alltag mit Arbeit zu haben, schien hier am erfolgsversprechendsten zu sein.

Und ganz genau so war es auch, Anni hat die Zeit hier sofort genutzt und hat direkt einen Job als Globetrotter gefunden, passender geht es wohl kaum. Und auch bei mir tut sich etwas, die Arbeit ruft immer lauter und spätestens im neuen Jahr hat mich die Arbeitswelt sicher wieder.

Ich will gerne wieder arbeiten und mich engagiert auf der Arbeit einbringen, gar keine Frage. Warum auch nicht, denn wenn man sich als Abenteuer- oder Vortrags-Profi etablieren möchte, dann muss man in meinen Augen zu viele Kompromisse an allen möglichen Ecken eingehen, um im monetären Sinne einigermaßen erfolgreich zu sein, ansonsten funktioniert das ganze leider zumeist eher schlecht als recht. Mit dem Reisen und Abenteuern sein Geld zu verdienen und ein einigermaßen gutes Auskommen zu haben, ist schwerer als man denkt. Ich hab mit vielen Leuten darüber gesprochen, selbst viele Erfahrungen gemacht und viel darüber nachgedacht – mein Weg ist das nicht. Zudem möchte ich mir auf Reisen und auch bei den Vorträgen diese Neugier und auch diese Romantik bewahren, die schnell flöten geht, wenn man als „Profi“ unterwegs ist. Nur unterwegs sein um des Unterwegsseins Willen ist einfach nicht meins. Ich will die Vorfreude und Aufregung spüren, wenn es wieder los geht, egal ob ins Abenteuer oder auf die Bühne bei einen neuen Vortrag.

Wir sind also in Dresden angekommen. Es läuft alles so, wie wir es uns vorgestellt haben. Die Unterstützung von allen Seiten ist großartig und wir freuen uns sehr, dass wir hier einen wunderbaren Ort vorgefunden haben, um an- und runterzukommen.Aber dennoch ist der Kopf noch ständig unterwegs. Erst langsam kommt Grund in alles hinein, wir haben uns eingerichtet und wir haben alle rein praktischen Dinge erledigt, die so angefallen sind oder auch im Laufe der Zeit von Ende Mai bis Ende Oktober dieses Jahres aufgrund der Tour liegen geblieben sind. Die Listen werden kürzer und alle möglichen Dinge regeln sich, ein gutes Gefühl nach all der Arbeit der letzten Tage. Erste Termine für neue Vorträge sind eingetütet und auch das eine oder andere spannende Abenteuer zeichnet sich zaghaft am Horizont ab.

Während der Tour war alles so einfach: Schlafen, essen, wandern, essen, schlafen und das ganze 132 Tage lang. Kaum ist man zurück in der „normalen“ Welt, ist alles auf einmal so unendlich kompliziert geworden, und sei es nur die unendliche Auswahl im Supermarkt. Von der Hektik und dem vorweihnachtlichen Trubel um einen herum in der Stadt will ich gar nicht erst anfangen.

Man muss sich seinen Platz suchen, ständig Entscheidungen treffen, die teilweise kleinere, aber auch größere Auswirkungen haben. Selbst kleine Dinge können zum Erfolg des großen Ganzen beitragen und müssen mit in Betracht gezogen werden, das macht die Sache aber auch nicht einfacher.

Es fällt mitunter schwer, den Überblick zu behalten, wie schön wäre da eine Lebenskarte von der Stange, auf der man nur dem eingezeichneten Weg folgen muss, den sich irgendjemand ausgedacht hat und der erfolgsversprechend zu sein scheint. Aber hei, so läuft das nicht, jedenfalls nicht bei uns. Wir tasten uns langsam vor, wollen unsere Karte selbst zeichnen und unseren Weg selbst finden und aussuchen. Das ist manchmal nicht ganz so einfach wie der gerade Lebensentwurf und Karriereplan, der so manchen umtreibt oder der einem manchmal auch von außen auferlegt wird.

Wir gehen vielleicht so manchen Umweg, aber das machen wir gerne. Wir machen es uns oft nicht einfach, aber das machen wir gerne, denn nur so kann man herausfinden, was einen am Ende wirklich glücklich und zufrieden macht. Man muss manchmal etwas wagen und einiges investieren, um langfristig erfolgreich und vor allem glücklich zu sein. Man muss sich ehrlich hinterfragen und ehrlich zu sich selbst sein, um dauerhaft einen Weg zu finden, der einen erfolgreich macht, persönlich und auch zusammen mit Freuden und vor allem auch dem Partner.

Die Entscheidung im Mai von der schnurgeraden Autobahn abzubiegen und auf die kurvige Landstraße des Lebens einzubiegen, war sicher nicht leicht, aber für uns genau richtig. Manchmal ist es nicht so wichtig, möglichst schnell ans Ziel zu kommen, viel wichtiger ist es doch, auf möglichst schönen Wegen dorthin zu gelangen, auch wenn die Kurven und Auf- und Abs oft anstrengend sind. Aber wer weiß am Ende schon, wann das Ziel in Sicht kommt. Da ist der schönere Weg doch die bessere Wahl.

Ab und zu gibt es dann auf der Landstraße auch Umleitungen, Baustellen und manchmal biegt man unterwegs sogar kurz falsch ab, weil man sich eben noch nicht so gut auskennt, aber am Ende kommt man auf diese Weise doch nicht so abgehetzt und so ausgelaugt ans Ziel wie auf der Autobahn. Man kann auch auf der Landstraße einfach mal gefahrlos anhalten und aussteigen, muss nicht auf extra dafür eingerichtete Parkplätze warten, die zumeist eh nur überfüllt und zu teuer sind.

Zwei Spinner in Richtung Wilder Mann

Dass der Weg das eigentliche Ziel ist, das ist nur eine der Erkenntnisse unserer Wanderung, aber das ist im Grunde jedem klar, der schon einmal richtig gereist ist, also nicht nur im Urlaub war. Wir wollen ankommen, ja, das stimmt, aber nicht möglichst schnell und möglichst nicht von Zwängen von außen getrieben. Seine Träume zu leben, die Konjunktive zu verbannen, um herauszufinden, was man möchte und wohin die Reise am Ende geht, das ist oft gerade am Anfang, wenn man den ersten Schritt tun muss, nicht leicht, aber es lohnt sich. Ganz egal wann man den Schritt wagt, es ist nie zu spät dafür. Klar ist aber auch, dass die Leitplanken der Autobahn dem einen oder anderen auch Sicherheit geben und vermitteln, gar keine Frage. Wer sich auf der Autobahn des Lebens wohl fühlt, dem will ich auch gar nicht abraten, davon abzubiegen. Aber auch die Autobahn ist nicht frei von Risiken, auch wenn alle Autos nur in die gleiche Richtung zu fahren scheinen.

Wenn wir uns von unserer neuen Heimat doch einmal wieder auf die Autobahn begeben müssen, weil wir aufbrechen in kleinere und auch größere Abenteuer, so heißt unsere Autobahn-Auffahrt „Wilder Mann“ – viel passender hätte es für mich irgendwie gar nicht kommen können. Ich fahre jedes Mal mit einem Lächeln ab von der Autobahn an dieser Anschlussstelle. Auch die Straßenbahn zu unserem neuen Zuhause trägt diesen Namen im Display, so einfach kann es manchmal sein, den richtigen Weg zu finden. Ein „wilder“ Mann und eine „wilde“ Frau in Dresden, die spinnen doch.

Das Leben ist wild, gar keine Frage, manchmal tun da Leitplanken und Schienen gut, aber ob man nur so ans Ziel kommt?

Lass dein altes Leben hinter dir,
und geh durch diese neue Tür!
Das geht raus an alle Spinner,
denn sie sind die Gewinner!
Wir kennen keine Limits,
ab Heute – für immer!

Das geht raus an alle Spinner!
Weil alles ohne Sinn wär,
ohne Spinner wie dich und mich!

(Revolverheld – Spinner)

Der erste Schritt ist der Wichtigste und dann geht man einfach los, die Belohnung wartet!

Es hat sich für uns sehr gelohnt, mit Plan ins kalte Wasser zu springen. Jetzt müssen wir nur noch irgendwie irgendwann irgendwo ankommen. Wir sind auf einem guten Weg, aber ein bisschen müssen wir noch gehen und ausprobieren.

Bevor ich Jerome Blösser das erste Mal traf, hatte ich schon so viel von ihm gehört. Egal ob es Martin Hülle war, mit dem ich einigen Touren unternommen habe und der Jerome super gut kennt, oder auch mein Kumpel Rene, der früher bei Helsport gearbeitet hat und da auch mit Jerome in Kontakt war, alle sprachen in den höchsten Tönen von ihm! Immer wieder war ich über Jerome gestolpert, wenn es um spektakuläre Touren, vornehmlich in den Wüstenregionen, ging. Wer ist also dieser Typ, der so gern in den Wüsten dieser Erde unterwegs zu sein scheint?

Jerome ist bekannt für seine Expeditionen und Abenteuer in sowohl heißen wie auch kalten Gegenden, egal ob Sahara oder Grönland, er fühlt sich überall pudelwohl. Aus seiner Leidenschaft erwuchs irgendwann der Wunsch, sein Hobby zum Beruf zu machen und so gründete er die Firma Puretreks und fing an, Reisen in kleinen Gruppen in spektakuläre Ecken dieses Planeten anzubieten.

Einer, der seinen Traum wirklich konsequent lebt

Über die Jahre hat sich Jerome eine enorme Reputation erarbeitet und seine Touren und Reisen genießen einen exzellenten Ruf. Das ist vermutlich vor allem dadurch begründet, dass Jerome nahezu sämtliche Touren selbst als Guide begleitet und natürlich auch durch seine enorm coole Persönlichkeit.

Wenn man ihn unterwegs erlebt, hat man nicht das Gefühl, dass dort jemand einfach seinem Job nachgeht, nein, bei Jerome merkt man stets die Leidenschaft für das, was er tut. Klar, er ist der Guide und sagt wo es lang geht, aber ansonsten fügt er sich ganz normal in die Gruppe ein, wie ein Kumpel mit dem man auf Tour geht. Seine zupackende Art und ein stets flotter Spruch auf den Lippen machen ihn zu einem ganz besonderen Menschen, mit dem ich sofort auf einer Wellenlänge lag.

Ein echter Kumpel und Abenteurer

Wir trafen uns dann per Zufall das erste Mal im Büro meines ehemaligen Arbeitgebers, als er mit meinem damaligen Helsport Kontakt unterwegs war und Jerome war mir auf Anhieb total sympathisch. Dann trafen wir uns auf der Outdoor-Messe wieder und irgendwann klopfte er bei mir an, ob er nicht ein Interview für seinen Blog mit mir machen dürfte. Wir kamen ins Gespräch und blieben in Kontakt, irgendwann kam dann die Anfrage, ob ich nicht bei einer von Puretreks und Jerome angebotenen Touren mit dabei sein wolle! Und ob ich wollte, denn es sollte auf eine Winterdurchquerung des isländischen Hochlandes gehen.

Am Ende ging es dann nicht nach Island, sondern in den Sarek, aber das tat der Begeisterung keinen Abbruch. Die Wintertour dort war der absolute Hammer und ich hab mich während der Tour richtig mit Jerome angefreundet. Ich habe ihn dort als absolut positiven und reflektierten Menschen erlebt, mit dem man viel Spaß haben, aber auch große Abenteuer bestehen kann! Wir haben auf dieser Tour viel gelacht und viel gemeinsam erlebt, uns gegenseitig viele Geschichten erzählt. Nur eine Sache, die fiel mir dann doch auf und rief in mir wenig Begeisterung hervor: Jerome ist doch tatsächlich ein großer Fan von den Blauen aus der verbotenen Stadt – also von Schalke.

Im Sarek lief er doch das ein oder andere Mal hinter mir her, als ich dran war die Spur im Schnee zu treten. Seine Sprüche ob des BVB-Aufklebers auf meiner Pulka kann ich bis heute nicht nachvollziehen 😉

Auf dieser Reise kreisten unsere Gespräche auch immer wieder darum, dass Jerome seine Erlebnisse gerne einmal niederschreiben und ein Buch daraus machen würde. Wir sprachen viel darüber und nun ist es wirklich soweit, Jerome hat tatsächlich im Verlag Frederking & Thaler ein Buch veröffentlicht! Vor wenigen Tagen durfte ich es endlich in Händen halten und ich bin rundherum begeistert! Die Mischung aus einzelnen Episoden in verschiedenen Wüstenregionen, Wissenswertem zu den Gebieten und Tipps passt perfekt, man geht sofort mit Jerome auf Reisen. Und die Bilder, nun, die laden direkt zum Träumen ein!

In seinem Buch Freiheit unterm Wüstenhimmel erfährt man auf 186 Seiten viel über Jerome, was ihn antreibt und was ihn bewegt. Man spürt förmlich seine Begeisterung für das, was er tut und was er auf seinen Reisen erlebt (hat). Wenn man genau das macht, woran man Freude hat, dann kommt am Ende ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben dabei herum – und manchmal auch solch ein wunderbares Buch!

Du hast schon so viele spannende Reisen unternommen, aber erst jetzt erscheint ein Buch darüber. Wie kam es dazu?

Die Idee, ein Buch zu machen, war eigentlich schon lange in der Schublade. Doch wie es halt immer so im Alltag ist, hat man zu viele Projekte auf dem Tisch oder – wie bei mir – ist mehrere Monate pro Jahr auf Touren unterwegs. Irgendwann hab ich zu mir gesagt: „Jetzt mach endlich mal ein Exposé fertig und nimm Dir eine Woche Zeit, um die Buch-Idee aufs Papier zu bringen!“ Dann habe ich einige große Verlage angeschrieben… und einige Monate später bekam ich positive Antwort von einem Münchner Verlag, dass sie mein Projekt verwirklichen wollen.

So ein Buch bedeutet ja viel Arbeit – wie konntest du das neben deinem normalen Job als selbständiger Reiseveranstalter stemmen?

Das ging nur mit absoluter Zeitplanung und perfekter Selbstorganisation. Der Vorteil war ja, dass bei Verlagen generell in längeren Zeiträumen für eine Buchproduktion gedacht wird. Ich wusste ein gutes Jahr vorher, wann es erscheinen soll und konnte so ein gutes Zeitfenster planen, in dem ich nicht auf Tour bin und auch mein normales Office-Leben auf ein Minimum reduziere, um jeden Tag einige Stunden am Buch schreiben zu können.

Ursprünglich kommst du ja aus Berlin, wie hast du den Weg aus diesem urbanen Moloch hinaus in die Wüsten dieser Welt gefunden?

Das Komische ist, dass ich – obwohl ich ja in der Großstadt geboren wurde – immer gern draußen war. Im Sommer war ich nur im Stadtpark, auf Inlinern oder mit dem Bike unterwegs und maximal zum Essen mal zu Hause. Außerdem haben mich Wüsten schon als Kind fasziniert. Wenn ich Bilder von Dünen gesehen habe, wollte ich da unbedingt mal hin. Dann kam die erste Tour, mit dem Motorrad einmal durch die Sahara. Ein großartiges Erlebnis, und trotzdem waren die schönsten Momente die am Abend, wenn das Motorrad abgestellt war und ich auf einer Düne saß und die Stille wie Weite erst so richtig gespürt habe. Da war schon klar, dass die nächste Tour zu Fuß sein wird. Nicht schneller reisen, als der Geist folgen kann, sozusagen.

Und wie kam es dann, dass du dein Hobby zum Beruf gemacht hast?

Ich habe schon früh beruflich viel Verantwortung gehabt, gutes Geld verdient und so dieses klassische Managerding gemacht: Viel arbeiten, Dienstwagen und satt Kohle. Aber ich hatte auch immer dieses Gefühl, wenn ich im Büro aus dem Fenster schaute: Mensch, da draußen zieht irgendwie das wirkliche Leben an dir vorbei. Meine kompletten Jahresurlaube und den Leerlauf zwischen Jobwechseln hatte ich schon länger in Wüsten verbracht und mir sehr viel Wissen und Erfahrung angeeignet. Dann war ein Job irgendwann so furchtbar, dass ich mir geschworen hab: Raus hier! Nie wieder einen Anzug tragen und endlich das machen, wo mein Herz wirklich dran hängt.

Du bist in Wüstenregionen unterwegs und liebst sowohl die Wärme als auch die Kälte. Die meisten Leute sind entweder für das eine oder für das andere gemacht – wie bekommst du beides hin?

Bis auf die Temperaturen findet man in den heißen, meist sandigen, Wüsten sehr viele Parallelen zu den Eiswüsten. Die klassische aride Wüste ist sicher einfacher zu bereisen. Wenn man auf einige Dinge achtet, kann eigentlich nicht viel schiefgehen und man hat viele sehr entspannte Momente. In den Eiswüsten ist die Kälte 24 Stunden dein Feind. Es hat lange gebraucht, bis ich Frieden geschlossen habe mit den Eiswüsten. Aber es ist natürlich auch eine einzigartige Landschaftsform und mit gutem Equipment sowie Erfahrung ein tolles Abenteuer. Die Eiswüste verzeiht aber keine Fehler. Ich rate auch wirklich niemanden, allein ohne Erfahrung auf eine Wintertour zu gehen. Das endet ganz schnell in einer Katastrophe.

Wie ist es eigentlich, wenn man beruflich so viel wie du reist? Ist das nicht irgendwann auch langweilig?

Nee, unterwegs zu sein ist wie eine Droge. Wahrscheinlich ist es aber auch eine Typfrage. Ich bin, glaube ich, ein Nomade im Herzen und brauche es, regelmäßig unterwegs zu sein und neue Eindrücke in der Welt zu sammeln. Langweilig wird es nie, das Einzige, was mich wirklich ankotzt mittlerweile, ist das Packen für jede Tour. Hundert Mal gemacht und sicherlich voll routiniert, geht es mir aber immer mehr auf den Geist.

Auf was muss ich besonders achten, wenn ich in der heißen Wüste unterwegs bin?

In jedem Fall, genügend Wasser mitzunehmen und Sonnenschutz zu tragen. Ohne Essen kann der Mensch schon mal eine Zeit auskommen, aber ohne Wasser geht es schnell dem Ende zu.

Hast du unterwegs auf all deinen Reisen auch schon mal richtig brenzlige Situationen erlebt?

Ja schon, wobei ich denke, dass man auch wenn man 25 Jahre hübsch zu Hause bleibt, einem auch dort brenzlige Situationen passieren können. Die schlimmsten Sachen waren Unfälle mit dem Jeep oder Motorrad und einmal habe ich eine Giftschlange am Lagerfeuer totgeschlagen, bevor sie uns Probleme bereitet. Die Menschen, die mir und meinen Gruppen begegnet sind, waren wirklich alle 100% super freundlich. Ein Wochenende in jeder europäischen Hauptstadt ist da sicher reicher an Gefahren!

Politik spielt ja in einigen Gegenden, in denen du unterwegs bist, ein große Rolle – was bedeutet das für dich als Reisenden?

Ja, das spielt eine immer größere Rolle. Die Globalisierung spürt man auch in den entlegensten Winkeln der Erde. Klar, es geht oft um multinationale Interessen, um Gas und Öl und andere Rohstoffe. Da merkst du schon, wie über Jahre sich selbst das Leben der Nomaden verändert. Auch Terrorismus ist ein globales Problem geworden und praktisch überall zu finden. Heute kann man aber viel schneller Informationen bekommen als vor 25 Jahren und für mich ist es immer wichtig, gute Kontakte mit den Einheimischen zu haben. Wenn du da gut vernetzt bist, bist du auch immer gut informiert, wenn irgendwo der Druck auf dem Kessel zu hoch wird und irgendwas Ungutes bevorsteht.

Bisher war ich immer im eher kühlen Norden unterwegs, wie machst du mir die heißen Wüsten schmackhaft, in denen du so gerne unterwegs bist?

Ich sage mal: Du musst dich auf die Hitze mental einstellen und eigentlich nur die Stunden von Mittag bis spätem Nachmittag überstehen, dann verwöhnt dich die heiße Wüste mit total angenehmem Klima. Ganz selten mal Regen, man kann entspannt im T-Shirt ums Lagerfeuer sitzen, braucht meist nur einen dünnen Schlafsack und ist vor allem einmal wirklich weg von allen Zivilisationsdingen. Keine Termine, 100% offline und befindet sich in einer sensationellen, menschenleeren Landschaft, fast wie auf einem fernen Planeten.

Doofe Frage zum Schluss: Dein Lieblingserlebnis auf all diesen Reisen?

Oh, da gibt es so viele schöne Erlebnisse, dass man keins so richtig hervorheben kann. Absolut magisch ist natürlich jeden Tag die Stunde um den Sonnenuntergang herum. Wenn die Dünen in warme, rötliche Töne getaucht sind und die Landschaft etwas total friedliches ausstrahlt.

Vielen lieben Dank Jerome für die Eindrücke zu dir und deinem Weg, den du ja schon seit geraumer Zeit so konsequent und erfolgreich gehst. Ich kann jedem, der sich in welcher Form auch immer fürs Draußensein und insbesondere für die Wüsten dieser Erde interessiert, Jeromes Buch wärmstens ans Herz legen. Man spürt darin sofort die Leidenschaft und Begeisterung, mit der Jerome seine Reisen angeht. Wer gerne einmal mit ihm gemeinsam auf Tour gehen möchte, kann sich auf www.puretreks.de direkt an ihn wenden! Es lohnt sich, versprochen!

Das Buch Freiheit unterm Wüstenhimmel von Jerome Blösser ist in jeder Buchhandlung erhältlich oder direkt bei Jerome bestellbar.

 

Der eine oder andere wird es vielleicht längst gelesen haben: In den aktuellen Ausgaben vom Nordis – und raus! Magazin sind Artikel von uns bzw. über unsere neue Norge på langs Tour erschienen. Dort könnt ihr etwas über die Outdoor Academy of Scandinavia und Winterfreuden in Lappland erfahren. Und natürlich auch etwas über unsere Wanderung durch Norwegen!

Einfach aufs Bild klicken und den Artikel aufrufen – viel Spaß also beim Lesen!

Zu Besuch im richtigen Winter im Nordis Magazin

Unterwegs mit der Outdoor Academy of Scandinavia

Norwegen der Länge nach im raus! – Magazin

Wir verlassen die MS Spitsbergen der Hurtigruten und freuen uns auf die alte Hansestadt Bergen, gut anderthalb Tage hier liegen vor uns. Die Großstadt ist schon ein kleiner Schock, auch wenn Bergen nicht das riesige vor Urbanität tropfende Moloch ist, so merkt man aber direkt, das hier die Uhren schneller ticken. Das ist überhaupt nicht negativ gemeint, im Gegenteil, aber alles läuft hier einfach zügiger, anonymer und größer ab. Es fällt uns schwer, sich in dieser Quirligkeit einzufinden, der Unterschied zwischen Honningsvåg und Bergen ist halt doch schon gewaltig. Aber bevor es dann anschließend nach Oslo geht, ist Bergen vielleicht genau die richtige Zwischenstufe, bevor wir uns dann wirklich in die große Metropole stürzen.

Wiedereingliederung in die Großstadt

Wir finden rasch den Weg zum Hotel, sind auf dem Weg dorthin aber ein gutes Verkehrshindernis für all die Menschen, die gerade auf dem Weg in den wohlverdienten Feierabend sind. Im ruhigen Hotelzimmer können wir dann kurz durchatmen, bevor wir noch kurz in die Stadt gehen, wir sind mit Linn von Visit Bergen, der offiziellen Touristen-Information hier, verabredet. Sie nimmt uns mit auf eine kurzweilige kleine Mat-Safari, sie zeigt uns den Fischmarkt und nimmt uns im Anschluss mit in ein wirklich wunderbares Restaurant, in dem köstliche norwegische „Tapas“ serviert werden. Aber vorher geht es auf den Fischmarkt, wo wir an einem Stand einige der ausschließlich in der Umgebung gefangenen Fischköstlichkeiten probieren dürfen. Wir beide lieben Fisch und Meresfrüchte, so ist dies natürlich klasse und wir lernen einige neue Sachen, die uns so nicht bewusst waren.

 

Anschließend lassen wir dann den kurzen gemeinsamen Ausflug in besagtem Restaurant ausklingen. Und ja, es ist wirklich empfehlenswert! Allein das selbstgebackene Brot, dass es zum Essen dazu gibt, wäre schon mehr als nur ein guter Grund, sich dort einmal einzufinden! Vielen lieben Dank an Linn und Vist Bergen, für diese Einladung!

Nach dem Abendessen fahren wir hoch auf den Fløyen, einen der Aussichtsberge der Stadt. Die Fløibanen hinauf ist gut 100 Jahre alt und läuft über Schienen, der Antrieb aber erfolgt über ein gezogenes Siel, an dem zwei Wagen wie ein Pendel abwechselnd hinauf und hinab fahren. fährt die eine Bahn hoch, muss die andere Bahn gleichzeitig hinab fahren und umgekehrt. Ein einfaches aber ziemlich praktisches System.

Oben angekommen genießen wir den Ausblick über das nächtliche Bergen, hier ist alles schön ruhig, der Pulsschlag der hell erleuchteten Schlagadern der Stadt ist nur ganz schwach zu hören, wenn überhaupt.

Am nächsten Tag tun wir uns schwer damit, ein richtiges Programm für den Tag auf die Beine zu stellen. Es gibt so viel zu sehen und so viel zu besichtigen, aber wir merken beide, dass sich unsere Aufnahmekapazität für neue Dinge und Eindrücke langsam dem Ende entgegen neigt. Die Festplatte ist einfach übervoll, man kommt kaum noch nach, alles irgendwie einzuordnen und zu verarbeiten, tut sich schwer, noch viel mehr in den Speicher zu laden.

Und so entscheiden wir uns für ein einfaches Programm, streunen durch die Stadt, gewöhnen uns so an die nun wieder schnellere Gangart im „richtigen“ Leben. Bisweilen überfordert einen das, im Einkaufszentrum zum Beispiel bin ich kurz davor, einfach schreiend wegzurennen oder mich auf einem stillen Örtchen einzusperren um meine Ruhe zu haben. Wie soll das bloß in Oslo werden?

So viele Eindrücke auf einmal

Am Nachmittag statten wir den Locals, den Einheimischen einen Besuch ab. So wirbt das örtliche Aquarium mit heimischen Fischen um Besucher, und für uns ist es eine gute Gelegenheit, sich einmal die Fische aus der Nähe im Aquarium anzusehen. Das Aquarium liegt zudem etwas abseits vom trubeligen Zentrum, also ruhiger und entspannter. Und genau so ist es auch, wir sehen die Fütterung der Seelöwen, schauen uns die Pinguine an und beobachten Fische, die vielleicht lecker schmecken aber nicht unbedingt so aussehen.

Durch kleine ruhige Gassen streunen wir wieder zurück in Richtung Fischmarkt, entscheiden uns dann spontan dazu, noch einmal dem Fløyen einen Besuch abzustatten. Es zeichnet sich ein wunderbarer Sonnenuntergang ab, so dass wir beileibe nicht die einzigen sind, die auf die Idee gekommen sind, hoch über der Stadt den Tag ausklingen zu lassen.

Am nächsten Morgen sind wir schon früh auf den Beinen und gehen den kurzen Weg zum Bahnhof durch die erwachende Stadt. Im Morgengrau besteigen wir den Zug in die Hauptstadt, es geht weiter südwärts, immer weiter südwärts. Wir machen es uns bequem und schon bald rollt der Zug der Bergensbanen aus dem Bahnhof hinaus immer den Bergen der Hardangervidda entgegen, die die Bahnstrecke auf dem Weg nach Oslo überwindet.

In Finse und den umliegenden Bergen ist schon einiges an Schnee gefallen, auch hier so weit im „Süden“ klopft mittlerweile der Winter kräftig an die Tür.

In Drammen steigen wir um in den Zug nach Hokksund. Und nun fühle ich mich auf einmal wirklich elend. Keine Ahnung warum, aber zwischen den Pendlern im Vorortzug mit dem steten Ein- und Aussteigen und der entsprechenden Hektik will ich plötzlich einfach ganz woanders sein. Wie schön wäre es jetzt in der Finnmark, ganz weit weg von diesem Trubel, der mich gerade so herunter zieht. Ein Mann spricht mich an, ob wir auf dem Weg ins Fjell sind. „Nee“ antworte ich, wir kommen gerade vom Nordkapp, sind zu Fuß dorthin gelaufen. Man kann dabei zusehen, wie seine Kinnlade herunter klappt. Er zollt uns seinen großen Respekt, wie groß solch eine Tour in den Augen der anderen Leute ist, erfahren wir auf diese Weise immer wieder. Das ist dann ein gutes Gefühl und ich verlasse mit etwas besserer Laune den Zug.

Wir haben wieder ein Auto

Wir laufen zu Fuß die wenigen Meter zu Bergans of Norway, wo wir unser Auto abholen wollen. Es ist Freitagnachmittag, so ist kaum noch jemand im Büro, wir holen lediglich am Empfang den Schlüssel ab. Christoph, der dort arbeitet und uns dabei geholfen hat, die Versorgungspakete von dort aus zuzuschicken, hat freundlicherweise alles was noch dort lag oder wir ihm zurück geschickt hatten, ins Auto gelegt. So schlendern wir zum Auto und mir wird beim Gedanken daran, gleich direkt nach Oslo in die große Stadt zu fahren, etwas mulmig. Komisch wieder einen Schlüssel in der Hand zu halten, zwar nur vom Auto, aber einen eigenen Schlüssel für ein Zuhause oder ein Auto hatten wir ja die letzten Monate nicht in der Tasche. Im Auto liegt ein Zettel bei dessen Anblick wir schmunzeln müssen.

Irgendjemand hat wohl gedacht, dass irgendwelche Touristen hier auf dem Privat-Parkplatz der Firma ihr Auto günstig abstellen wollten, sogar bei der Polizei haben sie wohl schon nachgefragt, ob das Auto als gestohlen gemeldet ist. Ist es aber nicht, meint die Polizei. Bei Bergans jedenfalls war unser Auto wohl im Sommer eines der Top-Gesprächsthemen, Christoph hatte uns schon vorgewarnt und alle mussten am Ende köstlich lachen, als er es aufgeklärt hat. Es hatten wohl nicht alle mitbekommen, dass wir zu Bergans gehören.

Wir ziehen nach über vier Monaten das erste Mal etwas anderes an, als das was wir im Rucksack dabei hatten, es ist ziemlich ungewohnt. Und dann schlägt die Stunde der Wahrheit, wir fahren nach Oslo. Ich klemme mich hinters Steuer und schon geht es los. Die Abläufe sitzen noch, es ist wie Fahrradfahren. Nur die ständige Konzentration und Aufmerksamkeit machen mir am Anfang noch etwas zu schaffen, aber rasch gewöhne ich mich auch daran wieder.

Zu Gast bei Freunden

Ohne Unfall gelangen wir in die Stadt, aber es geht zum Glück nicht ganz so tief ins Zentrum. Nach einem kurzen Abstecher zum Holmenkollen treffen wir unsere Freundin Astrid. Wir wollten uns schon auf dem Weg zum Start unserer Wanderung treffen, aber da war sie selbst am Nordkap unterwegs. Auf das Treffen mit Astrid freuen wir uns sehr, denn sie ist in diesem Jahr als erste Frau auf der Route von Amundsen zum Südpol gelaufen. Sie hat über vier Jahre jede freie Minuten in das Projekt gesteckt, dass sie per Crowdfounding auf die Beine gestellt hat, um dann letztendlich am 17. Januar diesen Jahres an ihrem großen Ziel zu stehen. Und so quatschen wir bis spät in den Abend über unsere Touren, bis wir irgendwann todmüde ins Bett fallen.

Nach dem Frühstück fahren wir mit der T-Bahn in die Stadt, wir sind verabredet mit dem German-Norwegian Network in dem ich seit einiger Zeit Mitglied bin. Eines der zwei jährlichen Treffen findet zufällig gerade hier in Oslo statt und wir nehmen am letzten Tag des Programms an einer Führung hinter die Kulissen der Oper teil. Die Freude weitere bekannte Gesichter zu sehen ist groß, auch hier werden wir herzlich empfangen und zu unserer Tour beglückwünscht. Und dann bekommen wir einen großartigen Blick hinter die Kulissen dieses Kulturbetriebes, man macht sich ja keine Gedanken, wie viele Menschen hinter den Kulissen arbeiten, um alles am Laufen zu halten und die Leute auf der Bühne gut aussehen zu lassen.

Zum Abschluss der Führung lernen wir sogar etwas darüber, wie man richtig singt. Meine Stimme ist ja eher fürs Stadion gemacht, aber spannend ist es schon, was man alles mit einer guten Singtechnik erreichen kann. Nach der Führung sitzen wir noch beim Essen zusammen und reden über alles Mögliche. Wir schlendern noch kurz durch die Stadt, doch der Trubel ist heute nichts für uns.

Wir fahren wieder zum Auto und fahren aus der Stadt zurück nach Hokksund zu Christoph, er ist heute Nacht von einer Dienstreise zurückgekommen und wir reden noch lange über unsere Tour. Ohne persönlich Danke zu sagen für seine Hilfe und Unterstützung wollten wir nicht zurück. Es macht Spaß zu erzählen, aber von der Tour jetzt schon in der Vergangenheit zu berichten fühlt sich schon etwas komisch an.

Farvel Norge & Rolling Home

Der Abschied am nächsten Morgen fällt schwer, jetzt geht es wirklich wieder heimwärts. In Langesund wartet am Nachmittag die Fjord Line Fähre auf uns. Es ist Sonntag, die Straßen und Autobahnen sind leer und wir kommen pünktlich am Fährkai an. Der Check-In geht flott von der Hand und kurz darauf rollen wir auch schon an Bord der Fähre. Zu unserer Überraschung ist das Schiff gut ausgelastet, aber uns dämmert bald schon, warum. Uns begegnen immer mehr Cowboys – und girls als wir uns einen Sitzplatz suchen – an diesem Wochenende ist „CountryCruise“. Scheinbar fahren die Teilnehmer das ganze Wochenende zwischen Norwegen und Dänemark hin und her und feiern dabei ordentlich.

Uns zieht es zum Auslaufen an Deck. Als das Schiff ablegt, übermannen mich kurz die Gefühle, die eine oder andere Träne wird verdrückt. So lange haben wir an dieser Tour gerabreitet, alles vorbereitet und uns das Nordkapp zu Fuß erwandert. Und nun ist es irgendwie vorbei.

Die Überfahrt ist rasch erzählt. Wir decken uns mit einer Wagenladung Walters Mandler Schokolade ein und sind am frühen Abend in Hirtshals. Dort quartieren wir uns in der ehemaligen Jugendherberge ein, die nun von Rikke und Dorthe übernommen wurde und nach und nach renoviert wird. Und so können wir das Bed & Breakfast wirklich empfehlen, falls man in Hirtshals übernachten möchte. Schon oft war ich bzw. waren wir schon hier. Auch zum Abschluss unserer ersten gemeinsamen Tour damals war das so, und so kommen wir hier immer irgendwie nach Hause, genießen die wunderbare Aussicht aufs Meer und hören dem aufkommenden Sturm draußen vor dem Fenster beim Heulen zu.

Die Autofahrt von Hirtshals in Richtung Heimat gestaltet sich kurzweilig, in Dänemark ist es doch immer recht entspannt auf der Autobahn. Sobald aber dann die Grenze überquert ist und Hamburg in Sicht kommt, ist es ganz schnell vorbei mit der Entspannung. Aber das wussten wir ja vorher, schon als wir den ersten Schritt aus der Haustür gemacht haben war klar, dass es irgendwann so kommen wird, das wir wieder nach Hause kommen werden. Aber umso vertrauter die Straßenschilder der Heimat wieder werden, desto mehr wird uns klar, unsere Tour ist gleich zu Ende. Oder auch nicht, sie hat gerade erst angefangen.

In Kooperation mit Visit Norway | Visit Bergen | Fjord Line

Wir machen es kurz: Wir haben es geschafft! Am 10. Oktober standen wir gemeinsam am Nordkapp!

Der Weg dorthin hat uns auch auf den letzten Metern ganz schön zu schaffen gemacht! Man muss sich das Ankommen auf jeden Fall wirklich verdienen, das steht mal fest!

Der Endspurt im Schneckentempo

Wir starten von Honningsvåg aus erst später am Tag, wir wollen etwa 20 km gehen und uns den Rest für den nächsten Tag aufheben. Wir trotten also die Strasse entlang, passieren den kleinsten Flughafen Norwegens und können eine kleine Maschine bei ihrem spektakulären Anflug beobachten, nichts für schwache Passagier-Nerven würde ich mal sagen!

Weiter geht es, nun führt die Strasse langsam aber stetig den Berg hinauf. Die Serpentinen schlauchen ganz gut, aber die Aussicht auf die Bucht nun schon weit unter uns ist wirklich beeindruckend! Nun zeigt sich auch, dass der Winter wirklich hier ist. Die Strasse ist stark vereist, das Räumfahrzeug überholt uns und die Umgebung ist komplett von Schnee bedeckt.

Auch hier machen wir an jedem Schild ein Photo! Das muss sein! Wir haben an jedem Schild seit Alta ein Bild gemacht!

Kurz vor Skarsvåg treffen wir einen Radfahrer, der schon eine ziemlich weite Strecke gefahren zu sein scheint. Sein Name ist Justin und wir kommen ins Quatschen, es sprudelt nur so aus ihm heraus wie ein Wasserfall. Er stammt aus Neuseeland und ist hierher von Südafrika aus gefahren! 11 Monate hat er dafür gebaucht, uns kippt die Kinnlade herunter!

Wir müssen beide weiter, der Wind ist schneidend kalt. Schade, nur zu gerne hätten wir seine Geschichten gehört! Er fährt nun zurück, will seinen Erfolg feiern gehen.

Wir gehen noch ein Stückchen weiter, wir wollen einen guten Zeltplatz finden, für die Nacht ist ziemlich starker Wind vorhergesagt. Kurz nach Skarsvåg sehen wir ihn dann, unseren letzten Zeltplatz der Tour. Wir wollten unbedingt noch einmal zelten und finden dann den perfekten Platz mit Aussicht hinüber zum Nordkapp!

Langsam stellt sich ein Gefühl von Abschied aber auch Ankommen ein, Euphorie sieht anders aus. Aber erst einmal machen wir es so gut es geht im Zelt gemütlich, denn bald schon bestimmen Nieselregen und fieser Wind das Wetter, beides flaut auch nicht ab, es geht die ganze Nacht hindurch so weiter.

Auf, auf ans Ziel

Da der Morgen richtig usselig ist, fällt es schwer, in die Gänge zu kommen. Ein letztes Mal Porridge zum Frühstück, ein letztes Mal die Sachen in den Rucksack stopfen, ein letztes Mal das Zelt abbauen. Die Handgriffe sitzen, werden aber ab Morgen wohl nicht mehr so sehr gebraucht werden für eine längere Zeit.

Wir laufen mit eiskalten Fingern und tief ins Gesicht gezogener Kapuze los, die Motivation heute schnell anzukommen übernimmt das Wetter nur allzu gerne, scheint es uns. Eigentlich ist alles wie immer, wir laufen wie im Autopilot, bestaunen die spektakuläre Landschaft und freuen uns einfach darauf, gleich anzukommen.

Die Kilometer fliegen vorbei, wir blicken uns immer wieder um, ob schon die Busse aus Honningsvåg zu sehen sind, die die Touristen täglich von den Kreuzfahrt- und Hurtigrutenschiffen hier hinauf fahren. Aber nichts zu sehen, nur zwei Autos überholen uns. Als erstes führt uns die Radarstation kurz vor dem Ziel an der Nase herum, von Weitem ähnelt sie doch dem Nordkapp.

Und dann ist es soweit, unser Ziel kommt in Sicht, wird immer grösser, kommt immer näher. Eintritt will keiner von uns haben, aber das hatten wir uns schon so gedacht. Nur ein paar Autos stehen auf dem großen Parkplatz, keine Menschenseele steht an der Weltkugel. Wir grinsen, darauf hatten wir insgeheim gehofft!

‚Cause love is free and life is cheap,
and as long as I’ve got me a place to sleep,
some clothes on my back and some food to eat,
then I can’t ask for anything more!
(Frank Turner – If ever I stray)

Langsam aber bestimmt laufen wir auf unser Ziel zu. Gemeinsam und Hand in Hand erklimmen wir die Stufen, gucken uns an und fallen uns gegenseitig um den Hals! Was für eine Reise, was für ein Moment! Wir sind weder traurig noch euphorisch, wir sind glücklich und zufrieden, denn wir wissen, dass unsere Reise noch lange nicht zu Ende ist!

Und nun sitzen wir in Honningsvåg im Hotel und müssen uns erst einmal durch den riesigen Stapel an Glückwünschen und Nachrichten kämpfen, der uns erreicht hat! WOW! Es ist unglaublich schön, jede einzelne Nachricht und jeden einzelnen Kommentar zu lesen! Wie krass, wie viele Leute uns die Daumen gedrückt und begleitet haben!

Danke! Danke! Danke!

Wir möchten an dieser Stelle euch allen da draußen Danke sagen! Allen, die uns begleitet haben, die uns Nachrichten und Kommentare geschickt haben. Die uns immer wieder ein Lächeln auf die Lippen gezaubert haben, die uns in welcher Form auch immer geholfen und unterstützt haben! Wir sind unendlich dankbar für all die Hilfe und das Vertrauen, das uns beiden immer wieder entgegen gebracht worden ist! Wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese Reise gemeinsam mit euch machen durften. Jeder Einzelne hat auf unterschiedlichste Art und Weise zum Gelingen beigetragen, und da kann man nicht oft genug Danke sagen! Hoffentlich sehen wir uns bald bei dem einen oder anderen Vortrag, auf ein Bier irgendwo oder im Stadion, in Dortmund oder Dresden, Hauptsache Fussball 😉 Bleibt uns gewogen, wir nehmen euch auch in Zukunft immer wieder sehr gerne mit!

Slow Rückreise

Ach ja, wie kommen wir eigentlich zurück? Heute morgen lang die MS Spitsbergen von Hurtigruten im Hafen von Honningsvåg, von unserem Hotelzimmer aus konnten wir sie sehen. Und genau mit diesem Schiff werden wir am Samstag in aller Herrgottsfrühe unsere Rückreise beginnen! Wir freuen uns schon unglaublich darauf!

Puh, ein wenig hatten wir schon damit zu kaempfen, dass es nun anders als geplant weiter gehen soll. Aber die Tage in Alta in guter Gesellschaft haben sicher dazu beigetragen, dass wir entspannt nach vorne blicken und mit der Entscheidung voellig im Reinen sind. In Alta besorgen wir uns noch eine Thermosflasche und waermere Handschuhe fuer Anni. Dazu noch eine Warnweste, die kann man ja immer gut gebrauchen, wenn man auf der Strasse unterwegs ist. Wir wollen bis Skaidi laufen und mal sehen, wie sich das Wetter entwickelt und ob wir noch einmal einen Versuch im Fjell starten wollen. Die ersten Schritte fallen schwer, es fuehlt sich etwas komisch an, wieder aufzubrechen, aber nuetzt ja nix, wir wollen ans Ziel kommen. Wir folgen der Strasse hinaus aus Alta, der Blick faellt schon bald auf die Bucht und den Flughafen, beides liegt zu unserer linken, als wir hinaus aus der Stadt laufen und schon bald der E6 Fernstrasse folgen. Es geht sich ganz gut, die Sonne scheint, aber wehe man kommt in den Schatten, dann wird es schon richtig frisch. Bald gibt es keinen Radweg oder Buergersteig mehr, dem wir folgen koennen. Nun heisst es also wirklich, ab auf die Strasse. Ich schluepfe in die Warnweste und sehe aus wie ein Schuelerlotse, macht aber nichts, Sicherheit geht vor.

Den Autos immer entgegen blickend laufen wir auf der linken Seite und kommen gut und zuegig voran, einige Autofahrer winken froehlich, sie koennen sich wohl denken, warum wir hier auf der Strasse latschen. Auch einige LKW und Busfahrer winken, weichen zumeist gross aus, was wir dankend mit einem freundlichen Gruss zurueck quittieren. Einige der LKW und Busfahrer werden uns wohl eine ganze Woche lang immer wieder treffen, manche grinsen dann schon, wenn sie uns pasiseren. In Rafsbotn im kleinen Supermarkt staerken wir uns noch kurz und dann geht es weiter bis zu unserer angpeilten Uebernachtungsstelle am Leirbotnvatn-See. Das Wetter haelt alles bereit, was man sich so wuenscht oder auch nicht, aber bald darauf blicken wir ein letztes Mal zurueck nach Alta und die Bucht, dann geht es hinab zum See, wo wir kurz darauf unser Zelt aufschlagen.

Mit jedem Kilometerschild steigt die Vorfreude

Heute geht es frueh los, wir wollen weit ueber 30 Kilometer heute laufen, sodass wir es morgen bis nach Skaidi schaffen.

Gesagt ist manchmal leichter als getan und so zieht sich dieser Tag wie Kaugummi.

Zwar sind die Ausblicke in die weite Landschaft mitunter wirklich spektakulaer, aber die teilweise schnurgeraden Strassen und das Asphaltlaufen ziehen uns bald den Zahn, nur muehsam geht es voran, ohne den MP3-Player und einem guten Hoerbuch waere es heute ganz sicher richtig schwer, sich zu motivieren.

Es daemmert schon, als wir endlich bei der Samisiedlung Aisaroaivve unser Zelt aufschlagen. Voellig geschafft und mit schmerzenden Fuessen kriechen wir in unser gemuetliches Domizil, um unser Zelt herum liegt einiges an Schnee und es wird in der Nacht richtig frisch, das kann man jetzt schon erahnen. Die Nacht bricht bald herein und nur noch die Scheinwerfer der einzelnen Fahrzeuge auf der Strasse erhellen ab und an unser Zelt. Im Schein der Stirnlampe staerken wir uns, dann geht es ab in den muckeligen Schlafsack.

Unterwegs mit Norbert Krabbe und Harry Hole

Der Weg nach Skaidi ist aehnlich schoen, wie die Tage zuvor, allerdings nur dann, wenn man nicht unbedingt zu Fuss auf der Strasse unterwegs ist. Wir sichten die ersten Raeumfahrzeuge, die die Strassen abfahren und gucken, ob es fuer sie schon etwas zu tun gibt.

Machen wir es kurz, am Nachmittag erreichen wir Skaidi, diesen merkwuerdigen Strassen-Ort an der Kreuzung der E6 nach Hammerfest und Kirkenes. Bei dem Gedanken muss ich dann aber doch schmunzeln, Kirkenes und Hammerfest, das hoert sich nun aber wirklich an wie ganz weit im Norden.

Im Motel hatten wir reserviert, aber vorher gibt es noch eine Portion Pommes. Die Portionsgroesse, nun ja, ist nicht unbedingt gemacht fuer hungrige NPL-Wanderer, aber fuer den ganz kleinen Hunger schon ganz okay.

Das Zimmer, Anni wollte es mir ja nie so recht glauben, besticht durch die Aussicht auf den oertlichen Bauhhof. Aber sei es drum, es ist gerauemig hier, es ist warm und eine kleine Kueche gibt es auch. Wir kaufen noch im kleinen Shop der Tankstelle ein, der mehr zu bieten hat, als man denken mag. Und die Preise sind auch ganz okay, wenn man bedenkt wo man ist. Und schon bald bricht auch hier der Schleier der Nacht ueber uns herein, diesmal zusaetzlich in Form von ganz fiesem Schneeregen, der die Strassen am naechsten Morgen zu einer Schlittschuhbahn macht. Zum Glueck liegen wir im warmen Bett und freuen uns ueber die gut funktionierende Heizung!

Nach Olderfjord ist es nicht weit, aber auch diese 23 Kilometer wollen gelaufen werden. Also kurz nach dem Loslaufen den MP3-Player gestartet und den Koerper auf Autopilot gestellt, Arme und Beine zu einer rotierenden Scheibe werden lassen und so gut es geht der Strasse folgen. Zwischendurch zeigt Frau Holle mal kurz, was sie kann und huellt uns humorlos in ein weisses Kleid, na toll, jeder vorbei fahrende LKW zieht eine schoene Fahne Spruehnebel hinter sich her, so muss das sein, nicht!

Das letzte Stueck hinab nach Olderfjord zieht sich dabei besonders fies, aber darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an.

Im kleinen Ort angekommen, checken wir als erstes das Angebot im hiesigen „Supermarkt“ und mieten uns dann auf dem Campingplatz im Hostel ein. Da ist es zwar warm, aber die Gemuetlichkeit ist im Laufe der letzten Jahrzehnte leider etwas verloren gegangen. Es gibt zwar auch ein Hotel am Campingplatz, in das wir auch liebend gerne gegangen waeren, aber aus irgendwelchen Gruenden versagte uns der Angestellte am Telefon bei der Reservierung dieses. Geschlossen fuer die Saison, war die knappe Antwort. Als ich dann nach dem Einkauf im an den Platz angeschlossenen Souvenirladen vorbeigehe, in dem jetzt wieder Licht ist weil einige Leute einchecken wollen, treibt mich die Neugier hinein. Und siehe da, ich spreche kurz mit dem Chef und wir koennen ins Hotel umziehen. Das hat zwar wirklich geschlossen und Fruehstueck wird auch nicht serviert, aber wir bekommen dennoch ein Zimmer, haben das ganze Hotel also fuer uns ganz alleine. Soll uns sehr recht sein!

Spaeter kommt noch Thomas mit seiner Frau Nadine vorbei, wir hatten die beiden ja schon in Alta getroffen, nun waren sie noch einmal mit dem Leihwagen am Nordkapp und machen auf der Rueckfahrt nach Alta noch kurz Pause bei uns. Ein kurzer Plausch, dann sind sie weg, morgen geht es fuer die beiden zurueck nach Deutschland. Wie gross wohl der Schock fuer Thomas werden wird, wenn er nach ueber 4 Monaten Wanderschaft in Duesseldorf am Flughafen aus dem Flieger aussteigt?

 
 
 
 
 
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Das da hinten ist Honningsvåg auf Magerøya – noch 3 Tage bis zum Nordkapp ?. Ein Gefühl von Abschied liegt in der Luft. Der Herbst weicht langsam dem Winter, die bunten Farben des Fjells dem monochromen Weiß des Schnees. Wir spüren, es ist okay, dass es zu Ende geht, in und um uns ist alles auf Umbruch gepolt. Aber seit ich das erste Stück offenen Meeres gesehen habe, fühle ich mich jetzt schon angekommen. Das Meer hier hat nichts von der Lieblichkeit der Südküste, es braucht ein dickes Fell und gegerbte Haut, um es mit ihm aufnehmen zu können. Morgen besteigen wir unsere persönliche Nautilus und sinken 212 Meter unters Meer ⚓ der Nordkapptunnel ruft! #zusammendurchNorwegen #norgepålangs #porsanger #magerøya #nordnorgepåsittbeste #ignorge #wanderlust #fernweh #utpåturaldrisur #liveterbestute #outsideisfree #natureseekers #finnmark #hikingnorway

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Von Olderfjord geht es am Tag darauf weiter, nun auf der E69-Strasse.

Zwei Wanderer, ein Fjord

Ob wir in drei oder vier Tagen nach Honningsvåg kommen, wollen wir uns offen lassen, je nachdem, wie sich die Fuesse anfuehlen. Wir folgen fast durchgehend der Kuestenlinie, stets haben wir den Porsangerfjord in Sichtweite.

Die Sonne scheint und wir geniessen es fast, hier unterwegs zu sein. Gemeinsam haben wir entschieden, dass wir der Strasse folgen wollen, die Moeglichkeit nochmal im Fjell unterwegs zu sein ist zwar reizvoll, erscheint uns aber zu unsicher. So spulen wir Kilometer um Kilometer ab, kommen gut voran. Nach fast drei skandinavischen Meilen finden wir kurz vor dem Sortviktunnelen einen guten Zelplatz und betten uns dort fuer die Nacht.

Heute muessen wir uns entscheiden, ob wir es in drei oder vier Tagen schaffen wollen. Wir vertagen die finale Entscheidung und laufen erstmal los.

Nach knapp 17 Kilometern kommt das ganz kleine Doerfchen Repvåg in Sicht. Der Campingplatz mit Hotel dort hat zu, wird renoviert. Aber ein Hinweis-Schild zu einer Unterkunft mit russischer Schrift weckt mein Interesse, und so google ich kurz, rufe bei einer Telefonnummer an und kurz darauf haelt ein Jeep mit russischen Nummernschildern neben uns, eine junge Frau begruesst uns und nimmt uns mit nach Repvåg zu ihrem Hotel. Der kleine Fischerort liegt nicht direkt an unserer Route, da ist die kurze Autofahrt schon sehr willkommen. Das Hotel entpuppt sich als einfache aber saubere Unterkunft, ohne grosse Schnoerkel, aber mit einer Heizung, sehr gut. Da die Unterkunft aber auch hier irgendwie schon fuer den Winter eigentlich geschlossen hat, gibt es leider nichts mehr zu essen, im Sommer gibt es eine Art Restaurant. Wir schwatzen der Betreiberin, natuerlich gegen Bezahlung, noch eine Tuete Chips ab, die eigentlich aus ihrem Privatbestand stammt. Ach ja, faellt es ihr dann noch ein, im Restaurant servieren wir sonst immer Koenigskrabben, diese Riesenkrebse, die eigentlich aus Kamtschatka stammen und von den Russen hier oben bei Kirkenes ausgesetzt worden sind und sich nun bis weit nach Norwegen ausgebreitet haben. Die werden hier gefischt und serviert. Und da sie gerade dabei ist, welche zu kochen und einzufrieren, koennten wir welche abhaben.

Wir muessen nicht lange ueberlegen und kurz darauf liegen auch schon einige riesige Krebsbeine vor uns, die wir uns genuesslich schmecken lassen. Was fuer ein abgefahrener Tag, der so zaeh begann und dann solch eine herrliche Wendung bekam!

Das Brøytebil laesst gruessen

Am naechsten Morgen nehmen uns zwei andere Gaeste der Unterkunft mit zurueck zur Strasse und weiter geht der Polarexpress der Route E69.

Die Beine und Fuesse sind heute gut, sodass wir schnell und gut voran kommen. Auch wenn das Wetter ziemlich wechselhaft ist und wir am Ende des Tages noch eine kleine Dusche abbekommen, stehen am Ende bald 29 Kilometer auf der Uhr und das beste ueberhaupt: Wir koennen hinueber bis nach Honningsvåg sehen! Das Nordkapp ist nun nicht nur ein Name auf dem Strassenschild, es wird nun wirklich langsam greifbar!

Kurz vor dem Nordkapp-Tunnel frischt der Wind richtig auf, er blaest uns fast von der Strasse und wir haben etwas Muehe, einen Zeltplatz zu finden, der nicht so krass dem Wind ausgesetzt ist. Das gelingt aber nach kurzer Suche ohne grosse Probleme. Der Regen prasselt aufs Zelt, aber wir haben es im Zelt richtig schoen gemuetlich!

Glueck auf, der Steiger kommt!

Heute ist einer der grossen Tage der Tour: Es geht durch DEN Tunnel! Der Nordkapp-Tunnel! Der Hammer! Nachdem das Zelt im Rucksack verstaut ist, geht es los! Also fast, vorher muessen natuerlich noch einige Photos usw. gemacht werden!

Dann ist es soweit, und wir begeben uns auf Tauchstation, es geht hinab unters Meer. Fast 7 Kilometer lang und ueber 200 Meter unter dem Meeresspiegel laufen wir hinueber zur Insel Magerøya! Was fuer eine Erfahrung!

Insbesondere fuer Anni, ich hatte ja bereits einmal das Vergnuegen! Es geht gut voran, wir machen ein paar Faxen, schiessen Photos, machen Videos. Aber jedesmal, wenn ein Auto, Bus oder LKW vorbei faehrt, donnert es in dem Tunnel, dass einem beinahe das Blut in den Adern gefriert. Es ist wirklich schwer zu beschreiben, man muss es wohl am besten einmal selbst erlebt haben!

Der Rest des Tages ist schnell erzaehlt. Mit Hoerbuch und Musik auf den Ohren geht es bis nach Honningsvåg. Bei mir stellen sich langsam gemischte Gefuehle ein. Am Dienstag geht es weiter und am Mittwoch gegen Mittag wollen wir am Ziel sein. Noch zweimal schlafen – und was kommt dann?

Der Ruhetag in Katterjokk hat die Akkus richtig aufgeladen, wir haben ordentlich und gut gegessen, wenn der Supermarkt nur wenige Meter entfernt ist macht es das natuerlich auch bedeutend einfacher. Wir starten auf den naechsten Abschnitt mit einigen Kilometern auf der Strasse, wir wollen es heute wieder auf die norwegische Seite der Grenze schaffen, die Lappjordhytta haben wir dabei als Ziel angepeilt. Bis dorthin fuehrt uns der Weg die ersten gut 21 Kilometer ueber die Strasse in Richtung Abisko. Der Verkehr haelt sich in Grenzen, das Wetter haelt sich mit Regen zurueck und wir kommen gut voran. Gegen 14 Uhr erreichen wir nach einer ausgiebigen Pause den Abzweig zur Huette, noch 11 weitere Kilometer sind es nun. Auf und ab geht es durch lichten Birkenwald, der in den wunderschoensten Herbstfarben schillert. Es ist zwar etwas anstrengend zu gehen, aber das gemuetliche Ziel vor Augen motiviert dann doch immer wieder. Wir passieren die einfache Huette des schwedischen Wanderverbandes und kommen zum Grenzstein. Nun ist es nur noch gut einen Kilometer zur Lappjordhytta, dieser fuehrt aber konsequenter Weise einfach steil den Abhang hoch, auf dem die Huette in der Abendsonne strahlt. Willkommen zurueck in Norwegen!

Der Anstieg ist schnell ueberwunden, wir richten uns in der Huette ein, starten den Ofen und genießen die Ruhe nach einem langen anstrengenden Tag. Und die Aussichten von dieser Huette hinueber zum grossen Torneträsk-See und zu den Lapporten-Bergen, dazu muss man nicht viele Worte verlieren – Praedikat weltklasse!

Herbstdaemmerung

Das Wetter heute laesst uns beim Aufwachen erschaudern, wir blicken aus dem Fenster in eine einzige Waschkueche, na prost Mahlzeit! Der Tag startet mit dramatischen Wolken, viel Wind und waagerechtem Regen – allerdings nur so lange, bis wir quasi ueber den Wolken stehen, die sich hier am Talende aufgestaut haben. Innerhalb von Minuten reisst die Wolkendecke auf und blauer Himmel erstrahlt ueber uns.

Wir kommen gut voran und der Weg heute ist denkbar einfach, bis sich dann am Nachmittag das Schauspiel vom Morgen umkehrt und der blaue Himmel unter einer grauen Wolkendecke wieder verschwindet und uns der Wind regelrecht aus dem Fjell hinunter zum Altevatn-Stausee pustet. Zu Gast bei Freunden

Als wir wieder Handy-Empfang haben, rufen wir kurz bei Bjørn Klauer von der Huskyfarm in Innset an, dort wollen wir heute uebernachten und auch ein Versorgungspaket wartet dort auf uns. Wir haben Glueck und Bjørn ist gerade selbst unterwegs, erklimmt mit einem Rudel Welpen und seinen Helfern gerade einen der umliegenden Berge, macht quasi einen Sonntagsausflug und kann uns gleich an der Staumauer mit dem Auto einsammeln, das erspart uns einge Kilometer zu Fuss ins Tal, die ansonsten eigentlich eher ein Umweg waeren. Mit grossem Hallo begruessen wir uns, es ist die Rueckkehr zu einem ganz besonderen Ort fuer mich, habe ich doch hier 2013 einige Tage auf seiner Farm verbracht. Und auch Anni war schon dort zu Gast, als sie dort vor zwei Jahren ihre Tour auf dem Nordkalottleden beendet hat.

Unser Paket ist da und es ist schoen wieder hier zu sein! Wir duschen, waschen unsere Klamotten das erste Mal nach einigen Wochen wieder und quatschen mit den Helfern – dieser Ort hier ist wirklich ganz besonders, vor allem die herzliche, offene und ehrliche Gastfreundschaft ist wirklich herausragend!

Wir sortieren unsere neuen Lebensmittel und uebergeben den Helfern im Gaestehaus einen grossen Karton mit Schokolade und Riegeln, die wir ueber haben. Leider draengt uns der Wetterbericht am naechsten Morgen zum Weitergehen, nur zu gerne waeren wir laenger geblieben, aber die Pflicht ruft und wir verabschieden uns leider schon wieder.

Zuegig flitzen wir am Altevatn entlang zur Gaskashytta, der Wetterbericht weist fuer den Nachmittag und den naechsten Tag wirklich ungemuetliches Wetter mit ziemlich starkem Wind aus. Wir machen auf der Huette einen langen Tagesbesuch und staerken uns fuer die naechsten 17 Kilometer. Als wir gerade gehen wollen, treffen wir einen Wandersmann aus Berlin, Manuel ist auch schon laenger unterwegs und auf dem Weg in Richtung Abisko. Wir quatschen kurz, tauschen Infos aus und irgendwie komme ich ihm bekannt vor, nur auf den Namen kommt er nicht. Ich helfe ihm auf die Spruenge, wir muessen alle drei laut lachen, er hatte mein Buch gelesen und staunt jetzt nicht schlecht. Wir machen noch ein Photo zusammen und empfehlen uns dann, solche Begegnungen machen doch immer wieder grosse Freude!

Winter? Winter!

Mitten auf dem hochesten Punkt der Etappe erwischt uns dann das ueble Wetter. Binnen Minuten verdunkelt sich der Himmel und Frau Holle schlaegt richtig zu. Nasse Schneeflocken verwandeln die Umgebung in eine ungemuetliche Landschaft, die man so im September eigentlich nicht haben moechte, aber hei, so ein Wetter kann man in Norwegen immer und zu jeder Zeit haben. Also Handschuhe an und die Kapuze tiefer ins Gesicht gezogen, weiter geht es. Das usselige Wetter verleiht uns Fluegel und nach knapp vier Stunden machen wir einen Haken an die 17 Kilometer, wir beziehen die neue grosse Vuomahytta mit den Panoramafenstern. Es dauert etwas, bis es in der grossen Huette warm wird, dann aber umso mehr. Draussen heult der Wind, nasser Schnee klatscht an die Fenster und wir sitzen im Trockenen und Warmen – so einfach kann Glueck sein!

Da wir es heute nicht weit zur Dividalshytta haben, verschieben wir den Start auf spaeter, das Wetter soll dann etwas besser werden. Der Wind heult weiterhin unentwegt sein Klagelied, wir starten erst um 11 Uhr, lassen uns am Morgen viel Zeit. In der kleineren Huette hatte sich gestern Alice aus der Schweiz einquartiert und heute berichten wir ihr vom Wetterbericht. Sie wird wohl hier bleiben und den Pass in Richtung Gaskashytta erst einen Tag spaeter gehen, zu mies ist das Wetter. Wir ziehen los, fuer uns geht es durch tiefere Lagen, dort liegt noch kaum Schnee, aber gemuetlich ist es auch hier nicht. Als dann auch noch hier weiter unten Schneetreiben einsetzt, sinkt die Laune weiter und die Motivation, die Huette zuegig zu erreichen steigt im gleichen Masse. Da morgen die Elchjagdsaison startet, treffen wir noch ein paar Jaeger, die der fruehe Winter auch total ueberraschend getroffen hat und die darueber auch nicht wirklich gluecklich zu sein scheinen. Ihr Wetterbericht ruft bei uns auch keine Begeisterungsstuerme hervor, das werden wohl unerwartet harte Tage hier in der Gegend fuer uns, nur die Elche wird es wohl freuen, macht das Wetter ihren Haeschern doch die Jagd um einiges schwerer.

Wir folgen dem Dividalen hoch zur gleichnamigen Huette, die wir gegen Nachmittag erreichen. Hier liegt noch nicht so arg viel Schnee, aber auch das aendert sich gegen Abend zunehmend. Uns schwant langsam Ungutes, wir werden sehen und von Tag zu Tag schauen, wie und ob es weiter geht. Die dunkle Nacht bricht herein und ploetzlich ist es draussen beinahe taghell, der Vollmond ist ueber den Bergen aufgegangen, was fuer ein Schausspiel.

Ein ganz besonderes Geschenk

„Gratulerer med dagen!“ hoere ich es aus dem Schlafsack murmeln, der mir gegenueber im anderen Bett liegt. Heute ist ein besonderer Tag, nicht nur, dass draussen weiter der Winter Einzug gehalten hat, nein, hier drinnen ist auch jemand wieder ein Jahr aelter geworden. Ich freue mich total, dass ich heute Anni bei mir habe und mit ihr zusammen diesen Tag begehen kann.

Das Geschenk wartet draussen in einer Landschaft, die einem beim Start den Atem stocken laesst! Die Sonne taucht alles in eine weiche, wunderschoene Winterlandschaft, wir freuen uns wie kleine Kinder und kommen aus dem Photografieren gar nicht mehr heraus. Naja bis, bis wir den Pass hinueber zur Dæertahytta erreichen und den Schlamassel sehen. Die Wege und Markierungen sind noch ganz gut auszumachen, aber was sich unter der Schneedecke befindet, ob Bach, Schlammloch oder Blockwerk, das laesst sich nur erahnen. Wir stolpern voran, blicken ehrfurchtsvoll auf die bis zum Horizont weiss bedeckten Berge vor uns und jeder von uns macht sich dabei so seine Gedanken, viel geredet wird nicht.

Die grosse Furt passieren wir noch bei recht gutem Wetter, aber dann wird es dunkler, man kann teilweise nur noch Schemen erahnen, die Landschaft um uns herum verschwindet, wir hangeln uns von Wegmarkierung zu Wegmarkierung. Ich hatte schon Touren im Winter, auf denen ich weniger Schnee unter den Skiern hatte, als wir nun haben. Der Weg zieht sich, Spass und Freude sind schon lange verschwunden, wir wollen nur noch die Huette erreichen. Das letzte Stueck zeigt sich dabei als besonders tueckisch, es geht muehevoll durch verschneites Blockwerk. Zwischendurch muss ich kurz lachen, die Steine um uns herum sehen aus wie eine gewaltige Pinguinkolonie in der Antarktis, aber als ich dann wieder tief im Schnee einbreche und wieder einmal umknicke, befinde ich mich ganz schnell wieder in der harten Realitaet.

Die Dærtahuette erreichen wir bald darauf, noch einmal lege ich mich mit Blick auf das Tagesziel so richtig auf die Fresse, anders kann man es einfach nicht beschreiben. Ein verdecktes Loch im Boden hebelt mich aus und ich lande mit dem Kopf voran im Schnee. Unschoen! Happy Birthday und alles Gute!

Auch diese Huette haben wir ganz fuer uns alleine. Anni startet den Ofen und ich hole Wasser und Feuerholz. Als ich zurueck komme, faellt mir auf, das scheinbar jemand ein Bier und eine Dose Ananas hier auf dem Kuechentisch hat liegen lassen! Wie geil denke ich noch, als mir auch noch die Norwegenfahne dabei auffaellt! Anni lacht sich kaputt und nimmt mich in den Arm, herzlichen Glueckwunsch zum Geburtstag noch mal! Erst jetzt faellt es mir wie Schuppen von den Augen, das Bier und die Ananas-Dose sind von Anni und ihr Geburtstagsgeschenk fuer mich, sie hat sie fast 120 Kilometer heimlich von Katterjokk bis hierher im Rucksack geschleppt! Wie cool ist das denn!

Die Stimmung am Abend ist dennoch nicht ganz so gut, aber nur wegen dem Wetter, wir diskutieren alle moeglichen Szenarien und Moeglichkeiten bis uns der Kopf raucht – wir vertagen die Entscheidung wie es weiter gehen soll auf den naechsten Tag.

Eine Entscheidung muss her

Beim Fruehstueck besprechen wir nochmal alles, aber es ist schnell klar fuer uns, dass wir heute versuchen wollen, ins Dividalen ins 22 km entfernte Frihetsli abzusteigen. Wir befinden uns auf knapp 700 Metern und muessten in den naechsten Tagen einige Paesse ueberwinden, die mehr als 1000 Meter hoch sind. Das erscheint uns zwar irgendwie machbar, aber die Konsequenz waere dann, dass wir es eventuell bis nach Kilpisjärvi schaffen wuerden, dort aber in der Sackgasse waeren, falls auch auf der finnischen Seite so viel Schnee gefallen ist wie hier, was wir fuer gegeben annehmen. Zudem wollen wir weder uns noch andere in Gefahr bringen, wenn es nicht unbedingt noetig ist. Zudem befindet sich hier auf der Huette ein Barometer, das seit gestern kraeftig gefallen ist. Also gibt es nur eine Entscheidung zu treffen: Wir laufen ins Dividalen!

Zu Beginn ist das Wetter noch ganz gut, aber dann zieht es wieder zu, es wird ungemuetlich, wieder faellt Schnee, wieder ist der Wind schneidend – wir haben jetzt hier einfach nichts mehr verloren. Wir passieren das Geisterdorf weiter unten im Tal, das den Sami von Zeit zu Zeit als Unterkunft waehrend der Rentiermarkierung dient und nun an verlassener Trostlosigkeit kaum zu uebertreffen ist. Ein Zwischenanstieg auf ueber 800 Meter Hoehe raubt uns auch die letzten Illusionen, der Winter ist da, mehrfach versinken wir bis ueber die Knie in Schneewehen und kommen zu Baechen, die dabei sind gerade zuzufrieren, die Ufer sind kaum noch auszumachen, die Ueberquerung ist mehrfach aeusserst ungemuetlich. Wir wollen nur noch raus und ins Tal, geben richtig Gas, obwohl das Wetter um uns herum nun richtig fordernd wird, was fuer eine Scheisse murmele ich in einer Tour, das ist jetzt nicht nur wirklich spassbefreit, sondern auch langsam echt gefaehrlich. Es dauert eine ganze Weile, bis wir endlich in den Bereich gelangen, wo es steil hinab ins Tal geht. Der Abstieg hat es nochmal richtig in sich, die letzten Meter sind wirklich steil und mittlerweile haben sich die Schneeflocken auch bis unter die Baumgrenze hinunter durchgeschlagen. Nach fast 6 Stunden fuer die 22 Kilometer stehen wir bei Frihetsli im Dividalen endlich auf der Strasse, endlich macht sich ein erleichtertes Gefuehl von Sicherheit breit. Wir pusten erstmal durch, muessen uns kurz sammeln und machen uns dann auf in die eigentlich falsche Richtung, denn die offenen und fuer jedermann kostenlos nutzbaren Huetten vom Statskog liegen entgegengesetzt zur Laufrichting von Morgen. Und da die erste Huette auch schon besetzt ist, gesellen sich bald 5 Kilometer extra, die wir natuerlich morgen wieder zurueck gehen muessen, zu unserem eigentlichen Tagespensum. Wir machen drei Kreuze, als wir dann endlich in der einfachen Fossbua-Huette sitzen, der Ofen bollert und wir mit leerem Blick etwas zu essen in uns herein schaufeln.

Frueh geht es zu Bett, heute gibt es nichts mehr zu tun, das Erlebte nagt und muss erst einmal verarbeitet werden. Wie wird es weiter gehen? Das wird sich morgen zeigen.

Um 6 Uhr klingelt der Wecker, um 8 Uhr brechen wir auf, wir wollen es bis zum naechsten Ort nach Øverbygd heute schaffen, dort gibt es einen kleinen Laden. Und dort wollen wir dann entscheiden, wie es weiter geht, allerdings sind es bis dorthin knapp 35 Kilometer auf der Strasse.

Die Zeichen stehen auf Planaenderung

Mit jedem Kilometer auf der Strasse werden die Gespraeche weniger, die Fussschmerzen mehr. Wir kommen ganz gut voran, doch beide haben wir ganz schoen zu kaempfen, schoen ist es gerade nicht. Klar, das gehoert dazu und wir ziehen das heute auch eisern durch, ganz egal wie viel Autos an uns vorbei fahren, den Daumen werden wir nicht herausrecken. Jeder fuer sich macht sich so seine Gedanken, bis wir ungefaehr 5 Kilometer vor dem Tagesziel auf der Strasse stehen bleiben und uns beide ansehen. Wir denken und fuehlen beide das Gleiche, das ist schnell klar. Der Blick auf die Schneekarte von Senorge.no weist Schnee in den hoeheren Lagen aus bis Alta und als wir auf Google Maps checken, wie weit es von hier bis Alta auf der Strasse, der beruechtigten E6 ist, sind wir uns einig, von Alta aus laufen wir zum Nordkap, aber nicht die kompletten 600 Kilometer von hier aus. Nicht aus falschem Ehrgeiz und nicht nur um sagen zu koennen, wir sind konsequent jeden Meter gelaufen, sei er auch noch so „oede“. Nicht falsch verstehen, bis hierhin sind wir wirklich jeden Meter, bis auf die kurze Bootspassage ueber den Namsvatnet, gelaufen. Wir haben die Seilbahn auf die Hardangervidda ausgelassen und haben auch immer unseren Rucksack komplett selbst getragen. Zu trampen oder uns mitnehmen zu lassen kam nie in Frage, niemals. Aber nun so weit auf der Hauptstrasse zu laufen erscheint uns beiden sinnlos, das entspricht nicht dem, was wir wollen oder uns erwarten. Klar, wir sind schon einige hundert Kilometer Strasse gelaufen auf dieser Tour, immer in Abschnitten, aber 600 Kilometer am Stueck? Nein, wir sind uns einig, nicht aus einem Impuls heraus, nein, aus rationaler Ueberlegung. Dass der Winter irgendwann kommt, war uns voellig klar. Und wir wollten dies auch bewusst so erleben, den einsetzenden Winter sehen, alle Jahreszeiten mitnehemen. Und der Oktober ist eigentlich auch noch ein guter Monat fuer Touren im Fjell, eine meiner schoensten Touren ueberhaupt habe ich Mitte Oktober in der Hardangervidda unternommen. Auch die Wetteraufzeichnungen bei Senorge stuetzen unseren Plan, seit 15 Jahren war der Winter noch nie so frueh und vehement am Start – wir haben einfach Pech und in diesem Jahr die Arschkarte gezogen. Aber sollen wir deshalb gross Truebsal blasen und uns Vorwuerfe machen? Klares NEIN! Unser Plan schien bis zuletzt optimal aufzugehen, wir lagen voll in der Zeitplanung. Aber das Wetter ist nun mal nicht planbar, niemals. Und den Blick auf die Fjellvettreglene (Regel-Richtlinien für Touren, erstellt vom DNT) und die entsprechenden Konsequenzen daraus sollte jeder immer im Kopf praesent haben, der im Norden auf Tour geht. Punkt.

Wir treffen also voellig fertig gegen 16 Uhr im Laden ein, sind etwas kopflos ob der wenigen Optionen, die wir nun haben. Ein junges Maedel an der Kasse meint noch, dass um 17 Uhr ein Bus in Richtung Tromsø fahren wuerde. Der Laden schliesst auch um 17 Uhr und hier im kleinen Ort gibt es auch keine Uebernachtungsmoeglichkeit, in der man einmal zur Ruhe kommen und weiter planen koennte. Es ist die Zeit fuer Entscheidungen und nicht fuer Zoegereien. Wir quatschen ein paar Leute an, die bereit sind, uns die 5 Kilometer zur Bushaltestelle zu fahren. Um 16:45 Uhr sitzen wir im Auto zum Bus und um 17 Uhr auch schon im Bus nach Tromsø. Ein Hotel ist auch schnell online gebucht und am naechsten Tag gibt es die Moeglichkeit weiter nach Alta zu fahren. Gesagt getan, manchmal muessen Entscheidungen getroffen werden, da bleibt keine Zeit zum Hadern oder gross ueberlegen, da stehen wir beide voll dahinter.

Und so sitzen wir am Abend in einem Hotel in Tromsø, kommen jetzt erst langsam runter und zur Ruhe. Der Rest ist schnell erzaehlt, der Plan steht. Wir nehmen den Bus nach Alta am naechsten Tag, legen dort bis Montag eine Pause ein und laufen dann den Rest zum Nordkap. In Tromsø machen wir noch einige Besorgungen, kaufen neue Schuhe für Anni, regeln all das, was umgeplant werden muss und spaet am Abend treffen wir dann nach 6 Stunden Busfahrt in Alta ein.

Der Samstag beginnt mit einer Ueberraschung, wir treffen uns mit Thomas und seiner Frau sowie Tobi zum Fruehstueck im Hotel. Thomas und Tobi haben vor kurzem jeweils ihre Norge på langs Wanderung am Nordkap beendet und sind beide zufaellig noch in Alta. So quatschen wir lange bei reichlich Kaffee und viel Essen ueber unsere Erlebnisse. Alleine dafuer hat sich unsere Entscheidung eigentlich schon gelohnt.

Nun aber heisst es, nach vorne zu gucken und ab morgen wieder loszulegen. Wir laufen weiter, keine Frage, ist doch klar!

Der Abschied von Umbukta fällt schwer, zu hyggelig war der Ruhetag hier! Beim Frühstück treffen wir noch einen anderen deutschen Wanderer, und wie der Zufall es so will, stammt er aus dem gleichen kleinen schwäbischen Örtchen, in dem wir die letzte Zeit vor der Tour gewohnt haben. Wir kommen aus dem Lachen fast nicht mehr heraus, als wir uns über lieb gewonnene Supermärkte und Orte in der alten Wahlheimat unterhalten. Und auch der Abschied von Åste und Bison fällt schwer, sie werden hier heute einen Ruhetag einlegen, während wir zur nahen Sauvasshytta aufbrechen.

Das Wetter ist klasse und die ersten Vorboten des herannahenden Herbstes zaubern uns ein Lächeln ins Gesicht, denn nun bricht hier oben die schönste Jahreszeit im Jahr an: Der Herbst kommt mit seiner kristallklaren Morgenluft, mit bunten Fjellfarben und hoffentlich schon bald auch tanzenden Nordlichtern am Abend!

Die Hütte erreichen wir zügig, obwohl wir uns unterwegs echt Zeit gelassen haben, die Umgebung lädt einfach ein zum gucken und innehalten.

Hygge & Hyttekos

Die Hütte liegt einfach perfekt und ist wunderbar gemütlich. Bald schon prasselt ein Feuer im Ofen und wir genießen den Blick aus dem Fenster über den See hinüber zum Okstindan.

Als die Sonne langsam untergeht, bietet sie uns auf den umliegenden Bergen ein grandioses Farbspektakel, besser geht es kaum!

Der Weg zur Kvitsteindalstunet-Hütte zeigt dann mal wieder, dass auch kürzere Etappen durchaus ihre Schwierigkeiten bereit halten können, denn es gibt reichlich Sumpf und Matsch unter den Wanderstiefeln.

Aber die Etappe bietet auch wieder wunderbare Ausblicke und am Ende eine Hütte, nun ja, Hütte ist vielleicht das falsche Wort. Erst im letzten Jahr neu errichtet, beziehen wir ein kleines Häuschen, bei dem es an nichts fehlt! Die Panorama-Fenster im Wohnzimmer bieten einen herrlichen Ausblick auf den nahen Fluss und die herbstlichen Birken. Es gibt eine gemütliche Couch und eine Küche, wie man sie sich zu Hause wünschen würde. Ein Haus in der Wildnis also, in das wir direkt einziehen würden! Dementsprechend entspannt lassen wir den Tag hier ausklingen, es ist fast wie im Urlaub!

Zur Virvasshytta ist der Tag dann schon länger, sogar eine Rasthütte für den Notfall oder eine längere Pause gibt es hier.

Das Kvepsendal erweist sich dabei als herrliche, dramatische Wanderumgebung und die rötliche Färbung der Blaubeerblätter bietet dabei einen guten Kontrast zum Grau der umliegenden Berggipfel.

Die anschließende Querung des weiten Stabburbekkens mit seinen zwei Furten ist dann überhaupt kein Problem, im Gegenteil, die Weite und die Ausblicke lassen uns immer wieder kurz innehalten und verweilen.

Nach einer längeren Pause beginnt dann der Endspurt zur Hütte, es geht noch einmal gut bergan bevor wir die große Virvasshytta erreichen.

Niemand ist da und so machen wir uns daran, die Hütte mit etwas Kaminwärme zu füllen. Leider hat Anni sich eine fette Erkältung eingefangen und muckelt sich erstmal in ihrer dicken Daunenjacke und den Schlafsack aufs riesige Sofa, als noch zwei Arbeiter vorbei kommen, die hier in der Nähe für einen Energiekonzern einige Messinstrumente erneuert haben und sich kurz aufwärmen wollen. Wir unterhalten uns länger auf Norwegisch, was erstaunlicherweise schon ziemlich gut klappt, wir machen also Fortschritte!

Kurz darauf ist es dann richtig warm im der Hütte und wir essen und essen erstmal richtig, bevor wir dann zeitig zu Bett gehen.

Den Polarkreis vor Augen

Heute stehen dann fast 25 lange Kilometer zur Bolna-Hütte an – und Annis Erkältung entwickelt sich eher mittelprächtig, es geht ihr nicht besonders. Das sind die Momente einer Fernwanderung, bei denen man lieber einfach im Bett bleiben möchte …

Nach dem Frühstück brechen wir dann auf in den Nieselregen und Anni beißt auf die Zähne, insbesondere die ersten Anstiege sind zäh und mit Erkältung umso zäher. Dazu das usselige Wetter, da machen selbst die Pausen keine Freude.

Wir passieren den markanten Auronasa-Berg, dem Symbol des Rana-Wandervereins, und blicken dann voraus auf das Saltfjellet und den Polarkreis, beides ist nur noch einen Wandertag von uns entfernt. Wir nutzen ein Wetterfenster ohne Regen für eine längere Pause und blicken gebannt hinüber zum Saltfjell, der Polarkreis liegt vor uns – unglaublich!

Wir steigen weiter hinab in Richtung des Tagesziels, das weiter im Tal direkt an der E6-Straße liegt. Zuerst aber müssen wir noch auf den Fahrweg gelangen, der von einer Dammanlage hinab ins Tal führt. Hier wird ein ganzer Fluss quasi abgezapft und verschwindet in einem großen Loch im Boden, um ihn für die Energiegewinnung zu nutzen. Wir passieren den Fluss direkt am Damm, für den eher unwahrscheinlichen Fall von zu viel Wasser und einer Überspülung des Damms, gibt es etwas weiter flussabwärts auch noch eine richtige Fußgängerbrücke, die aber eher einen kleinen Umweg bedeuten würde.

Dann folgen wir der Straße und gehen dann noch etwa 5 Kilometer übers Fjell zur Hütte. Dabei quält sich Anni ziemlich, die Erkältung mehr ihr echt zu schaffen, daran können auch die herrlichen Lichtstimmungen und Ausblicke ins Tal nichts ändern. Es bleibt dann nur noch, sich am Abend möglichst gut zu erholen, wir tun unser Bestes dafür.

Der Polarkreis! Schon direkt beim Aufstehen ist diese ganz besondere Vorfreude bei mir da, Anni hingegen würde wohl lieber im Bett bleiben um sich richtig auszukurieren.

Gemeinsam beschließen wir dann beim Frühstück heute die lange Etappe nach Krukki wenigstens zu probieren und mal zu gucken wie weit wir kommen. Gesagt, getan, kurz darauf geht es los ins Fjell. Die Sonne kommt durch, das Wetter ist auf unserer Seite.

Gegen Mittag erreichen wir dann den Polarkreis und freuen uns wie kleine Kinder über diesen Meilenstein!

Wir legen eine lange Pause ein, kochen Tee und finden zu unserer Freude zwei Packungen mit Keksen in der kleinen Rasthütte, die Janaa aus Kiel extra dort für uns deponiert hat. Vor der Tour hatten wir uns in Kiel getroffen und lange miteinander gequatscht. Dieser Ort hier ist für sie ein ganz besonderer, denn hier in der Nähe steckt zum Gedenken an ihren Mann ein Schwert im Boden, die ganze Geschichte dazu findet sich im Hüttenbuch der Rasthütte am Polarkreis. Auch am Schwert machen wir länger Pause und hängen unseren Gedanken nach, wie froh und dankbar wir sind, gemeinsam eine solche Tour machen zu können. Es ist so ein großes Geschenk, so eine Wanderung gemeinsam zu erleben, das wird uns gerade jetzt wieder sehr eindrücklich klar.

Der anschließende Abstieg ins Bjøllådalen ist fies steil, aber gut zu bewältigen. Die Ausblicke kurz vorher hinab ins Tal sind der Hammer, dieser Abschnitt ist vermutlich mit der schönste auf unserem bisherigen Weg.

Nun gilt es noch dem Tal für fast drei Stunden zu folgen. Es ist wunderschön hier, das warme Licht der Abendsonne und der lichte herbstliche Birkenwald sorgen für eine wunderbare Stimmung, der sumpfige Boden mitunter für lautes Fluchen.

Gegen 19 Uhr erreichen wir nach 25 Kilometern doch ziemlich fertig die kleine Krukki-Hütte, wieder einmal zeigt sich, das Kilometerangaben in Norwegen nur sehr bedingt etwas zur Schwere der Etappe aussagen. Aber hei, wir haben den Polarkreis überquert!

Der neue Tag begrüßt uns mit leichtem Frost, der die niedrigen Gräser im Schatten rund um die Hütte mit einer dünnen Eisschicht verziert hat. Nach dem langen Tag gestern kommen wir etwas schwer in die Gänge, Annis Erkältung klingt leider auch noch nicht ab. Umso bemerkenswerter ist dann, dass wir kurz darauf wieder losziehen, diesmal ist die Distanz bis zur Lønsstua sogar noch länger. Ich bin wahnsinnig stolz auf Anni!

Der Herbst kommt mit großen Schritten

Zuerst folgen wir bei herrlichem Herbstwetter weiter dem Tal zur Saltfjellstua und gehen dann weiter in Richtung Steindalen.

Das Wetter ist wirklich klasse und wir kommen gut voran, legen hoch über dem Søre Bjøllåvatnet eine längere Pause in der Sonne ein und genießen den Ausblick.

Dann geht es weiter ins Steindalen, und wer Steine mag, ist hier genau richtig, denn es gibt sie hier in allen möglichen Größen und Formen. Zum Glück ist das Wetter gut, ansonsten bleibt der Spaß hier ganz sicher ganz schnell auf der Strecke!

Als sich das Tal wieder öffnet und wir die schlimmsten Steinpassagen hinter uns haben, legen wir erneut eine Pause ein, stärken und für den Endspurt, der dann noch einmal fast drei Stunden dauert. Es zieht sich wie Gummi, ein stetes Auf und Ab bis hin zum Bahnhof Lønsdal kurz vor der Hütte gibt uns dann den Rest.

Neben der DNT-Hütte gibt es dann noch ein Hotel, in dem wir es uns bei einer kalten Cola auf dem Sofa gemütlich machen, alter Schwede, sind wir kaputt! Das Hotel bietet sogar Duschen an, auch wenn man nicht hier wohnt. Dieses Angebot nimmt Anni nur allzu gerne an. Ich gehe schon mal voraus zur Hütte, und atme quasi die Tüte Chips ein, die ich mir gerade auch noch in Hotel gekauft habe. Als Anni von der Dusche kommt, essen wir nur noch und fallen bald darauf todmüde ins Bett.

Auf in den Junkerdalen-Nationalpark

Die zwei eindrucksvollsten und schönsten Etappen bisher liegen hinter uns, als wir am nächsten Morgen im Hotel entspannt und ausgiebig frühstücken. Die nächsten Etappen werden etwas gemütlicher und kürzer, darauf freuen wir uns jetzt schon sehr. Zuerst geht es heute in Richtung des Junkerdalen-Nationalparks, das wir gegen Mittag erreichen.

Der Campingplatz dort befindet sich schon im Winterschlaf, wie lange schon, das vermögen wir nicht heraus zu finden. Wir wollen durch das enge Skaitidalen über einen alten Fahrweg weiter gehen. Der Weg wurde schon vor geraumer Zeit aufgegeben und ist nicht ganz ungefährlich zu begehen, Teile des Weges sind in den Fluss gestürzt, über weite Strecken ist der Weg ordentlich zugewuchert und eigentlich die ganze Zeit besteht große Steinschlagsgefahr.

Wir kommen aber gut durch und finden auch noch Zeit, uns an den reichlich vorhandenen Himbeeren gütlich zu tun. Als wir auf der Hütte Trygvebu ankommen, haben wir fast eine ganze Trinkflasche voll mit Him- und Blaubeeren fürs Frühstück gepflückt.

Frühstück mit Beeren

Auf der Hütte begrüßen wir auch wieder Åste und Bison, die kurz nach uns eintreffen und einen etwas anderen Weg über die Graddis Fjellstue gewählt haben.

Am nächsten Tag laufen wir dann weiter durchs Skaitidalen über die Hütte Argalad zur Balvasshytta, die erst in diesem August neu eröffnet worden ist. Das obere Skaitidalen ist dabei eine echte Perle, eine herbstliche Augenweide vom Allerfeinsten!

Um den Balvatnet laufen wir dann entspannt zur Coarvihytta, wo uns eine Schulklasse auf der Hütte erwartet, aber alles halb so wild, auch wenn die Jungs alle ein Messer am Gürtel tragen, können sich alle benehmen und wir werden sogar mit leckeren Tacos versorgt! Perfekt!

Über die Straße erreichen wir dann den alten Bergbauort Sulitjelma, wo ein Paket mit Essen und eines mit neuen wärmeren Schlafsäcken und einem stabileren Zelt für den Herbst von Helsport auf uns im Supermarkt warten. Und noch jemand wartet dort auf uns, nämlich Werner und seine Frau Uta, die hier gerade mit dem Wohnmobil unterwegs sind. Wir kennen uns von meiner ersten Tour 2013, als die beiden mich im Dovrefjell mitgenommen haben, weil ich mit meinem BVB-Aufnäher auf dem Rucksack an der Straße stand ? Wir sind seitdem immer wieder in Kontakt geblieben und heute hat es endlich mit einem Wiedersehen geklappt. Und Werner hat uns echt einen großartigen Gefallen getan, und unsere Einkäufe die 400 Höhenmeter hoch zur Ny-Sulitjelma gefahren, während wir mit unseren Rucksäcken hochgelaufen sind. Tusen takk für alles lieber Werner, auch für die kühlen Getränke im Kühlschrank und für die Ersatz-Mütze! Mega cool und einfach großartig, wir sehen uns demnächst zu Hause wieder!

Nun sitzen wir zusammen mit Jonas aus Dortmund hier auf der Hütte, schlagen uns die Bäuche voll und es macht Spaß, sich mal wieder auf die Ruhrpott-Art zu unterhalten, da sitzt jeder Spruch!

Und morgen verschwinden wir dann wieder im Fjell, erst Padjelanta und dann das Narvikfjell stehen auf dem Programm!

Der Abschied von Røyrvik und dem Limingen Gjestegård fällt etwas schwer, so wohl haben wir uns hier gefühlt. Das ganze Team hilft einem hier bei allen möglichen Dingen, jeder Gast und Norge på langs Wanderer kann sich so nur wohlfühlen. Ein ganz großes Dankeschön an Hilde und ihren schwedischen Koch Sören für die wunderbare Zeit, wir kommen ganz sicher wieder!

Nun aber steht mit dem Børgefjell ein ganz besonderer Abschnitt auf dem Programm, denn wieder heißt es sich weglos durchs Gelände zu bewegen. Mit Verpflegung für 10 Tage und neuen Schuhen brechen wir auf und bringen die 15 Kilometer auf der Straße zum Namsvatnet rasch hinter uns. Wir haben uns entschieden, das tägliche Boot über den großen See zu nehmen. Es gibt zwar auch Routen drumherum herum, allerdings sind die lang und bedeuten wohl 2 Tage extra. Die Bootsführerin begrüßt mich wie einen alten Bekannten als sich herausstellt, dass in den letzten 2 Jahren wohl signifikant mehr Leute aus Deutschland hier auftauchen und ich daran wohl mit meinem Buch nicht ganz unschuldig zu sein scheine. Schön zu hören, schon im Limigen Gjestegård bin ich vom Koch mit den Worten begrüßt worden „You are Simon? German guests are talking about you for weeks!“ und die Verwunderung über die plötzlich so zahlreich kommenden deutschen Wanderer wird uns noch weiter begleiten, einen der Gründe scheine ich zu kennen 😉

Das wilde Børgefjell ruft

Das kleine Boot legt ab, der Bug erhebt sich aus dem Wasser und mit 225 Pferdestärken im Rücken fliegen wir beinahe über den See hin zur Viermahytta, wo sich der Anleger befindet, von dem die meisten Wanderer aus ins Børgefjell starten. In der Viermahytta treffen wir dann auch Åste und Myra wieder, die schon etwas eher aufgebrochen waren.

Zusammen mit Åste und ihrem Hund Bison machen wir uns dann auf, es ist schon 15 Uhr, aber wir wollen noch ein gutes Stück das Tal hinaufgehen, die Fylkesgrenze von Trøndelag nach Nordland ist dabei unser Ziel.

Wir kommen mit dem weglosen Gelände gut zurecht, nur ganz am Ende zieht eine Regenfront das Tal hinauf und ergießt sich über uns. Nur 150 Meter von der Fylkesgrenze entfernt schlagen wir unsere Zelte auf. Es hat sich nun richtig eingemeimelt und man kann den kleinen Bächen dabei zusehen, wie sich der Wasserstand beinahe minütlich erhöht. Wir sind froh, als der Kocher im Zelt läuft und wir es uns im Schlafsack mit einem Heißgetränk gemütlich machen können.

Der Morgen beginnt ohne Regen, aber über den Tag ist fast 40 mm Niederschlag angekündigt. Der Bach neben den Zelten ist merklich gestiegen, mal sehen, wie dann die großen Fluss-Furten werden, die heute anstehen. Wir packen die Zelte halbwegs trocken ein und brechen auf. Die Orientierung ist kinderleicht und wir kommen gut voran.

Der Store Kjukkelvatnet weist uns den Weg, an seinem Nordufer bei einer Sami-Hütte legen wir eine Pause ein und stärken uns mit einer warmen Suppe. Dann weiter hinein ins Børgefjell, wir haben uns für eine direkte Durchquerung entschieden, so sind es 40 Kilometer immer nordwärts, man kann sich eigentlich nicht verlaufen.

Bald schon steht die erste große Furt bei, Storskavlbekken an, puh, das sieht ziemlich frisch aus.

Also raus aus den Stiefeln und rein in die Crocs. Das Wasser ist eiskalte und kommt direkt von den Gletschern oberhalb, kurz bleibt mir die Luft weg, dann aber geht es rein ins Vergnügen und ich schaue gebannt zu, wie Anni, Åste und Bison sicher über den Fluss kommen. Kaum sind die Füße wieder trocken und warm, steht auch die nächste große Furt durch den Simskardelva an. Diesmal ist das Wasser nicht so tief, dafür ist der Fluss breiter. Aber auch das schaffen wir gut und laufen weiter, am Ovre Båttjønna vorbei und bis zum nächsten großen Bach.

Noch Sommer oder schon Herbst?

Bald öffnet der Himmel seine Schleusen und es regnet so richtig. Wir finden eine gute Stelle für unsere beiden Zelte und verkriechen uns im Trockenen. Allerdings ist so langsam wirklich alles feucht, gut das wir alle unsere Sachen in wasserdichten Beuteln verpackt haben. Als es draußen auch noch anfängt zu stürmen, liegen wir längst in unseren gemütlichen Schlafsäcken und träumen von trockenerem Wetter.

Der nächste Morgen begrüßt uns dann auch tatsächlich ohne Regen, nur Åste ist ziemlich gerädert, der nächtliche Sturm hat ihr komplett den Schlaf geraubt, wir dagegen haben eigentlich ziemlich gut geschlafen. So ein Zelt ist einfach stabiler als man denkt, auf das dünne Syl-Nylon Material kann man sich da schon verlassen.

Nur die viel gepriesene Tierwelt des Børgefjell haben Regen und Sturm wohl ebenso verschreckt, bis auf die Rentiere, die sich nicht verkriechen können, ist niemand zu sehen, und die Lemminge haben sich wohl alle in die Fluten gestürzt, schon lange haben wir keine mehr gesehen. Aber wenn es aus Kübeln schüttet, sind meine Gedanken auch weniger bei der possierlichen Tierwelt als in einer gemütlichen Hütte mit einem heißen Kaffee und einem bollernden Ofen.

Der letzte Tag im Børgefjell ist schnell erzählt, nach ein paar Kilometern finden wir die angepeilte ATV-Fahrspur, der wir relativ problemlos bis hinab ins Susendal folgen, wo wir um kurz nach 14 Uhr auf die Straße treffen. Somit hätten wir das Børgefjell ohne größere Probleme hinter uns gebracht, wir machen einen Haken dran und laufen nach Furuheim, wo wir schon im voraus eine Unterkunft gebucht haben.

Die Norge på langs – Herzkammer

Dieses stellt sich als riesiges Haus heraus, das wir sofort in beschlag nehmen und alles zum trocknen aufhängen.

Kurz darauf schlagen wir uns den Bauch mit Käse-Broten und Spiegeleiern voll, gegen Abend gibt es dann noch Pizza für uns, die Trine und Morten, die Besitzer von Furuheim Gård, für uns eingekauft haben. Auch diese Leute hier tun alles und helfen einem bei wirklich allem, was man braucht. Es ist schön, dass es solche Orte entlang der „NPL-Route“ gibt. Blickt man hier ins Gästebuch, liest man von vielen, vielen bekannten NPL-Gesichtern.

Über die Straße im Susendalen gelangen wir nach Harvasstua, es hat sich wieder richtig eingemeimelt, so dass wir den Tag am Danningen See beschließen, nachdem wir dort noch die Bootspassage mit der Seilkonstruktion hinter uns gebracht haben.

Der Tag nach Grannes ist echt fies, es regnet und stürmt beinahe den ganzen Tag, die Böhen schmeißen einen des öfteren fast zu Boden. In einer kleinen offenen Hütte machen wir kurz Pause und treffen dort per Zufall wieder auf Myra.

Der Abstieg nach Grannes hat über 500 Höhenmeter, die beinahe komplett ein einziger schlammiger Bach sind. Etwas entnervt beschließen wir den Tag auf dem Campingplatz in Grannes. Wir hatten schon viel von diesem Ort gehört. Mitten im Nirgendwo betreibt ein älterer Herr diesen Platz. Die letzte Renovierung liegt schon einige Jahrzehnte zurück, aber als wir eine größere Hütte mit Blick auf den See ergattern können und bald schon der Ofen bollert, ist es dann das Paradies auf Erden für uns hier.

Am nächsten Tag erreichen wir Tverelvnes, einem Gehöft nahe der Grenze zu Schweden und auch weit weg vom nächsten Ort. Aber dieser Platz ist besonders für alle Wanderer, die Norge på langs gehen.

Seit etwa 15 Jahren lädt die dort lebenden Familie Garsmark NPL-Wanderer zu Kaffee und Bollern (Brötchen) ein. Auch uns wird diese Einladung zu Teil, nachdem wir unsere Unterkunft bezogen haben sitzen wir lange im Wohnzimmer und unterhalten uns ganz wunderbar mit Elisabeth und Gundar über unsere Touren.

Auch Myra aus Holland ist dabei und auch Nici aus Deutschland, der den E1-Wanderweg von Norden aus gen Süden läuft, stößt später mit einem Kumpel der ihn derzeit begleitet dazu. Man hört das NPL-Herz hier im Wohnzimmer förmlich schlagen! Und auch die Garsmarks hatten sich schon etwas über diese Zunahme deutscher Wanderer gewundert.

Man gewöhnt sich an alles, sogar an den Regen

Das Wetter ist weiterhin ziemlich durchwachsen, Åste hat sich eine Erkältung eingefangen und bleibt noch einen Tag länger in Tverelvnes und Myra läuft heute nach Hattfelldal. So machen wir uns wieder alleine auf, und erleben heute eine großartige Fjelllandschaft, ganz so, wie sie uns am besten gefällt: Weit, rau und etwas herbstlich.

In einer alten Rentierwächter-Hütte legen wir eine kurze Pause ein, draußen gießt es mal wieder in Strömen, da kommt so ein Dach über dem Kopf gerade recht. Die Aussichten kurz darauf am Brundreinvatnet sind einfach fantastisch! Zwischen zwei Regenfronten schießen wir einige Photos und genießen einfach den Moment!

Der Abstieg zum Krutvatnet ist dann wieder von Regen und Sumpf geprägt, so dass wir echt froh sind, als der Ofen in der frei zugänglichen und kostenlosen Krutvasshytta hyggelige Wärme in der einfachen Unterkunft verbreitet.

Am Famvatnet finden wir dann bei Randi und Åke in Valen Unterschlupf, erneut trocknen wir wieder all unsere Sache, eine gewisse Routine darin ist nun nicht mehr zu leugnen. Und wer hier alles im Gästebuch steht, echt cool! Sogar Odd Vinje war hier, der mittlerweile die inoffizielle NPL-Liste im Internet führt.

Der Okstindan – das Tor zum Norden

Vom Famvatnet geht es dann zum Rossvatnet, dem zweitgrößten See in Norwegen. Langsam rückt das gewaltige Okstindan-Gebirgsmassiv in unseren Fokus, wenn es sich aber mit seinen bis zu 1900 Metern Höhe ordentlich in Regenwolken hüllt.

Immer wieder erhaschen wir Ausblicke darauf, nur um kurz darauf rein gar nichts mehr zu sehen. Der Weg ist zwischendurch ein einziger Sumpf, dann ein Dschungel. Aber Anni hat unfassbares Glück, als ihr ein schlohweißes Rentier über deswegen läuft.

Der Tag war heute nicht lang, aber anstrengend und so sind wir unedlich froh, als wir in Stekvasselv bei Kari und Håkon ankommen und das gemütliche Haus beziehen. Eigentlich jeder, der NPL läuft kehrt hier ein. Und auch hier wird einem eine Hilfe und Wertschätzung zu Teil, für die man als Wanderer einfach nur dankbar ist! Das Gästebuch überschlägt sich fast vor Dankbarkeit, und das können wir nur bestätigen!

Der Endspurt nach Umbukta steht nun an, leider hüllt sich der Okstindan weiter in Regenwolken und für den Weg wären nun eigentlich Wathose und Gummistiefel die erste Wahl.

Aber hei, auch mit normaler Regenkleidung und Wanderstiefeln ist es kein Problem die Gressvasshytte zu erreichen.

Die Hütte ist groß und von der Tür aus kann man den Gletscherabbruch des Okstinbreen sehen. Gegen Abend kommen noch zwei Frauen auf „Husmorstur“ vorbei. Sie freuen sich, dass wir die Hütte bereits aufgewärmt haben und revanchieren sich dafür mit einem Glas Rotwein für uns, perfekt!

Der Endspurt nach umbukta hat noch einmal alles zu bieten, was man sich in Norwegen nur vorstellen kann.

Der Weg ist lang, man hat einen Ausblick auf den Gletscher, läuft durch ein wunderbares Hochtal nur um dann auf den letzten Kilometern noch reichlich Höhenmeter und Sumpf zu sammeln. Da hat man sich dann den Hamburger, den Besuch beim Matbussen-Supermarkt an der schwedischen Grenze und den Ruhetag auch wirklich verdient!

In Kooperation mit Visit Norway